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Die Science-Fiction-Thematik scheint bei modernen Brettspielen langsam wieder in Mode zu kommen. Unter den Neuveröffentlichungen von 2007 finden sich Titel wie "Perry Rhodan", "Galaxy Trucker" oder "StarCraft", und "Space Dealer" ist auch noch nicht lange her. Der Weltraum wird spielerisch erobert - und in "Race for the Galaxy" darf man das durchaus wörtlich nehmen.
Wer mit dem Kartenspiel "
San Juan" vertraut ist, wird sich in "Race for the Galaxy" sofort heimisch fühlen. Der Entwickler Thomas Lehmann hat sich offensichtlich stark von Andreas Seyfarths Kartenspiel inspirieren lassen, entsprechender Dank wird auch am Ende der in Englisch und Deutsch verfassten Spielanleitung ausgesprochen. Die Spiele ähneln sich in vielen ihrer Mechanismen, aber anstatt Gebäude zu bauen und mit Waren zu handeln, kolonisiert man in "Race for the Galaxy" gemäß dem Szenario neue Welten und entdeckt neue Technologien.
In jeder Runde gibt es fünf Phasen, die jedoch nicht alle stattfinden müssen. Zu Beginn jeder Runde suchen sich die Spieler geheim aus, welche Phase sie spielen möchten - danach werden alle aufgedeckten Phasen von allen je einmal durchgespielt, worauf die nächste Runde folgt. In der ersten Phase kann man Karten ziehen, in der zweiten Phase Entwicklungen ausspielen, in der dritten Planeten kolonisieren, in der vierten Güter verbrauchen und dafür Siegpunkte oder Handkarten bekommen und in der fünften Phase kann man die dafür benötigten Güter produzieren. Dabei bekommen diejenigen Spieler einen Vorteil, die sich die Phase zu Beginn der Runde geheim ausgesucht haben - sie dürfen beispielsweise mehr Karten ziehen, die Entwicklungen billiger bauen oder mehr Siegpunkte erhalten. Die große Parallele zu "San Juan" ist hierbei, dass die Karten gleichzeitig als Entdeckungen, Währung und Güter dienen. Kolonisiert man beispielsweise einen Planeten, indem man ihn vor sich auslegt, muss man je nach dessen Preis unterschiedlich viele weitere Karten aus der Hand abwerfen. Produziert man auf einem Planeten ein Gut, wird eine verdeckte Karte vom Stapel genommen und auf den Planeten gelegt, um dies anzuzeigen. Das ist schön simpel, sehr effektiv - und lässt einem die Augen übergehen angesichts des völlig überteuerten Preises von mindestens 25 Euro, für den man gerade mal einen Haufen Karten und ein paar Siegpunktchips erhält - "San Juan" kostet gerade mal die Hälfte.
So weit, so simpel der Spielablauf. Eine einzelne Runde kann bei einer halbwegs erfahrenen Gruppe eine Sache von Minuten sein, eine ganze Partie wird nicht länger als eine Stunde dauern. Die Schwierigkeit, der Reiz des Spiels und der große Unterschied zu "San Juan" stecken jetzt natürlich in der enormen Abwechslung, die die verschiedenen Karten bieten. Es gibt unterschiedlichste Arten von Planeten, die einem allerlei Boni geben, es gibt vier verschiedene Güter, viele besonders starke Entwicklungen, die viele Siegpunkte geben, und eine regelrechte Enzyklopädie am Ende der Spielregeln für die Symbolik des Spiels. Über diese kann man freilich aber nichts anderes als Lob verlieren. Große Übersichtstafeln erklären jedem Spieler die grundlegenden Symbole, die auf den Karten vorkommen können und was diese bewirken. Hat man sich dort ein bisschen eingearbeitet, erschließt sich fast der komplette Rest der Karten von selbst, einerseits durch die Logik der Zeichen, andererseits durch die kurz gehaltenen, verständlichen Erklärungen zu komplexeren Symbolen, die nochmals auf den Karten selbst stehen. Schade nur, dass sämtliche Kartentexte auf Englisch verfasst worden sind - wer keine Sprachkenntnis hat und sich unsicher ist, muss trotzdem zur Anleitung greifen.
Die Symbolik ist durchdacht, kann bei den ersten Partien jedoch überfordern, vor allem, weil so viel möglich ist. Man kann sich verschiedene Güter aussuchen, auf die man spielt, man kann auf Militär gehen, auf Entwicklungen, auf die Ausschüttung möglichst vieler Siegpunkte durch Konsumierung von Gütern und so weiter. Jedes neue Spiel stellt einen vor die Herausforderung, das Beste aus seinen Karten zu machen, und das hat bei deren großer Zahl was. Allerdings gibt es einen großen Wermutstropfen: Man spielt nur für sich selbst, Interaktion zwischen den Spielern gibt es de facto keine. Man merkt lediglich dann, dass auch andere mitspielen, wenn man sich am Anfang der Runde für eine der fünf Phasen entscheiden muss und überlegt, welche Phasen die anderen wohl spielen werden und ob man davon profitieren kann. Außerdem entsteht in der Endphase einer Partie ein wenig Druck, denn das Spiel endet, wenn jemand zwölf Karten vor sich ausgelegt hat. Kolonisierte Planeten, Entwicklungen und Chips bringen dann Siegpunkte, derjenige mit den meisten gewinnt. Das ist zwar überteuert und wenig interaktiv, aber abwechslungsreich, flott und spaßig. Wenn man also kein Problem damit hat, den Weltraum quasi alleine zu erobern, dann macht man mit "Race for the Galaxy" nichts falsch.