Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Als sich herausstellt, dass die für das Amt der bayrischen Ministerpräsidentin kandidierende Starnberger Landrätin Pia Blum vor vielen Jahren im Rotlichtmilieu tätig war, sorgt dies in München natürlich für Aufsehen. Der Lokalreporter Frank Litzka wittert eine tolle Story, erhält jedoch von seiner Chefin zu seinem Erstaunen einen Maulkorb. Diese hat erst zu Beginn des Romans ihren Posten erhalten, weil Chefredakteur Lohmann unter etwas mysteriösen Umständen tödlich verunglückt ist.
Auch Litzkas Freund, Hauptkommissar Jürgen Sonne, erhält Arbeit. Ministerialdirigent Kirchgessner, die rechte Hand des CSU-Kandidaten für die Landtagswahl, wird tot aufgefunden. Bald gibt es Indizien dafür, dass Kirchgessner, eine Art Graue Eminenz, der offensichtlich Dossiers über Flecken auf den Westen von politischen Gegnern und missliebigen Kollegen geführt hat, ermordet wurde. Eines der Dossiers handelt von Pia Blum. Und auch unabhängig davon führen Spuren des Falls ins Rotlichtmilieu.
Reporter Frank Litzka wird neugierig und recherchiert auch ohne Erlaubnis seiner Chefin, zumeist gemeinsam oder in Absprache mit Jürgen Sonne. Doch offensichtlich hat er sich auf ein Spiel eingelassen, dessen Dimensionen sich kaum noch überschauen lassen. Nicht nur, dass Kirchgessner auch über ihn ein Dossier angelegt hat: Nachdem er eine Verbindung zwischen Pia Blums Rotlichtvergangenheit und einem scheinbar seriösen Immobilienmakler hergestellt hat, wird seine schwangere Freundin entführt.
Die Parallelen zwischen Pia Blum und der CSU-Politikerin Gabriele Pauli sind recht offensichtlich, aber natürlich taugen die reinen Tatsachen nicht zu einem Krimi, weshalb der Autor eine interessante und packende Story rund um die fiktive Pia Blum gewoben hat, deren Name vielleicht auf "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" anspielt, zumal auch Pia Blums Vorgeschichte von einer großen Boulevardzeitung ausgeschlachtet wird. Nicht aber von der Zeitung, bei der Frank Litzka arbeitet, denn die designierte Chefredakteurin unterbindet dies, wie bereits erwähnt, sehr zur Überraschung ihrer Mitarbeiter.
Die Gründe hierzu stellen nur einen Zugang zu einem scheinbar unübersichtlichen Labyrinth dar, dem sich verschiedene Akteure innerhalb des Romans aus mehreren Richtungen annähern. Anders ausgedrückt, es gibt eine Vielzahl von einander ablösenden Handlungssträngen, die sich mehr und mehr ineinander verweben, gelegentlich auch wieder trennen, und eine vor allem eingangs nicht ganz überschaubare Fülle an Charakteren, denn jeder der Protagonisten lebt mehr oder weniger in einer Beziehung, die ebenfalls Teil des Romans wird. Dies ist dann auch der einzige Kritikpunkt für das Werk: Es dauert relativ lange, bis man sich im Gewirr der auf- und abtretenden Personen zurechtfindet, und ähnlich schwierig gestaltet sich das Nachvollziehen der raschen Szenen- und Perspektivwechsel. Nicht immer leistet dieses Vorgehen einen positiven Beitrag zur Spannungsentwicklung.
Insgesamt ist der Krimi jedoch ausgesprochen gut und schlüssig konzipiert, alle "Rätsel" lösen sich auf und sind logisch nachvollziehbar, die Story entwickelt sich rasch voran und erhält immer wieder packende Neuimpulse.
Die Charaktere wirken authentisch und sind, sofern das ins Konzept passt, sympathisch trotz diverser Ecken und Kanten - oder ausgesprochen unsympathisch. Auch etwas Sozialkritik fehlt nicht.
Es macht Spaß, diesen Krimi zu lesen, auch wenn man nicht aus Bayern kommt; und wenn man erst einmal den roten Faden entdeckt und die Charaktere auseinandersortiert hat, fällt es schwer, das Buch vor der Lektüre der letzten Seite aus der Hand zu legen.