Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Bedienung | |
Bildqualität | |
Glück | |
Spannung | |
Spielregel | |
Strategie | |
Ein Anschlag auf das Parlament erschüttert London. Doch schon bald wird der Schuldige gefunden sein, denn niemand anders leitet die Ermittlungen als der genialste Detektiv aller Zeiten: Sherlock Holmes. Durch seinen Einfluss bei schillernden, zwielichtigen und hilfreichen Persönlichkeiten sammelt er immer mehr Hinweise. Doch ein zweiter genialer Kopf scheint am Werk, kommt ihm hier und da zuvor, stiehlt die Hinweise vor seiner Nase und lässt sie verschwinden. Bestrebt seine Spuren zu verwischen ist auch Moriarty unterwegs, sucht Personen auf, sammelt seinerseits Hinweise um die Fährte des Sherlock Holmes erkalten zu lassen. Wer ist schneller und geschickter, wer gewinnt das Rennen um die Hinweise in diesem Wettkampf: Sherlock gegen Moriarty.
Lost London?Das neue Zweipersonenspiel aus dem Hause Kosmos, "Holmes", thematisiert den Kampf zwischen dem Meisterdetektiv und seinem Erzfeind. Der Mechanismus ist recht einfach und erinnert in weiten Zügen an den Klassiker "Lost Cities". Beide Spieler sammeln gleichförmige Karten – die Hinweise – die etwa Knöpfe, Fußabdrücke oder Zigarettenstummel zeigen. Am Ende werden die Karten gegeneinander gerechnet und nur wer mehr Hinweise einer Art sammeln konnte, kann damit Punkte erzielen; wer die meisten Punkte hat, gewinnt das Spiel. Doch können die Karten hier im Gegensatz zum Knizia-Spiel von 1999 nicht einfach gezogen oder aus einer offenen Auslage auf die Hand genommen werden. Um Hinweise zu erlangen, muss der Spieler bestimmte Personen aufsuchen. Dem Spieler stehen drei Ermittlerfiguren zur Verfügung, mit welchen er jede Runde drei verschiedene Personenfelder besetzen kann, um die jeweilige Aktion des Feldes zu nutzen. So ermöglicht Inspektor Lestrade zum Beispiel das Aufnehmen zweier Hinweise im Austausch gegen zwei Einflussmarker, Mrs. Hudson wiederum gewährt solche Einflussmarker ebenso wie der Hund Toby, Violet Hunter dagegen ermöglicht dem Spieler Hinweise vom offenen Ablagestapel in seinen Besitz zu bringen. Jede Runde kommt ein neues Aktionsfeld hinzu, dabei gibt es zehn verschiedene Personenkarten im Spiel, von denen jedoch nur acht während einer Partie genutzt werden. Auf diese Art und auch durch die zufällige Reihenfolge der nachkommenden Aktionsfelder bietet auch mehrmaliges Spielen hintereinander ausreichend Varianz.
Meine Hinweise, deine HinweiseBei "Lost Cities" musste der Spieler um die Erlangung der richtigen Handkarten fürchten, hatte sie aber sicher, wenn er sie in seine Auslage brachte. Nicht so bei Holmes. So hat hier jeder Spieler neben den offen ausliegenden Hinweisen einen verdeckten Stapel. Dieser ist vor Angriffen des Gegners geschützt, Hinweise in der offenen Auslage können jedoch durch eine bestimmte Personenaktion gestohlen werden. Damit dieselbe Karte auf dies Weise nicht ständig hin- und herwechselt, landen gestohlene Karten allerdings anschließend auf dem verdeckten Stapel. Auch andere Personenaktionen erlauben es Hinweiskarten, statt wie sonst üblich offen vor sich auszulegen, in einem verdeckten Stapel zu sammeln. So ist der genaue Punktstand zumindest theoretisch bis zur abschließenden Zählung unklar. Geübten Kartenspieler dürfte es jedoch nicht schwerfallen, die Verteilung zumindest grob mitzuzählen, da häufig in einer Partie der komplette Kartensatz der Hinweise durchgespielt wird und auch der Ablagestapel offen ist. Ein bisschen Knobeln, Abwägen und Riskieren gehört hier trotzdem zum Spiel, ganz im Sinne einer echten Sherlock Holmes Geschichte.
Mechanismus übertrumpft Thema Damit enden aber leider auch schon die thematischen Bezüge des Spiels. Die zu befragenden Personen, aka Aktionsfelder, stellen zwar alle Akteure der Holmes-Romane dar, doch beschränkt sich die Ähnlichkeit auf den Namen. Die jeweilige Aktion, die die Felder bieten, stehen nur vage im Zusammenhang mit der Bedeutung der Figur in den Geschichten von Arthur Conan Doyle. Zugegeben ist hier einen tatsächlichen inhaltlichen Bezug herzustellen auch schwierig, zumindest bei dieser Form des Spiels. Doch genau diese Form ist es die bereits anfänglich verwundert. Bei wem der Titel Holmes die Hoffnung auf ein deduktives Spiel weckt, der wird deutlich enttäuscht. Denn auch wenn sich das thematisch verkleidete Befragen von Leuten und sammeln von Hinweisen anhören mag als würde ermittelt, so handelt es sich hierbei letztlich um einfache Formen des Workerplacement und Kartensammelns. Es wird weder gerätselt, noch ein Fall gelöst.
Moriarty putzt hinterher?Der größte thematische Bruch allerdings scheint ein Fehler der Übersetzung des Spieles in Deutsche. Kämpfen im Original noch Sherlock und sein Bruder Mycroft gegeneinander, wurde für den deutschen Markt Moriarty als Gegenspieler gewählt. Warum dieser nun aber mit Holmes um die Wette Hinweise sammelt, bleibt etwas weit hergeholt. Die Erklärung er würde seine Spuren vertuschen, indem er Hinweise an sich nimmt, bevor sie Holmes findet, verlässt nun gänzlich die Gedankenwelt des Arthur Conan Doyle. Erwarten würde ein Kenner der Geschichten von Moriarty wohl eher falsche Fährten, gefälschte Hinweise und geniale Fallen, denn das schlichte hinterherputzen hinter einer zuvor wohl eher schlampigen Arbeit, die viele Spuren hinterlassen hat. Dass hier der ehrgeizige Wettstreit zweier Brüder ausgetragen wird, die beide als erster versuchen den einen Fall zu lösen, passte deutlich besser ins Bild.
... am Ende muss das, was übrig bleibt ... Es ist nicht einfach, das neue Kosmos Zwei-Personen-Spiel "Holmes" abschließend zu beurteilen. Es ist eigentlich ein unterhaltsames Spiel. Verschiedene Faktoren sorgen für Varianz in den einzelnen Partien. Ein bisschen Knobeln, Abwägen und Einschätzen des Gegners geben Würze. Doch letztlich begeistern konnte es nicht. Zu aufgestülpt wirkt das Thema, zu wenig innovativ die Mechanismen.
Schade, denn Holmes ist wirklich hübsch gestaltet.