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 Wie das Wetter Geschichte macht

Katastrophen und Klimawandel von der Antike bis heute


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Was wäre gewesen, wenn am 8. November 1939 nicht dichter Nebel über München gelegen hätte? Oder: Wie lange hätte der 2. Weltkrieg noch angedauert, wenn sich am 6. Juni der Sturm, der über den Atlantik herrschte, nicht für kurze Zeit verflüchtigt hätte? Im ersten Falle wäre Hitler vielleicht dem Attentat im Münchner Bürgerbräukeller zum Opfer gefallen, im zweiten Fall hätte die deutschen Truppen womöglich noch lange Zeit Frankreich besetzt gehalten. Doch nicht nur das Wetter, sondern vor allem auch klimatische Veränderungen sind seit jeher eine der Einflussgrößen, welche die Zeitläufte bestimmen - sei es die mittelalterliche Wärmeperiode, die ein beschleunigtes Bevölkerungswachstum möglich machte, oder die "kleine Eiszeit" zwischen 1315 bis 1850, welche mit Kälte und Trockenheit die Menschheit im Griff hatte, gleichzeitig aber auch ganz neue Optionen, wie den Kriegszug des schwedischen Königs Karl X. Gustav gegen Dänemark über den zugefrorenen Großen und Kleinen Belt boten. Hinzu kamen immer wieder auch Vulkanausbrüche, die mehr oder weniger langfristige Einschnitte auf die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung hatten. All diese Ereignisse und Phasen hat der in Washington D.C. lebende Buchautor und Wissenschaftskorrespondent in dem vorliegenden Sachbuch zusammengetragen.


Das Wetter war zwar keine Ursache der Revolutionen, aber es war ein Katalysator, der Ereignisse mit auf den Weg brachte, die sonst möglicherweise in anderer Abfolge und in einem anderen Zeitrahmen stattgefunden hätten.


In 29 kurzweiligen Kapiteln zeigt Ronald D. Gerste "wie das Wetter Geschichte macht". Doch so prägnant der Titel auch sein mag, weist der Autor korrekterweise bereits am Ende seines Prologs darauf hin, dass das Wetter und vor allem auch das Klima nur einzelne von vielen Faktoren sind, die in Kombination mit anderen Aspekten auf die Weltgeschichte Einfluss nahmen. Dies hat zur Folge, dass sich die episodenhaften Kapitel zum Teil länger mit diesen anderen Faktoren oder mit der Vorgeschichte eines bestimmten Ereignisses beschäftigen (müssen). Das Buch ist so auf der einen Seite sehr gut lesbar, da es kaum Vorwissen voraussetzt. Auf der anderen Seite nimmt dadurch das eigentliche Thema, die Einflussnahme des Wetters beziehungsweise des Klimas auf die Zeitläufte, weitaus weniger Platz ein, als der Titel suggeriert. Gerade was kurzfristige Wetterereignisse anbelangt, gibt das Wetter einfach zu wenig her um eine tiefergehende Berechtigung zu rechtfertigen. Aufgrund dessen beschränkt sich beispielsweise das Kapitel "Sommerhitze über der Wolfsschanze" mit seinem "Was-wäre-wenn-gewesen"-Modus auf lediglich zwei Seiten. Bisweilen füllt Gerste die Lücken mit mehr oder weniger zielführenden Exkursen wie dem "Großen Brand von London" im Jahre 1666.


Der endlose Regen traf auf eine Gesellschaft, bei der das demografische Wachstum nicht mit einer Verbesserung der Infrastruktur einherging, die das hochmittelalterliche Europa vor plötzlichen Versorgungskrisen zumindest einigermaßen geschützt hatte.


Deutlich interessanter wird es da schon, wenn Klimaveränderungen weitreichende Veränderungen der Lebensumstände zur Folge hatten wie beim "langen Regen" im 14. Jahrhundert. Im vorliegenden Fall zum Beispiel auf die Salzgewinnung oder die Kriminalitätsrate. Allzu tief steigt Gerste allerdings auch hier nicht ein, sondern legt nur die Grundlinien dieser Zusammenhänge dar. Ähnlich ist es in dem etwas aus der chronologischen Reihe gefallenen Kapitel zu den "Zeugnissen der Klimageschichte", das die wissenschaftlichen Methoden, um die Klimageschichte zu erforschen, lediglich anreißt und einen groben Einblick vermittelt. Auffällig ist zudem, dass Gerste innerhalb der einzelnen Kapitel immer wieder eine klare Linie in seiner Darlegung vermissen lässt und recht wahllos in seinen Ausführungen hin- und herspringt.

Ergänzt wird der Band durch einzelne Abbildungen, durchgehend in Schwarz-Weiß, die vor allem illustrierenden Charakter haben. In der Auswahl recht beliebig besitzen diese kaum eine eigene zum Thema passende Aussagekraft und wären auch aufgrund der dürftigen Abbildungsqualität letztlich verzichtbar gewesen. So ist das episodenhaft gestaltete Buch zwar recht unterhaltsam und kurzweilig zu lesen, von der Sache her aber zu oberflächlich. Auch wenn Ronald D. Gerste versucht, die großen Linien aufzuzeigen, bleibt der Band daher insgesamt nur Stückwerk.

Weitere Informationen sowie ein Blick ins Buch finden sich auf der Webseite des Verlags.

Matthias Jakob Schmid



Hardcover | Erschienen: 11. Januar 2016 | ISBN: 9783608949223 | Preis: 19,95 Euro | 288 Seiten | Sprache: Deutsch

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