"Die Tigerfrau" ist ein französischer Roman des aus der Normandie stammenden Journalisten Christophe Ono-dit-Biot und wurde 2008 zum ersten Mal ins Deutsche übertragen. Der 432-seitige Roman erschien beim Blessing Verlag.

Den Asienurlaub mit seiner Freundin Hélène hat César sich ganz anders vorgestellt. Wollte der französische Redakteur neue Länder kennenlernen und sich vom Stress - ganz abgesehen von seinem verhassten Kollegen Jean-Étienne Blanchart - erholen, steht er plötzlich vor den Scherben seines Lebens. Hélène verlässt ihn, und ihm wird klar, wie wenig er bisher in seinem Leben erreicht hat.
Um der drohenden Depression zu entgehen, entschließt sich César spontan, nach Birma zu reisen. Er will dort nicht nur sein Leben für sich neu ordnen, sondern hat den Plan gefasst, eine exklusive, anspruchsvolle Reportage zu machen. Ziel seiner Recherche: der berüchtigte Opiummagnat Khun Sa, um den sich allerlei Gerüchte ranken und der von der Junta, der Militärdiktatur des Landes, gesucht wird.
César, der sich zunächst bemüht, nicht als Tourist, sondern als seriöser Globetrotter betrachtet zu werden, lernt bei einem Anschlag, der angeblich von einer radikalen Minderheitengruppe ausgeführt wurde, die französische Ärztin Julie kennen. Sie lebt schon länger in Birma und vermittelt César die Kontakte, die er braucht, um seine Reportage voranzutreiben. Nach und nach taucht der Möchtegern-Journalist immer tiefer in die Seele Birmas ein, lernt die Schönheiten und Gefahren des Landes kennen - und macht die Bekanntschaft einer Frau, die noch wichtiger ist für den Widerstand gegen die Junta als Khun Sa …

Christophe Ono-dit-Biot, selbst Redakteur einer politischen Wochenzeitschrift, schickt seinen Ich-Erzähler César auf eine abenteuerliche Reise nach Myanmar, das früher Birma beziehungsweise Burma genannt wurde. Der Leser begleitet César durch exotische Städte und berauschende Landschaften, lernt mit ihm interessante Menschen kennen und muss an seiner Seite gefährliche Situationen meistern. Die dunkle Seite des Landes wird dabei genauso wenig verschwiegen wie seine Schönheit. Ono-dit-Biots Worte sind kraftvoll und lassen im Kopf des Lesers ein lebendiges, faszinierendes Birma entstehen. Häufig bildreich und mit Liebe zum Detail, ab und an puristisch und auf die notwendigste Information beschränkt, folgt die Sprache dem Inhalt. Nicht umsonst erhielt "Die Tigerfrau" 2007 den Prix Interallié, der ausschließlich an Romane von Journalisten vergeben wird.
Durch den Erzählstil ist der Leser stets dicht am Geschehen und kann mit César mitfühlen: seine Wut über den arroganten Blanchart, der glaubt, der beste Journalist Frankreichs zu sein; seine Gefühle Julie gegenüber, die ihn immer mehr fasziniert; seine Angst, als das Militär in einen kleinen Ort einmarschiert, den er auf seiner Reise besucht. Die Extreme wie Drogenhandel und Prostitution täuschen jedoch nicht darüber hinweg, dass sowohl Ono-dit-Biot wie auch sein Protagonist César mehr in diesem von der Junta unterdrückten Land erkennt und das den Leser direkt und unmittelbar berührt. So entsteht das schillernde, faszinierende und zugleich beängstigende Bild eines Landes, das irgendwo zwischen dem Gestern und dem Heute steckengeblieben ist und das nur darauf wartet, sich weiterzuentwickeln.
Lediglich im letzten Drittel des Romans nimmt sich Ono-dit-Biot etwas zurück, César entfernt sich vom Leser, teilt sich ihm nicht mehr mit wie zu Beginn des Romans, wodurch eine gewisse Distanz entsteht; nicht mehr jeder Schritt Césars lässt sich nachvollziehen, nicht mit jeder Handlung geht man konform. Und dennoch packt einen der Roman bis zur letzten Seite.

Authentisch, kraftvoll und spannend gestaltet sich "Die Tigerfrau" von Christophe Ono-dit-Biot. Das lebendige, aufregende und düstere Bild, das von Myanmar gezeichnet wird, lässt einen auch nach Beendigung des Buches nicht los. So sieht stimmungsvolle Lektüre aus.