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 Gesund ohne Pillen

Was kann die Alternativmedizin?

Autoren: Edzard Ernst, Simon Singh
Übersetzer: Klaus Fritz
Verlag: Hanser Verlag

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Gesamt +++--
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis


Die Alternativmedizin ist nicht nur ein sich stetig vergrößernder Markt, auf dem es jede Menge Geld zu verdienen gibt, sondern auch ein Bereich, der nahezu ideologisch propagiert oder abgelehnt wird. Dem Patienten hilft das bei der Suche nach einer geeigneten Therapieform nicht, ganz im Gegenteil. Will er den Pfaden der Schulmedizin nicht folgen, muss er sich bei der Suche nach möglichst sanften und ganzheitlichen Methoden auf sein Bauchgefühl verlassen. Doch sind die zahlreichen alternativen Therapien, die angeboten werden, tatsächlich das wert, was sie versprechen? Sind sie eine echte Alternative zur Schulmedizin hinsichtlich ihrer Wirkung beziehungsweise ihrer Heilungschancen? Diesen Fragen wollen Edzard Ernst, Professor für Alternativmedizin in England sowie ausgebildeter Homöopath, und der Wissenschaftsjournalist Simon Singh nachgehen und fragen im Untertitel ihres Buches: Was kann die Alternativmedizin?

In vier recht umfangreichen Kapiteln werden Akupunktur, Homöopathie, Chiropraktik und das weite Feld der pflanzlichen Medizin besprochen. Eingerahmt werden diese Kapitel von Informationen zu den wissenschaftlichen beziehungsweise klinisch-medizinischen Methoden des Erkenntnisgewinns zu Beginn und der Frage "Warum nach der Wahrheit fragen?" im abschließenden Kapitel. Im Anhang gibt es kurz gefasste, einseitige Informationen zu sechsunddreißig weiteren alternativen Therapieformen in alphabetischer Reihenfolge: von A wie Aromatherapie über S wie Schröpfen bis Z wie Zelltherapie.

Bereits im Vorwort machen die Autoren deutlich, dass sie die wissenschaftliche Methode für das beste Verfahren halten, um zur Wahrheit zu gelangen: "Es hat keinen Sinn, auch nur das erste Kapitel zu lesen, wenn Sie nicht bereit sind, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass die wissenschaftliche Methode als Lackmustest für die Wahrheit gelten kann." Der so genannte Goldstandard, den die Autoren zur Überprüfung der alternativen Heilmethoden heranziehen, ist die klinische Doppelblindstudie. Mit Hilfe von Ergebnissen solcher Studien versuchen die Autoren Erkenntnisse über die Heilkräfte der Methoden abzuleiten, die, soviel sei an dieser Stelle angemerkt, selten die eines Placebos übersteigen.

Von einem Professor für Alternativmedizin und Homöopathen erwartet man, dass er der Alternativmedizin positiv oder zumindest neutral gegenübersteht. Allerdings bekommt man schon in der Einleitung das Gefühl, mitten in einem ideologischen Grabenkampf gelandet zu sein. Als Leser, der sich eben nicht mit den einschlägigen Forschungsergebnissen auskennt, sondern mit diesem Buch in jeder Hinsicht kritisch beraten werden will, ist man allein beim inflationären Gebrauch des Wortes "Wahrheit" aufgeschreckt. Wenn man dann auch noch von "der" Wahrheit liest, als gestalte sich das Leben schwarz-weiß und als seien die wissenschaftlichen Methoden in der Lage nicht nur von Wahrscheinlichkeiten, sondern von Sicherheiten zu sprechen, kann man nicht anders, als den Autoren ein wenig Verblendung vorzuwerfen. Aber gut: Vielleicht muss man sich auf diesen Schuss Ideologie einlassen und wird trotzdem gut beraten? Als eben nicht einschlägig vorgebildeter Leser ist man angesichts dieser Frage ein wenig ratlos.

Anhänger der Wissenschaft und des ihr zugrunde liegenden Erkenntnisgewinns werden sehr befürworten, die Alternativmedizin solchen Güteverfahren zu unterziehen und die Ergebnisse allgemein verständlich zu veröffentlichen, wie in diesem Buch auf sehr unterhaltsame Weise geschehen. Andererseits ist man als Leser unsicher in Anbetracht des unkritischen Umgangs mit der wissenschaftlichen Methode wie er im Buch propagiert wird. Zudem wird auf die Schulmedizin keinerlei Bezug genommen, hinsichtlich ihrer Nebenwirkungen et cetera, denn gerade diese veranlassen Menschen dazu, sich alternativen Methoden zuzuwenden. Auch muss Alternativmedizin und Schulmedizin im Hinblick auf die Grunderkrankung und das anvisierte Therapieziel betrachtet werden. Medizin, und das schreiben die Autoren selbst, ist immer eine Abwägung zwischen Nutzen (Heilung) und Gefahrenpotenzial (Nebenwirkungen), allerdings kommt dieser Aspekt im Buch deutlich zu kurz.

Selbst wenn man alternativen Methoden kritisch gegenübersteht, wird man das Gefühl nicht los, dass die Autoren den Leser überreden wollen und nur Gründe suchen, die gegen die Alternativmedizin sprechen. Als Leser will man aber nicht überredet, sondern überzeugt werden und das sollte durch das Abwägen von Informationen geschehen. Das Buch bietet weniger Rat, wann man alternative Heilmethoden ausprobieren könnte und wann man sich besser der Schulmedizin anvertraut, sondern zeigt, ob klinische Doppelblindstudien die Wirksamkeit von alternativen Methoden zeigen konnten oder nicht und ob diese Verfahren mit den Ideen der Wissenschaften, vor allem der Biologie, zu vereinbaren sind. So ist beispielsweise die Idee einer Lebensenergie (Qi), die den Körper durchströmt, mit den Erkenntnissen der westlichen Wissenschaft nicht vereinbar und wird somit von den Autoren verworfen.

Für alle, die einen kritischen Blick auf alternative Heilmethoden werfen wollen, könnte dieses Buch lesenswert sein. Wie objektiv und unvoreingenommen die im Klappentext angepriesene Perspektive der Autoren jedoch tatsächlich ist, lässt sich nicht abschließend beurteilen. Und auch die dort angesprochenen Unterschiede zwischen Schul- und Alternativmedizin kommen deutlich zu kurz.

Katja Maria Weinl



Hardcover | Erschienen: 01. März 2009 | ISBN: 9783446233010 | Originaltitel: Trick or Treatment? Alternative Medicine on Trial | Preis: 21,50 Euro | 405 Seiten | Sprache: Deutsch

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