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Marie Kröger muss in jungen Jahren ihren Traum von einer Karriere als Tänzerin aufgeben, als ihr älterer Bruder bei einer Schifffahrt nach Russland ums Leben kommt. Der Vater, der seit dem Tod seines ersten Sohnes krank ist, bestimmt nun, wo auch der zweite Sohn tot ist, dass Marie die Marzipanmanufaktur übernehmen solle. Als letztes Kind der Familie Kröger ist es ihre Pflicht, so sagt er. Weder die Mutter noch Achim Oeverbeck, der Assistent ihres Bruders, der selbst auf den Posten des Geschäftsführers hoffte, sind begeistert, aber das Familienoberhaupt hat gesprochen.
Langsam findet Marie sich in ihre neue Rolle ein und wird immer geschäftstüchtiger. Sie hütet das Familienrezept für das berühmte Marzipan wie ihren Augapfel und strengt geschäftliche Beziehungen in viele Länder Europas an. Sogar der Kaiser will ihr Marzipan kosten.
Auf ihrer ersten Geschäftsreise nach Russland lernt Marie Thomas Hansen kennen, einen abenteuerlustigen und bindungsscheuen Mann, und verliebt sich in ihn. Die beiden führen eine ziemlich unkonventionelle Beziehung, die manchem ein Dorn im Auge ist.
Viele Probleme muss Marie überstehen, viele Intrigen werden gegen sie gesponnen, vor allem, da ihr soziales Engagement für die Ärmsten Lübecks und ihre Vorherrschaft auf dem Süßigkeitenmarkt manchem Mann nicht gefällt.
Lena Johannson zeichnet das Bild einer fortschrittlichen Frau. Ende des 19. Jahrhunderts übernimmt Marie die Manufaktur ihres Vaters und führt sie sogar wieder in den Erfolg. Und das zu einer Zeit, als noch nicht einmal das Frauenwahlrecht in Deutschland existierte. Sie findet durch ihre selbstbewusste Art viele Bewunderer, aber auch viele Neider, die einer Frau diesen beruflichen Erfolg nicht gönnen wollen. Immer wieder muss sie das Rezept und ihre Entscheidungsfreiheit gegen andere verteidigen.
Der Leser begleitet diese außergewöhnliche Frau fast ihr gesamtes Leben, geht mit ihr durch alle Höhen und Tiefen, die diese langen Jahre für sie bieten. Dabei ist auch die geschichtliche Entwicklung der Stadt Lübeck immer ein Thema, für Fans dieser Stadt ist der Roman also doppelt lesenswert.
Die Autorin bringt somit eine Vielfalt an Themen in ihren Roman ein: die Selbstbestimmung der Frau, eine Liebesgeschichte, Intrigen, die an einen Krimi erinnern, die Entwicklung einer Stadt - auch die Kundgebung des 1. Mai, bei der die Arbeiter für gerechtere Behandlung protestierten, fehlt nicht. So ist "Das Marzipanmädchen" nicht nur ein gelungener Roman über eine Frau, die gegen alle Widerstände ihren Weg geht, sondern auch über die Stadt Lübeck und ihre eigene Entwicklung im späten 19. Jahrhundert bis in den Anfang des 20. Jahrhunderts hinein.