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Zwölf Worte brachten eine Nation in Aufruhr: "Were ashamed that the President of the United States is from Texas." - Wir schämen uns, dass der Präsident der Vereinigten Staaten aus Texas kommt. Wirklich viel dachte sich die Sängerin Natalie Maines der enorm erfolgreichen Band The Dixie Chicks wahrscheinlich nicht, als sie diese Worte äußerte, kicherte sogar nachher wie ein kleines Mädchen, das einen infantilen Scherz gemacht hat. Und doch sollte dieser Satz, geäußert in London am 10. März 2003, dem ersten Tag der Irakinvasion, ihr Leben und ihre Band von Grund auf verändern. Zu dem Zeitpunkt waren die Dixie Chicks noch die erfolgreichste weibliche Band Amerikas aller Zeiten. Doch als die Nachricht über jene Äußerung ihren Weg in die Staaten fand, während die Band gerade in Europa tourte, brach dort ein Sturm der Entrüstung los. Die Single der Dixie Chicks brach katastrophal ein, die Leute bezeichneten sie als Verräter, die Radiosender weigerten sich, ihre Songs zu spielen, öffentlich wurden ihre CDs verbrannt. Zurück in ihrer Heimat angekommen, sah sich die moderne Country-Band vor einem Scherbenhaufen, wurde von ihren Fans und den wichtigsten Radiosendern verschmäht. Die Dokumentation "Shut Up and Sing" zeigt abwechselnd die Krisenzeit der Band im Jahr 2003, als sie sich mit Todesdrohungen und der Angst vor leeren Konzertsälen konfrontiert sah, und das Jahr 2006, in dem sich die Gruppe zu einer selbstbewussten, unabhängigen Band entwickelt hat.
Im Jahr 2008 scheint es fast schon undenkbar, dass George W. Bush, mittlerweile nichts anderes als eine globale Lachnummer, vor fünf Jahren noch den absoluten Großteil seiner Nation hinter sich stehen hatte, in einer Zeit, in der der 11. September 2001 noch frisch im Gedächtnis und das Bedürfnis zu handeln noch stark war. Fanatische Bush-Anhänger gibt es heute freilich auch noch, nur ist es schwer vorstellbar, dass eine so harmlose Meinungsäußerung wie die von Natalie Maines erneut einen landesweiten Aufschrei auslösen könnte. Die Ironie dieses Skandals ist freilich einer der Kernpunkte von "Shut Up and Sing", denn schließlich geht es um das heiligste Gut der Demokratie und der Amerikaner, um Meinungsfreiheit - und genau die sprechen die Fans der Dixie Chicks ihrer Lieblingsband zu diesem Zeitpunkt ab. Das zeichnet einmal mehr ein unangenehmes Bild der Amerikaner, die ihre Grundwerte anscheinend nur so lange ernst zu nehmen scheinen, wie es ihnen bequem ist. Am besten drückt sich das in der Aussage eines Protestlers aus, der sagt, dass Meinungsfreiheit ja gut und schön sei, solange man sie nicht in der Öffentlichkeit praktiziere. Die dazu passenden Bilder aufgebrachter Dixie Chicks-Hasser und brennender CD-Haufen rufen vor allem hier in Deutschland unangenehme Assoziationen hervor ...
Doch "Shut Up and Sing" behandelt nicht nur den amerikanischen Umgang mit der Meinungsfreiheit, sondern fragt auch, was wir von unserer Unterhaltung heutzutage eigentlich erwarten. Ist Musik tatsächlich nichts anderes mehr als Berieselung? Möchten wir wirklich, dass unsere Künstler uns auf gefällige Weise unterhalten, sich ihre politische Meinung aber doch bitte mal verkneifen sollen? Es ist ein interessantes Experiment, das man an sich selbst durchführen kann: Was wäre, wenn der persönliche Lieblingskünstler plötzlich öffentlich Dinge kundtut, die einem selbst überhaupt nicht passen?
Das alles sind Fragen, zu denen die Dokumentation "Shut Up and Sing" letzten Endes anregt, darin ist sie jedoch mehr als die Summe ihrer Teile. Denn der Film selbst hat seine Längen, nicht immer ist erkennbar, wo die Reise hinführen soll, nicht immer haben die Szenen eine wirkliche Relevanz, wenn man nicht gerade echter Dixie Chicks-Fan ist. Das wird einem im Film aber dafür freilich recht leicht gemacht, denn natürlich tönt jede Menge der wirklich guten Musik der Band während des Films aus den Lautsprechern. Man muss kein Country mögen, um an dieser tollen, handgemachten Musik Gefallen zu finden. Man muss nicht mal eine Abneigung gegen George W. Bush haben.
Da es sich beim Film um eine Dokumentation handelt, liegt die Tonspur nur in Englisch vor, leider auch nur in Stereo. Dennoch wird das eigene Wohnzimmer in guter Klangqualität mit den schönen Tönen der Dixie Chicks beschallt. Statt einer Synchronisation gibt es dafür deutsche Untertitel.
Bei den Extras wurde ziemlich gespart, es gibt nur ein paar kurze Interviews und den Kinotrailer. Eine Diskographie der Dixie Chicks oder Ähnliches wäre sehr schön gewesen.