Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Heavy-Metal und Literatur - wie mag das bloß zusammenpassen, mag sich so mancher fragen, wenn er dieses Buch sieht. Was soll das überhaupt sein, Heavy-Metal-Phantastik? Einfach gesagt, könnte man behaupten, es handelt sich hier um Geschichten, die von der krachigen Musik inspiriert sind oder in denen Musikstücke aus diesem Genre genannt werden. Das trifft zwar durchaus auf die Kurzgeschichten von Michael Tillmann zu, und doch hat "Ein Gänsekiel aus Schwermetall" noch viel mehr zu bieten. Die Erzählungen übermitteln genau das gleiche Lebensgefühl, das auch Heavy-Metal-Musik innewohnt. Das lässt sich zwar schwer in Worte fassen, ist aber einfach so. Die Geschichten sind frech und respektlos, dabei aber technisch einwandfrei umgesetzt. Sie sind teilweise voller Wut, haben aber auch ihre ruhigen Momente. Außerdem nehmen sie kein Blatt vor den Mund und alles ist hier garantiert genau so gemeint, wie es geschrieben wurde. Und all das lässt sich eben sowohl über die Geschichten, als auch über laute Heavy-Metal-Musik sagen. Deswegen ist das hier Heavy-Metal-Phantastik!
Dabei sind die einzelnen Episoden so unterschiedlich, wie sie es nur sein könnten. Wenn man die Geschichte des Samurais liest, der der Frage der Ehre nachgeht, bekommt man eine ruhige, geheimnisvolle Geschichte geboten, die zwar einige mystisch-gruselige Momente hat, ansonsten aber fast philosophisch daherkommt.
In anderen Geschichten stellt uns der Autor Menschen vor, die in der gleichen Welt leben wie wir, aber ganz eigene Probleme haben und sich ihnen stellen müssen - sei das Angst oder die Sehnsucht danach, das Richtige zu tun. Wieder eine andere Geschichte entführt einen in die rotzfreche Welt einiger Heavy-Metal-Musiker, bei denen das Thema Exorzismus mal völlig auf den Kopf gestellt wird. Schamlosigkeit und jede Menge deftiger Sprüche machen diese Kurzgeschichte aus. Alle Erzählungen haben eine gewisse phantastische Komponente, wobei die nicht unbedingt im Vordergrund stehen muss. Man sieht also, dass trotz des roten Fadens keine Geschichte der anderen gleicht.
Michael Tillman hat ein Talent dafür, seine Leser schnell in den Bann seiner Geschichten zu ziehen. Innerhalb von nur wenigen Zeilen wird man neugierig darauf, was geschehen mag. Auch wenn in einer Kurzgeschichte nur wenig Zeit bleibt, um einen Charakter darzustellen, hat man immer sehr schnell eine Idee davon, wie der Autor sich seine Figuren erdacht hat.
Unter dem Titel "Ein Gänsekiel aus Schwermetall" wird sich kaum jemand etwas vorstellen können. Auch wenn er durchaus passend ist, dürfte er dennoch nicht gerade die Neugier auf sich ziehen. Was schade ist, denn dieser kleine Band ist definitiv eine der gelungensten Kurzgeschichten-Veröffentlichungen des Jahres und verdient Beachtung. Und das nicht nur von Freunden der Heavy-Metal-Musik, sondern allen, die Spaß an einer wirklich gut gemachten Kurzgeschichte haben.