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 Flucht über den Himalaya

Tibets Kinder auf dem Weg ins Exil


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Anfang des Jahres 2000 machen sich zwei sehr unterschiedliche Gruppen auf den beschwerlichen Weg über den Himalaya. Von Tibet aus versuchen der Guide Nima, einige Erwachsene und sechs Kinder, Nepal und Indien zu erreichen. Von Nepal aus versucht die Schauspielerin, Autorin und Regisseurin Maria von Blumencron gemeinsam mit einem Kameramann und ihrem Freund, der für Lichttechnik zuständig ist, ebenfalls den Pass zu erreichen und einen Dokumentarfilm über die Flucht der Tibeter zu drehen.

In Lhasa beginnt für Dhondup, Little Pema, Chime, Dolkar, Tamding und Lakhpa und ihre erwachsenen Begleiter der lebensgefährliche Aufstieg in die Kälte des Himalayas. Ihr Guide ist Nima, der bisher noch keinen der ihm Anvertrauten zurücklassen musste. Diesmal aber erschwert eine sehr schmerzhafte Hodenentzündung Nimas den Aufstieg. Auch ist die Zahl der Kinder eigentlich zu hoch, um sicher mit ihnen durch Schmelzflüsse, Gletscher und Steinwüsten zu gelangen. Vor allem Little Pema, die an einem vor Monaten gebrochenen Bein laboriert, und die kleine Dolkar machen den Aufstieg zu einem der gewagtesten Unternehmen, die Nima je versucht hat. Wäre nicht der ehemalige Soldat Suja, der sich als treuer Gefährte und begnadeter Ermutiger der Kinder erweist, Nima würde niemals den Pass erreichen.
Auch Maria von Blumencron plagen auf der anderen Seite des Gebirges Zweifel. Wird ihr Equipment sicher auf die enorme Höhe gelangen, werden genügend Kinder über den sechstausend Meter hohen Pass kommen, um den gewünschten Dokumentarfilm drehen zu können? Wird ihr Freund, den sie erst seit einigen Wochen kennt und der noch nie im Gebirge gewesen ist, die enormen Strapazen überstehen? Wird das Wetter halten? Werden die Götter ihr gewogen sein? Werden die Grenzsoldaten sie übersehen? Wird die Flucht Tausender zu ihrem geheiligten Dalai Lama irgendwen in ihrer Heimat interessieren?

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Obere Reihe von links: Tsunther Gyal ("Suja"), Dolkar, Maria Blumencron, "Little Pema", Lobsang
Untere Reihe von links: Chime, Dhondup, Tamding, Lakhpa
Fotograf: Peter Greven
Copyright @ Zazie-Media GbR



Wie geht man einen Bericht an, der aufrütteln soll, dokumentarisch ist, die Menschen mitreißt und dennoch die Lage in Tibet so objektiv wie nur möglich darstellt? Maria von Blumencron, die sich Anfang 2000 in den Kopf gesetzt hatte, einen Film über die Flucht der Kinder Tibets über den Himalaya zu drehen, wählte den persönlichen, isoliert auf sehr wenige Menschen gerichteten Blick. Sie lässt aus der Rückschau das Schicksal von sechs Kindern und ihren Führern in kurzen Bildern sichtbar werden, macht den Leser, Zuschauer und Hörer mit diesen Menschen vertraut und führt sie dann in die lebensgefährliche Passage über den Himalaya. Gebrochen von ihren eigenen Erlebnissen auf der anderen Seite des Gebirges entsteht ein spannender, mitreißender, zu Tränen rührender Bericht über Einzelschicksale.

Der Autorin gelingt es durch den Fokus auf sehr wenige Kinder und dem enormen Leidensdruck, denen sie und ihre Familie im von China besetzten Tibet ausgesetzt sind, die Gesamtsituation zu erhellen. Die wenigen Schlaglichter machen deutlich, wie grausam diesem friedlichen Bergvolk mitgespielt wird, wie schrecklich die Folgen der chinesischen Politik für die Tibeter sind. Der Leser ist erschüttert über das Leid, über die Drangsal und die grausamen Schikanen, denen die Menschen ausgesetzt sind. Es wird deutlich, wie furchtbar die Situation in Tibet sein muss, damit Mütter sich entschließen, ihre sechs-, sieben-, achtjährigen Kinder auf diesen mörderischen Weg durch das Gebirge und in die Fremde zu schicken - in eine ungewisse und von ihnen für immer getrennte Zukunft.

Mit wenigen Sätzen gelingt es der Autorin, dies so neutral und objektiv wie möglich zu schildern. Sie lässt die Kinder zu Wort kommen, die Eltern, die Betroffenen. Sie klagt nicht an, führt keine Brandreden, urteilt nicht - gerade die Distanz, die aus den sachlichen Kommentaren deutlich wird, reißt mit, begeistert und verstört.

Was müsste geschehen, damit man seine eigenen Kinder von sich fort reißt und solch einer Gefahr aussetzt? Wie schlimm muss es in Tibet wirklich zugehen, damit jährlich Tausende diesen Weg gehen?

Dieses Hörbuch, sehr ruhig, sehr angenehm und ausdrucksstark von der Autorin selbst gelesen, vermag mehr zu erreichen als tausend Zeitungsberichte und zahllose Nachrichtenbilder über Gräuel und Unruhen in Tibet. Dieser kleine, feine Bericht über die Flucht von Little Pema, Tamding, Chime, Dolkar, Dhondup und Lakhpa ist unbedingt empfehlenswert, hinterlässt aber auch ein Gefühl der Hilflosigkeit.

Wer danach das Gefühl hat, eingreifen, helfen und mitarbeiten zu müssen, sollte auf der Homepage der Autorin (hier klicken) nachschauen, was er tun kann.

Die Rechte an der eingebundenen Fotografie liegen bei der "Zazie-Media GbR" und dem Fotografen Peter Greven.

Stefan Erlemann



CD | CD-Anzahl: 4 | Erschienen: 1. Mai 2008 | Laufzeit: 248 Minuten | Preis: 19,99 Euro

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