"Entweder du bist Teil der Lösung, oder du bist Teil des Problems." So einfach ist das in den Zeiten der Globalisierung, inmitten unserer kommerzgeilen, sich immer unpolitischer gerierenden Gesellschaft. Während neue politische Gegenbewegungen entstehen, aber noch an der Unbestimmtheit ihrer Gegner, ihrer theoretischen Grundlagen und kulturrellen Verankerungen leiden, rüstet der Staat - kaum weniger verunsichert - mit neuen Überwachungsmethoden, einer härteren rhetorischen Gangart und panischer Terrorangst auf. Und ob man will oder nicht, jeder muss sich tagtäglich entscheiden, ob er Teil des Problems oder Teil der Lösung sein will.
In diesem Szenario spielt der neue, höchst aktuelle Roman von Ulrich Peltzer, der zu Recht für große Resonanz gesorgt hat. Peltzer erzählt die Geschichte des jungen Journalisten Christian Eich, einem Zeit- und Gelegenheitsarbeiter, der sich seit jeher mit seiner prekären Arbeitssituation abgefunden hat. Eich ermittelt für eine Reportage im linksradikalen Milieu, natürlich mit der dazugehörigen Distanz zum zu untersuchenden Objekt. Doch als er Kontakt zu mutmaßlichen linken Extremisten aufnimmt, gerät sein Leben gewaltig aus den Fugen. Hinzu kommt eine jähe, impulsive Liebesbeziehung zu der jungen Studentin Nele, auch sie eine Getriebene, die sich an neuen Widerstandsformen versucht. Christian stürzt sich Hals über Kopf in diese Affäre, während sich rings um ihn die Schlinge enger zieht ...
Was Peltzer hier auf 455 hochspannenden Seiten vorführt, ist eine Bestandsaufnahme der politischen Lage unserer Tage, brisant, präzise beobachtet und nicht selten erschreckend. Peltzer zeigt, wie politische Mechanismen und Auseinandersetzungen heute funktionieren, dass die Konflikte längst nicht mehr spektakulär auf der Strasse toben, sondern im Verborgenen ablaufen. Die verfügbare Überwachungstechnologie und der Informationsfluss der elektronischen Medien bieten dabei nur ein Hintergrundrauschen, sind aber in vielen Szenen des Romans spürbar und beklemmend. Ebenso spannend sind die moralischen Fragen, die sich der Protagonist fortwährend stellen muss. Er wird gezwungen, Farbe zu bekennen, sich nicht länger passiv und stromlinienförmig durch eine Gesellschaft zu bewegen, deren Schattenseiten er erkennt.
All das ist glaubhaft und packend erzählt, und wenn man von der doch etwas zu glatten Liebesgeschichte zwischen Christian und Nele absieht, die das komplexe Erzählmuster konterkariert, muss man Ulrich Peltzer zu seinem neuen, großen Wurf gratulieren. Selten wurde unsere Zeit so prägnant eingefangen. Endlich wieder ein politischer Gegenwartsroman, den es zu lesen lohnt.