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 Viermal um die ganze Welt

Bekenntnisse eines Öko-Sünders


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis


Für einen Ehering braucht man zwei Tonnen aus dem Erdboden herausgelöstes Erz, fünf Tonnen Wasser, dreißig Tonnen in die Tiefe gepumpte Kühlluft, eine nicht genau quantifizierbare Menge an Elektrizität und zehn menschliche Arbeitsstunden - für das Gold, das in einem zehn Gramm schweren Ring zu finden ist.

Diese und Hunderte weitere Tatsachen verbindet der Journalist Fred Pearce zu einem spannenden, ungemein interessanten und oft verstörenden Bericht. Seine "Bekenntnisse eines Öko-Sünders" versuchen den Dingen auf die Spur zu kommen, die jeder normale Bürger einer westlichen Industrienation weltweit für sich verbraucht. Ob Kaffee, Garnelen, Bier, Gewürze, Baumwolle, Bananen, Computer oder alles, was an Müll abfällt und ebenfalls irgendwo in der Welt wieder von Menschen zu Produkten verarbeitet wird, die dann abermals in den weltweiten Kreislauf der Rohstoffe und Produkte einfließen.

In sieben Kapiteln geht Pearce der Frage nach, welche Menschen welche Dinge für ihn und seinen Haushalt der Erde entreißen oder herstellen, was dies für deren Leben bedeutet und welche Folgen sein und unser aller Tun für die Erde hat.

Zunächst widmet er sich den Lebensmitteln, die er verbraucht und benötigt, haben will oder sich wünscht. Er reist an die Orte, wo die Garnelen seines Currys herkommen, was die Arbeiter in den Garnelen-Farmen dafür tun müssen, wie sie vegetieren und wer alles an seinem Hunger nach diesem exotischen Produkt verdient. Dann geht er auf Spurensuche nach Bier, Käse, Gemüse, Zucker, Palmöl, Bananen und Kakao. Immer hat Pearce dabei den Menschen im Blick, sein Schicksal und sein Leid, um den "Westler" und seine Bedürfnisse zu befriedigen. Daneben errechnet er den Verbrauch an Kohlendioxid, Ressourcen und Natur, der damit einher geht.

Nach der Suche nach den Ursprüngen seiner Kleider sucht er die Minen und Bergwerke auf, sucht die Menschen, die das Aluminium seiner Bierdose und die anderen Metalle fördern, die der Normalbürger so dringend braucht. Von Australien bis China, Dhaka bis Kasachstan führt ihn seine Reise und immer wieder sind die Ergebnisse überraschend. Gelegentlich hoffnungsvoll, manchmal ernüchternd, meistens aber eher schockierend und entsetzlich. Sklaverei und Ausbeutung ist meistens am anderen Ende der Produkte zu finden, die unser tägliches Leben so angenehm machen.

Ein kurzes Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, wo Müll und ausrangierte Produkte landen, wer sie recycelt und wieder in den Warenkreislauf gibt. So unterschiedliche Dinge wie Aludosen, Handys, Plastikmüll und Altpapier landen ganz woanders als erwartet. Ob in Nigeria, China oder in indischen Slums, immer sind es die Ärmsten, die unseren Müll nach Verwertbarem durchkämmen - und sei es auch nur die alte Computerplatine, die ein Kind in ein Fass mit Säure taucht, um das bisschen Kupfer herauszulösen.

Im letzten Kapitel versucht Pearce den deprimierenden, meist für uns überaus peinlichen Eindruck zu verwischen, dass wir letztlich überall auf der Welt für Ausbeutung, Sklaverei und sogar Krieg verantwortlich sind, um bequem leben zu können. Er versucht zu relativieren und die wenigen Schimmer der Hoffnung aufzuzählen, die er bei seiner weltweiten Suche gefunden hat. Er macht Mut und schildert, mit welcher Energie und Erfindungsgabe überall auf der Welt die Armen und Entrechteten, die Bauern und Tagelöhner versuchen, ihr Leben erträglich zu gestalten, die Welt nicht zu vernichten, sondern Ökologie und Ökonomie zu verbinden, Nachhaltigkeit zu leben und die Zukunft unseres Planeten nicht aus dem Blick zu verlieren.

Doch so eloquent und spannend, so interessant und lehrreich Pearce auch schreibt, so wichtig sein Buch auch ist und so lesenswert - gerade für uns, denen es gut geht, die die Welt über Gebühr "verbrauchen" -, so deutlich geht dieses Kapitel daneben. Denn eins ist nach der Lektüre überaus deutlich geworden. Wir, der reiche Brite, Europäer, Amerikaner sind es, die unseren Planeten in den Abgrund wirtschaften, Armut und Krieg anderenorts in Kauf nehmen, um immer billiger alles haben zu können, was immer wir wollen. Wenn wir das nicht ändern, nicht lernen, nachhaltig zu verbrauchen und ökologisch zu wirtschaften - auch in Gebieten, die auf der anderen Seite des Planeten liegen - endet alles im Desaster, in der Klimakatastrophe, im Elend.

Dieses Buch ist brillant geschrieben, oft hoch spannend, deprimierend ehrlich und entsetzlich deutlich. Die einzige Kritik, die man Pearce vorhalten muss, ist die zu positive Bilanz und die Tatsache, dass das Buch naturgemäß sehr britisch ist und den Verhältnissen in England nachspürt - man merkt immer wieder, wie anders die Uhren im Königreich jenseits des Kanals gehen. Doch gelesen haben sollte man "Viermal um die ganze Welt" unbedingt - man lernt einfach eine ganze Menge über sich und seine Verantwortung den Menschen auf dieser Erde gegenüber.

Stefan Erlemann



Hardcover | Erschienen: 01. September 2008 | ISBN: 9783771643836 | Originaltitel: Confessions of an Eco Sinner | Preis: 19,95 Euro | 398 Seiten | Sprache: Deutsch

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