Als Christ kennt man die Bibel auswendig. Gerade das Neue Testament, die Gleichnisse Jesu, die Bergpredigt, sein Leiden, seine Botschaft hat man alles tief in sich verinnerlicht. Dennoch gibt es immer wieder neue Sichtweisen, wie man die Worte des Neuen Testaments verstehen kann. In dem Buch "Jesus - Der Zenlehrer" betrachtet ein Zenmeister das Leben Jesu und erkennt, dass die Botschaft des Gottessohnes und die Lehren des Zen große Gemeinsamkeiten besitzen.

Anhand der Regeln des Zen "Sei gewärtig!", "Sei gewöhnlich!", "Genieße!" und "Übe Einsicht!" durchforstet Kenneth S. Leong die Worte Jesu. Hierbei entdeckt er, dass in der Botschaft des Neuen Testaments mehr Komik und Fröhlichkeit steckt, als so mancher Christ wahrhaben möchte. Denn Jesus hat an vielen Stellen durch gewitzte Wortspiele diejenigen, die ihn auf die Probe stellen wollten, bloß gestellt und lächerlich gemacht.

Durch die ungewohnte Sichtweise des Zen gewinnen einige Textstellen eine ganz neue und unbekannte Bedeutung. Im Laufe des Buches stellt der Autor die These auf, dass das Himmelreich, das uns gepredigt wurde, schon längst da ist. Ebenso bemerkt er, dass auch die Hölle keine Drohung, sondern schon ebenfalls längst gegenwärtig ist. In geschickten Worten deutet er die Worte neu, ohne ihnen ihren Sinn zu rauben. Vielmehr erhält der Leser durch diese neuen Impulse eine neuartige und tiefere Beziehung zu Jesus als es vorher möglich war.

Der Autor erläutert über den Umweg durch das Zen, dass die Botschaft Jesus auch heute für jeden gültig und umsetzbar ist. In schlichten und dennoch ergreifenden Worten stellt er fest, dass die Liebe, die Jesus predigt, für uns alle notwendig und erreichbar ist.

Auch wenn der Leser am Anfang des Buches einige Vorbehalte hat, wenn ein Zenlehrer behauptet, er könne mehr über Christus aussagen als die Religion an sich, so muss man doch beim weiteren Durchlesen seine Vorbehalte über Bord werfen. Selbst wenn man nicht in allen Punkten mit dem Autor übereinstimmt, so hilft seine Sichtweise doch dabei, dass man einen neuen Sinn in den Worten des Neuen Testaments erkennt. Das einzige, an dem man sich stören kann, ist die teilweise etwas holprige Übersetzung, doch es ist schließlich der Inhalt, auf den es ankommt.

Ein gutes und spirituelles Buch für Christen, selbst wenn sie skeptisch aufgrund des Titels sind. Keine Minute, die man zum Lesen verwendet, ist verschwendet.