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 Warum die Arche nie gefunden wird

Biblische Geschichten archäologisch entschlüsselt


Cover
Gesamt +++--
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Preis - Leistungs - Verhältnis
Mehrere tausend Jahre sind sie alt und noch immer faszinieren die Geschichten des Alten Testaments die Menschen. Seit jeher stand dabei neben der religiösen Komponente auch die Frage im Raum, was denn an diesen dran sei? Ob diese anhand irdischer Überreste lokalisiert beziehungsweise verifiziert werden können? Häufig waren an der Erforschung dieser Fragen nicht nur wissenschaftliche Experten beteiligt, sondern "schwärmerische Laien", die ihre Ergebnisse auf leidenschaftliche Art und Weise der Öffentlichkeit präsentierten. Die Folge: Zahlreiche abstruse Theorien, die den Garten Eden gar in Missouri verorten. Wie gut, dass der Autor des vorliegenden Buches, der Amerikaner Eric H. Cline, nicht zu dieser letztgenannten Gruppe gehört, sondern der Sache als Archäologe und Althistoriker nachgeht.


Während der Recherchen zu diesem Buch war ich verblüfft und, ehrlich gesagt, entsetzt über das Ausmaß an pseudowissenschaftlichem Unsinn, der zu diesen Themen geschrieben worden ist, vor allem im Internet.


Im Zentrum des Bandes stehen dabei mit dem Garten Eden, der Arche Noah oder Sodom und Gomorrha Schlüsselgeschichten der Menschheit, die in vielfältiger Weise Teil unserer Kultur sind und immer wieder in unterschiedlichsten Kontexten herangezogen werden. Mit Mose, Josua, den Zehn Verlorenen Stämmen Israels und der sagenumwobenen Bundeslade befasst sich Cline zudem mit Geschichten, die tief im Selbstverständnis des israelischen Volkes rühren.

Machen sich Archäologen auf, die Geheimnisse der Bibel zu entschlüsseln ist ihnen eines gewiss: Aufmerksamkeit. Nicht umsonst tummeln sich zahlreiche Hobbyarchäologen in diesem zwielichtigen Metier. Auf der anderen Seite kann seitens der professionellen Archäologie eine auffallende Zurückhaltung festgestellt werden, wenn es um die archäologische Entschlüsselung von biblischen Geschichten geht. Dabei wäre ein kritischer Blick wie ihn Eric H. Cline in dem vorliegenden Buch wagt gerade wichtig, um so manchen Humbug zu entlarven.

Das Buch selbst beruht nicht auf eigenen Forschungen, sodass Leser keine grundlegend neuen Erkenntnisse zu erwarten brauchen. Vielmehr stellt Cline verschiedene Theorien oder Hypothesen, die im Laufe der Jahrzehnte entwickelt wurden, nebeneinander, um deren Wahrheitsgehalt zu beurteilen und sich so dem historischen Kern biblischer Geschichten anzunähern. Doch Euphorie kommt dabei nicht auf, denn wie bereits der Titel des Buches andeutet, lautet die Quintessenz allzu oft, dass wir nichts oder kaum etwas wissen - und wohl auch zukünftig wissen werden. So gleichen die dargelegten Theorien oftmals einem Stochern im Nebel. Dass dies so ist, kann Cline nicht angelastet werden - er dokumentiert den Forschungsstand ja nur. Allerdings ist so mancher Leser vielleicht geneigt zu sagen: Wozu dieses Buch, wenn am Ende nur feststeht, dass wir kaum etwas wissen oder - in Clines Worten - die Arche nie finden werden. Denn auch wenn der Autor mit seiner eigenen Meinung nicht spart, enthalten auch seine Aussagen einfach zu viele "Vielleichts" und vage "Wahrscheinlichkeiten", die eben genauso wenig auf wissenschaftlichen Befunden beruhen:


Vorstellbar ist in meinen Augen ansonsten nur, dass die Lade irgendwo unter dem Tempelberg vergraben liegt, aber ich halte es für wahrscheinlicher, dass sie 586 v. Chr. von Nebukadnezars Armee zerstört wurde.


Daran kann auch der versöhnlich verfasste Epilog nichts ändern, denn was hier Cline als Teilerfolg anpreist, muss eben auch mit Prädikaten wie "höchstwahrscheinlich", "weder bestätigen noch widerlegen", "weiterhin nicht" oder "am ehesten" leben.

Freilich legt Cline ausgehend vom Wortlaut der Bibel die archäologischen Puzzlesteine fein säuberlich auseinander. Der Reiz des Buches liegt jedoch wohl weniger beim Erkenntnisgewinn selbst, sondern bei den dubiosen Personen, die sich die Erforschung dieser biblischen Geschichten auf die Fahne geschrieben haben - zwielichtige Gestalten wie der Anästhesiepfleger Ron Wyatt, der nichts anderes behauptet als Sodom und Gomorrha als historisches Ereignis entschlüsselt zu haben, genauso wie er die Arche Noah, die Bundeslade oder die Route des Exodus entdeckt zu haben behauptet. Oder Bob Cornuke, einem ehemaligen Polizeiermittler, dessen Entdeckung - an Holz erinnernde Felsformationen in Bugform - bei Experten jedoch auf große Skepsis stieß und mit geologischem Hintergrundwissen zurückgewiesen wurde.

FAZIT: Ein Buch, das Licht ins Dunkel bringen will und letztlich doch nur eines mit letzter Gewissheit sagen kann: Mit archäologisch gesicherten Erkenntnissen ist dem Alten Testament nur wenig beizukommen. So bleiben die ältesten Geschichten der Bibel im Lichte der Archäologie eben doch nur Geschichten, die auf dem Glauben beruhen - nicht mehr und nicht weniger.

Weitere Informationen sowie ein Blick ins Buch finden sich auf der Webseite des Verlags.

Matthias Jakob Schmid



Hardcover | Erschienen: 12. September 2016 | ISBN: 978-3806233858 | Originaltitel: From Eden to Exile | Preis: 24,95 Euro | 308 Seiten | Sprache: Deutsch

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