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 Johann Jährig


Cover
Gesamt +----
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Johann Jährig war ein deutscher Mongolei-Forscher, der 1747 im heutigen hessischen Büdigen geboren wurde und im Jahr 1795 nach einem bewegten Leben in Sankt Petersburg starb. Jährig erforschte und beschrieb quasi als Pionier Sitten und Gebräuche der Mongolen und Kalmücken - ein westmongolisches Volk, das heute im russischen Kalmückien siedelt -, er forschte in ihrer Geschichte und übersetzte auch zahlreiche tibetische und mongolische Texte.
Leben und Reisen Jährigs hat der Autor Karlheinz Schweitzer in dem Roman "Johann Jährig" beschrieben. Als Aufhänger dient dabei das Tagebuch Jährigs, das ein ungarischer Hochstapler namens Zoltán Kmetty von einem chinesischen Händler im Jahr 1979 erwirbt - oder besser gesagt aufgedrängt bekommt. Er hofft zunächst, die alte Schwarte gewinnbringend weiterverkaufen zu können, behält das Buch dann aber doch. Nach und nach entziffert Kmetty das über ein Jahrhundert alte Tagebuch und erhält einen Einblick in das Leben von Johann Jährig. Auch Kmetty ist auf dem Weg nach China, allerdings mehr oder weniger unfreiwillig; ein junger Mongole namens Radmaa ist ihm als Begleiter zur Seite gestellt worden, er soll Kmetty nach Peking bringen, nachdem dieser auf seiner Flucht nach Osten an der chinesisch-mongolischen Grenze aufgegriffen wurde. Unterwegs lesen die beiden so unterschiedlichen Menschen Schritt für Schritt weitere Ereignisse aus dem Tagebuch Jährigs, bis ihre Reise schließlich ein unerwartetes Ende nimmt.

Zwei Lebensschicksale in unterschiedlichen Jahrhunderten, aufregende Reisen, fremde Kulturen - das ist eigentlich Stoff für eine spannende historische Erzählung. Leider krankt das Buch aus der Feder von Karlheinz Schweitzer an der Umsetzung. Die Handlung wird größtenteils in zwei Erzählsträngen beschrieben und berichtet abwechselnd von Zoltán Kmetty im 20. Jahrhundert und von Johann Jährigs Leben und Forschen im 18. Jahrhundert.
Schweitzer schreibt außerordentlich sprunghaft und kryptisch, so dass man das Buch schon nach gut fünfzig Seiten zum ersten Mal erstaunt und leider auch schon genervt sinken lässt. Die Handlung ist nicht, wie man das als Leser erwarten würde, einigermaßen klar und stringent geschrieben, nein, es wimmelt von Assoziationen, Einwürfen, Andeutungen, kryptischen und oft unverständlichen Bildern und Vergleichen.

Überhaupt scheint der Autor ein extremes Faible für bildhafte Sprache und eine Reihe seltsamer Metaphern zu haben; was dabei herauskommt, wirkt konfus und langweilt sehr schnell, denn wenn man beim Lesen nicht höllisch aufpasst, versteht man bald gar nichts mehr. Manche Sätze sind gänzlich misslungen und erzeugen einen Schauder beim Leser; zwei Beispiele seien hier gegeben, um einen Eindruck zu vermitteln, wie unbeholfen der Autor manchmal schreibt: "Die Zeit zitterte wie Sülze. Gedanken brannten und flimmerten in Aspik." Solche Sätze finden sich auf jeder Seite, und zwar mehrfach. Was bei manch anderem Autor gewagt und experimentell wirkt, ist hier bemüht und oftmals einfach peinlich, so als habe der Autor versucht, krampfhaft interessante Dinge und Metaphern überall unterzubringen. Immer wieder blitzt durch, dass Schweitzer dieses Buch wohl zuallererst für sich und erst dann für seine Leser geschrieben hat, die der Geschichte gerne folgen können würden. Ein weiteres Beispiel - hier liegt Kmetty mit einer Geliebten im Bett: "Eine feiste Silberkette funkelte wie ein liegender Halbmond über ihren Puddingtitten, die sanft zitterten, wenn sie die Seiten umblätterte." Erbarmen! möchte der Leser angesichts solcher Sätze schreien - wohlgemerkt, dies ist nur ein Beispiel aus einer Vielzahl solcher Ergüsse. Manchmal wird es geradezu psychedelisch, wenn Jährig Visionen und Bilder plagen, nur mehr Durchblick oder Sinn bringt das leider auch nicht.

Fazit: Das Thema dieses Romans ist sehr interessant, und sicher kann man dem Autor nicht absprechen, dass er sich in seinem Bereich fachlich sehr gut auskennt; die Umsetzung ist aber leider misslungen - konfus, umständlich, streckenweise dadurch sehr langweilig, schriftstellerisch unbeholfen und altbacken. "Johann Jährig" dürfte allenfalls für all diejenigen, die sich für das Leben dieser historischen Figur brennend interessieren, lesenswert sein. Alle anderen werden den Roman wohl schnellstens aus der Hand legen.

Christina Liebeck



Hardcover | Erschienen: 01. Oktober 2008 | ISBN: 9783939337560 | Preis: 19,90 Euro | 463 Seiten | Sprache: Deutsch

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