Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Bildqualität | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Den Geschmack von Heimat verspricht dieses Kochbuch aus dem AV Verlag. Und den bekommt man auch - jedenfalls wenn man aus Österreich kommt. Denn dann kennt man mit Sicherheit einige der Gerichte und kann jetzt "futtern wie bei Muttern". Die anderen können sich auf den Geschmack von Urlaub, von Bergen und Wiesen, gemütlichen Landgasthöfen und gediegenen Wiener Restaurants freuen. Aber Österreicher oder nicht, das Kochbuch ist in jedem Fall eine lohnende Anschaffung. Es enthält so einige Schmankerl und die Rezepte haben gute Chancen, dass sie noch weitere Generationen überdauern werden.
Ganze zweihundertzwanzig Seiten umfasst das gebundene Hardcoverbuch, welches mit einem Vorwort und einer kurzen Einführung von Prof. Michael Reinartz beginnt. Michael Reinartz ist Präsident des Kuratoriums "Kulinarisches Erbe Österreich". Dieses Kuratorium hat es sich zur Aufgabe gemacht, das kulinarische Erbe Österreichs zu erhalten und weiterzuentwickeln. So findet man dann auch am Ende des Buches eine Auflistung der Bauernmärkte Österreichs, komplett mit Anschrift, Telefonnummer und den Zeiten.
Dem Aufruf des Kuratoriums sind eintausendfünfhundert Privathaushalte gefolgt, die ihre traditionellsten Rezepte zusandten. Davon wurden die interessantesten ausgewählt und in dieses Kochbuch aufgenommen, das 2008 im AV Verlag erschien.
Die Rezepte sind wie folgt zusammen gefasst:
- Vorspeisen und Jausen
- Suppen
- Hauptspeise Fisch
- Hauptspeisen Fleisch, Geflügel & Innereien
- Hauptspeisen Fleischlos
- Desserts & Mehlspeisen
[justify]Ein Glossar und ein alphabetisches Rezeptregister bilden den Abschluss und dann gibt es noch Informationen zum Kuratorium "Kulinarisches Erbe Österreich" (
www.kulinarisches-erbe.at) selbst.
Hier sind sie also endlich, die Geheimrezepte, die nur an gute Freunde oder innerhalb der Familie weitergegeben werden und mit denen man auf Festen glänzen kann. Es sind die Rezepte, die von der Urgroßmutter an die Großmutter, von der Großmutter an die Mutter weitergegeben wurden, und die man heute selber gerne kocht. "Meine Mutter kocht am besten", behauptet sogar ein Großteil aller Männer. Auch wenn man mal im Bekanntenkreis nachfragt, zeigt sich, nicht nur internationale Küche ist gefragt, ab und zu muss es eben die bewährte Hausmannskost sein. Und die kommt nicht nur deftig daher, sondern auch sehr fein, ausgewogen und raffiniert.
Die Rezeptsammlung spiegelt sehr gut die Vielfalt und den Reichtum der gegenwärtigen österreichischen Kochkunst wider und ist eine Bestandsaufnahme der traditionellen Kochkultur. Das Kochbuch enthält sowohl Alltagsgerichte, wie Krautwickel, als auch klassische Rezepte, beispielsweise Waldviertler Fleischknödel, und Spezialitäten, wie etwa Scheiterhaufen. Unter den Vorspeisen finden sich feine Sülzen und raffinierte Aufstriche aus Leber, Hülsenfrüchten oder auch Käse - dazu gibt es selbstgebackenes Brot oder Krapfen. Auch die Suppen spiegeln ein weites Spektrum wider - so kann man etwa zwischen Räucherfischsuppe oder deftiger Tiroler Gerstensuppe wählen. Zu den Hauptgerichten gehören festliche Braten, Aufläufe und köstliche Ragouts, aber auch gefüllte Gemüse. Ein Highlight sind natürlich die Desserts: Torten, Tartes, Krapfen, Nockerln und Bauernkuchen können nachgebacken werden. Österreich ist ja vor allem auch für seine Mehlspeisen berühmt.
Nicht-Österreicher werden das Glossar zu schätzen wissen, denn Kletzen (Dörrbirnen) und Germ (Hefe) sind dann ja doch nicht so geläufige Begriffe, während man anderes leicht aus dem Zusammenhang ableiten kann - bei einem "Büscherl" Petersilie weiß man gleich, was gemeint ist. Es geht also so richtig zünftig österreichisch zu. Unterstrichen wird dies auch durch die stimmungsvollen Fotos, welche die Gerichte auf schönem Steingutgeschirr auf Marmor oder Holztischen zeigen. Der Schwierigkeitsgrad ist bei jedem Gericht angegeben und reicht von leicht bis mittel - auf die Kalorienangabe hat man wohlweislich verzichtet.
Entstanden ist ein außergewöhnliches Kochbuch, das nicht nur durch seine Rezepte überzeugt, sondern auch durch seine besondere nostalgische Gestaltung. Es hat die Anmutung eines echten alten Kochbuches und erinnert an ein Faksimile, eine originalgetreue Kopie alter Schriften und an die Kochbücher von Henriette Davidis und Co. Aber um originalgetreue alte Rezepte handelt es sich ja schließlich auch. Jedes Rezept ist anders gestaltet, mal in einer Schreibmaschinenschriftoptik, mal erinnert es an eine Kopie aus einem Kochbuch der fünfziger oder dreißiger Jahre oder an eine Textnotiz. Die Texte sind individuell und liebevoll illustriert mit kleinen altertümlichen Fotos, Bildchen und Etiketten. Selbst das Papier vermittelt einen vergilbten Eindruck von Alter und man hat auch nicht darauf verzichtet, Altersflecken und Knicke mit abzudrucken. Unter jedem Rezept findet sich die Unterschrift des Einsenders und jedes der Gerichte ist auf einer ganzseitigen Fotografie abgebildet.
"Der Geschmack von Heimat" ist noch mal ein echtes Highlight in der Flut der Kochbuchveröffentlichungen zu allem und jedem Thema und auch der Preis ist sehr moderat für das, was geboten wird.