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 De Profundis


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Leitbarkeit
Preis - Leistungs - Verhältnis


De Profundis bezeichnet ein Briefrollenspiel.
Nun werden erfahrene Rollenspieler sagen "Ah, so ein "Play-by-Mail"?" und jene, die keine Rollenspiele kennen, werden sich noch weniger darunter vorstellen können.

Es geht darum, mit jemand anderem oder sogar mehreren anderen in eine nicht reale Situation zu schlüpfen. Man kann sich selbst darstellen oder jemand anderen, einen so genannten Charakter, wie etwa einen Biologen, obwohl man selbst Kaufmann ist oder ähnlich.
Dieses Spiel lehnt sich an die Geschichten von H.P. Lovecraft an, zu dem es ja auch ein eigenes Rollenspiel gibt (Cthulhu), das mit diesem hier außer dem Hintergrund allerdings wenig zu tun hat.
Nun sollen keine reinen Alltagssituationen ausgetauscht werden, sondern unheimliche Erlebnisse, konspiratives Erleben, Vermutungen über Dinge und Wesen, die dem normalen Menschenverstand trotzen. Es ist gerade deshalb hilfreich, mit den Geschichten von Lovecraft vertraut zu sein, aber nicht zwingend erforderlich, denn das Regelwerk liefert hierzu eine Menge Ideen.
Als Spielzeit wird entweder die Gegenwart empfohlen oder aber die zwanziger Jahre, jedoch wäre auch jede andere Zeit denkbar.
Neben den Briefen, die unbedingt handschriftlich abgefasst werden sollten, kann man dem Spiel auch mehr Tiefe verleihen, indem man den Briefen gebastelte Tagebücher oder andere Requisiten beilegt. Auch zu solchen Möglichkeiten, ebenso wie zum möglichen Einbringen weiterer Mitspieler, dem sinnvollen Ausscheiden von Charakteren aus dem Spiel oder der Frequenz der Briefe werden dem Leser zahlreiche Hilfen an die Hand gegeben.

Das achtzig Seiten umfassende Regelwerk im DIN A 5-Format ist passend zum Spiel und sehr schön gestaltet. Alle Informationen sind in Briefform verfasst und ebenso layoutet worden. Dies ermöglicht vor allem den eben schon angesprochenen Neulingen im Rollenspielbereich und denen, die Lovecraft nicht kennen, sich in das Spiel einzufühlen und es sinnvoll umsetzen zu können.
Da es keine Charakterbögen, Würfel oder ähnliches gibt, sondern dieses Spiel rein über die Vorstellungskraft verfügt, bei der jeder Spieler zugleich auch ein Spielleiter ist, gibt es auch kein Inhaltsverzeichnis oder eine konkrete Aufstellung von Regeln zum Spiel. Dies erscheint zwar auch nicht zwingend, und hat man das Buch gelesen, ist das Spielkonzept eigentlich auch schon verinnerlicht, aber gerade für die Mitspieler, die das Buch eben nicht kennen, wäre eine solche Liste sehr wünschenswert gewesen. Durch das Fehlen einer solchen müssen also eigentlich entweder alle Mitspieler das Buch selbst besitzen oder zumindest die Möglichkeit haben, es einmal zu lesen.

Die Idee des Ganzen ist, obwohl sie sich auf bereits bekannte Geschichten und in gewissem Sinne auch auf das Cthulhu-Rollenspiel bezieht, durchaus innovativ. Gerade in einer Zeit, in der elektronische Post längst den Sieg davon getragen hat, ist es schön, einmal wieder mit Tinte einen handschriftlichen Brief zu verfassen. Durch die Ideen, Gebasteltes, Kopiertes und anderes in das Spiel einfließen zu lassen, wird die Kreativität angespornt, nicht viel weniger durch diese neue Form, Geschichten gemeinsam zu erzählen.

Was mir persönlich sehr negativ aufgefallen ist, ist die wiederholte Formulierung, man solle möglichst ganz im Spiel aufgehen, um es wirklich als packend und atmosphärisch zu erleben. Gerade im Hinblick darauf, dass dieses Spiel im Hier und Jetzt gespielt werden und sogar die eigene Person den Charakter bilden kann, halte ich die Distanz zum Spiel für nicht definitiv gesichert. Natürlich kann man dem durch andere Charaktere und andere Spielorte vorbeugen, der Abstand zwischen den einzelnen Briefen dürfte ebenfalls in dieser Hinsicht lindernd wirken, aber der großzügige Umgang mit Begriffen wie Psychodrama und die Forderung nach Intensität sind nicht ungefährlich, denn auch zuviel Phantasie kann schnell ungesund werden. Immerhin befindet sich auf der Buchrückseite auch ein entsprechender Vermerk, der im Anschluss an diese Rezension wieder gegeben ist.

Insgesamt also eine innovative Spielidee, die auf bereits existentem Hintergrund aufbaut und nicht zuletzt wegen des liebevollen und atmosphärischen Layouts den Preis des Heftes mehr als rechtfertigt.
Durch eine fehlende Übersicht und die vorbeschriebenen möglichen Probleme allerdings zu meinem eigenen Bedauern kein Spiel, das ich uneingeschränkt empfehlen könnte.


Ein Erzählspiel für geistig stabile Erwachsene.

Nicht für Jugendliche unter 16 Jahren geeignet!

Tanja Elskamp



Taschenbuch | Erschienen: 01. Januar 2003 | FSK: 16 | ISBN: 3932932048 | Preis: 7,50 Euro | 80 Seiten | Sprache: Deutsch

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