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In Frankfurt am Main haben sich sechs Mütter von behinderten Kindern in einer Gruppe zusammengetan. Aus den Erfahrungen dieser Gruppe heraus entstand das Buch "berührt", in dem die Mütter aus ihrem Alltag und dem ihrer behinderten und nicht behinderten Kinder erzählen: in Form von Geschichten oder auch lyrischen Texten, ungeschminkt, spontan, zornig, glücklich, abgrundtief traurig, enttäuscht, je nach der erlebten Situation.
Zunächst stellen sich die Familien vor. Es sind ganz gewöhnliche Familien, Paare, die sich auf und über ihr Baby freuen, bis eine Diagnose ihre bis dahin recht heile Welt brutal zum Einsturz bringt; Down-Syndrom, Perisylvisches Syndrom, Angelman-Syndrom und so weiter werden von nun an ihr Leben bestimmen.
Manche Familie wird mit der Diagnose sitzen gelassen und muss sich selbst mühsam Informationen zur Behandlung und zu den dem Kind rechtlich zustehenden Hilfen und Maßnahmen zusammensuchen - und die Letztgenannten nicht selten mühsam erkämpfen. Andere erhalten frühzeitig kompetente Hilfe. Trotzdem tut sich sogar der engere Familienkreis schwer mit dem besonderen Mitglied. Da wird der behinderte Cousin nicht zum Kindergeburtstag eingeladen, oder es fallen unbedacht - wirklich immer unbedacht? - herzlose Sätze. Umso schwieriger gestaltet sich der Umgang mit Außenstehenden, die sich unsicher oder ganz einfach dumm-diskriminierend verhalten. Wobei manche Autorin selbst eingesteht, dass es nicht immer einfach ist, das rechte Wort, den rechten Ton zu finden. Denn natürlich stellt sich mit der Zeit und nach einschlägigen Erfahrungen auch eine gewisse Empfindlichkeit ein, vor allem bei den Eltern - die nicht behinderten Geschwister wachsen in diesen Familien offensichtlich gut in die Situation hinein, auch wenn sie oft zurückstecken müssen.
Plätze in integrativen Kindergärten sind in Frankfurt relativ gut zugänglich, aber auch dort ist die Integration nicht immer ideal. Als umso brisanter erweist sich das Thema Schule: Integration ist diesbezüglich kein Thema für die (Landes-) Politik, Plätze sind sehr rar, und die zuständigen Sonderschulen können auf das einzelne Kind nicht eingehen. Selbst Privatschulen und integrative Schulen haben jedoch manchmal eine eigenartige Philosophie und sorgen für Enttäuschungen. Der zermürbende Kampf um Zukunftschancen für die behinderten Kinder nimmt den Eltern viel von der Kraft, die sie so dringend für ihre Kinder benötigen.
Die Beiträge im Buch ermöglichen es dem Leser, Gefühle und Nöte, aber auch beglückende Aspekte im Zusammenhang mit dem Leben an der Seite eines behinderten Menschen unmittelbar zu erfahren. Vor allem erhält man eine Ahnung von den Anforderungen, den Sorgen und dem Druck, denen Eltern behinderter Kinder täglich ausgesetzt sind. Als mehr oder weniger Außenstehender begreift man, was eine unbedachte, nicht einmal unbedingt "böse" gemeinte Äußerung Eltern oder Geschwistern gegenüber anrichten kann.
Eine Art Gebrauchsanleitung für den Umgang mit Behinderten und ihren Familien kann das Buch natürlich nicht bieten, das entspricht auch nicht der Intention der Autorinnen. Aber es weckt Verständnis und den Wunsch, solchen besonderen Familien beim Versuch zur Seite zu stehen, eine gewisse Normalität zu leben. Und Familien mit behinderten Kindern können daraus manche nützliche Information beziehen und die Erfahrung machen, dass sie nicht allein sind mit ihren Emotionen.
Die sechs kleinen Persönlichkeiten auf dem Einband blicken dem Betrachter fröhlich oder auch aufmerksam-ernst entgegen. Im Grunde, das vermittelt dieses Buch sehr eindrucksvoll, sind sie nichts anderes als Kinder, nur eben auf ihre Art besonders, und genau dies ist der Schlüssel zu einem aufgeschlossenen Miteinander, an dem es unserer Gesellschaft noch immer mangelt.