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Nach dem Tod ihres Vaters, der mit einer fremden Frau Selbstmord begeht, ist die zwanzigjährige Yoshie, genannt Yotchan, überrumpelt und sieht sich plötzlich in einer völlig neuen Situation. Sie zieht daraufhin in Tokios Stadtviertel Shimokitazawa in eine kleine Wohnung und beginnt in einem kleinen Bistro als Hilfskraft zu arbeiten. Das Viertel ist sehr belebt durch die vielen Touristen, die die Stadt besuchen, und die Künstler, die dort leben. Da Yotchans Mutter nach dem Tod ihres Mannes nicht alleine sein und mit ihrer Tochter gemeinsam das Geschehene verarbeiten will, zieht sie kurzerhand zu Yotchan in die Wohnung. So vergeht einige Zeit und beide Frauen versuchen für sich einen Weg zu finden, um ihr Leben weiterleben zu können. Während Yotchan den größten Teil ihrer Zeit in dem Bistro verbringt und dort arbeitet, verlebt ihre Mutter die Tage in Shimokitazawa, stöbert in den Läden und freundet sich mit den Bewohnern des Viertels an. Beide Frauen verarbeiten auf diese Weise den Verlust des Vaters und Ehemannes. Das Leben in dem Stadtviertel hilft ihnen gewissermaßen dabei, indem seine Bewohner und Läden, seine Unbeschwertheit und Gelassenheit – trotz des Trubels auf den Straßen – Yotchan und ihre Mutter ebenfalls unbeschwerter werden und in den Fluss des Alltagslebens zurückkehren lassen.
Banana Yoshimoto erzählt in "Moshi Moshi" eine ruhige, aber trotzdem eindringliche Geschichte. Sie beschreibt, wie die junge Yotchan versucht, ihr Leben trotz des Schicksalsschlags weiterzuleben und herauszufinden, was sie nach dem Tod ihres Vaters mit ihrer Zeit anfangen soll. Die Beschreibung der Orte, der Bewohner von Tokios Stadtviertel Shimokitazawa und das aufmerksame Beobachten und Erzählen des Alltagslebens dort ist so authentisch, dass der Leser sich vollkommen in die Figuren und deren Leben in dem Viertel hineinversetzen kann. Der Roman weist dadurch - genau wie Yoshimotos vorherige Romane und Erzählungen - eine ganz eigene Art des Erzählens auf, die eine Tiefe erzeugt, von der der Leser gefesselt wird.
Dadurch, dass die Geschichte nicht in abgrenzende Kapitel eingeteilt ist, liest sich der Roman flüssig und der Leser kann sehr nah an die Figuren, an ihre Gedanken und Handlungen herantreten und sie miterleben. So werden durch die Sprache fließende Übergänge geschaffen, die sich analog zur Handlung auch im Alltag der beiden Frauen widerspiegeln. Durch die leichte und sanfte Sprache werden Situationen und Bilder kreiert, die den Leser in ihren Bann ziehen, sodass er sich in der Handlung verliert und doch durchzieht ein roter Faden den Roman – nämlich Yotchans Überwinden des Todes ihres Vaters, das Leben in einer Großstadt und die Frage nach ihrem Platz im Leben.
Da die Erzählung von der japanischen Kultur und Sprache geprägt ist, werden vom deutschen Übersetzer einzelne japanische Begriffe, sowie Essgewohnheiten oder Eigen- und Kosenamen angemessen in kurzen Anmerkungen erklärt. Durch diese Hintergrundinformationen bekommt der Leser ein klareres Bild vom Erzählten und kann verschiedene Aspekte der Geschichte noch besser nachvollziehen.
"Moshi Moshi" ist ein empfehlenswerter Roman - wie im Übrigen das gesamte Werk Yoshimotos - dessen Lektüre sich nicht nur aufgrund der erzählten Geschichte lohnt, sondern auch wegen der besonderen Erzählweise und der Leichtigkeit, mit der Yoshimoto das Alltagsleben von Yotchan und ihrer Mutter in Tokio darstellt.