Media-Mania.de

"Die Hörspiel 2010"

Wenn jemand eine Reise tut ...

Am 19. Juni 2010 fand in Hamburg "die Hörspiel 2010" statt, eine Messe rund um Hörspiele, Synchronsprecher und Produzenten. Dabei gab es etliches zu hören und zu sehen, was wir euch nicht vorenthalten wollen.

Anfahrt und Location:
Aus dem schönen Ruhrgebiet startete unsere Reise in die Metropole Hamburg, denn dort fand die Messe statt, allerdings in diesem Jahr in der "Markthalle", statt im "Hühnerposten", wie noch im Jahr zuvor. Für die Anreise ist das kein großer Wandel, denn die beiden Hallen liegen nur wenige Meter auseinander, für den Aufbau und die Struktur der Messe war diese Entscheidung allerdings ein wichtiger Punkt mit einer doch nicht zu verachtenden Konsequenz.

Während im "Hühnerposten" viel Platz für die Aussteller und Verkaufsstände zur Verfügung stand und die Bühne recht klein und gedrängt ausfiel, so hat sich dieses Bild mit dem Wechsel des Veranstaltungsortes total gedreht. Die "Markthalle", welche eigentlich für kleinere Konzerte genutzt wird, bot den Schaustellern und Verkaufsständen nur sehr wenig Raum. Dicht gedrängt wurden die interessierten Kunden durch die Vorräume an den Ständen vorbei geschoben, was bei vielen Frust aufkommen lies, denn wirklich gucken, hinein hören in Hörspiele oder ein bisschen plaudern mit den Machern erforderte viel Geduld.

Wer Geduld mitbrachte wurde allerdings belohnt, denn viele Angebote waren verlockend, auch wenn hier die Meinungen auseinander gehen werden. Dazu jedoch später mehr, zuerst wird die Bewertung des Veranstaltungsortes abgeschlossen.
Die Vorräume wurden also als Verkaufsfläche genutzt und wurden subjektiv von vielen Besuchern und Ausstellern als Verschlechterung empfunden, wie im privaten Gespräch durchaus festgestellt werden konnte. Entschädigen konnte für diesen Umstand allerdings die starke Verbesserung im Bühnenbereich. Statt einer kleinen Bühne konnten hier zwei Bühnen genutzt werden, was durchaus eine starke Sache ist. Auf der kleineren Bühne wurden "Talk und Specials" durchgeführt, die große Bühne wurde für "Live und Talk" benutzt.

Die Verteilung der Events auf zwei Bühnen ist vollauf als gelungen zu bezeichnen, denn dadurch wurden die angebotenen Veranstaltungen entflochten und es blieb bei den Veranstaltungen Luft zum Atmen. Nicht, dass die angebotenen Aktivitäten nicht wahrgenommen wurden, nein, voll war es, aber durch die Raumgröße konnten die Angebote in sehr entspannter Atmosphäre verfolgt werden, was definitiv ein großer Pluspunkt ist.

Ein kurzer Abstecher zur "eingebauten" Gastronie muss erlaubt sein und sollte auch nicht fehlen in einem Review. Die Preise für die Getränke waren vollkommen in Ordnung und das Personal sehr freundlich. Eigene Getränke wurden am Eingang enttäuschten Besuchern abgenommen, was diese sicherlich verärgert hat, denn in den Vorräumen schien es schier unendlich heiß zu sein. Kein Lüftchen regte sich dort, so dass viele immer wieder einen Abstecher vor die Tür unternahmen, um abzukühlen.

Bühnenprogramm
Wie bereits erwähnt, gab es zwei Bühnen und etliche Veranstaltungen, welche natürlich auch überschneidend liefen, so dass man die Qual der Wahl hatte, was gesehen werden wollte. Leider konnte ich mich nicht zweiteilen, daher hier nun der Eindruck der von mir besuchten Programme.

Ohrkanus
Um Punkt zwölf gab es auf der kleinen Bühne einen Rückblick auf den "Ohrkanus", einen besonderen Hörspielpreis (http://www.ohrkanus.de), welcher sich durch sein innovatives Vergabekonzept, derzeit einer besonderen Beliebtheit erfreut. Unter anderem gab es einen doch recht selbstkritischen Blick zurück auf die Veranstaltung im Talk mit unter anderem Patrick Holtheuer (den meisten wohl als Captain Blitz (hoerspielhoelle.de) bekannt) und Günther Merlau (unter anderem bekannt durch die genialen Hörspiele rund um CAINE). Dabei wurden generelle Ansprüche des Preises, die Vergabekriterien, der Einbezug von Machern und Fans und weitere Details diskutiert. Nett umgesetzt, erstaunlich offen und mit viel Potential für die nächsten Jahre, denn die Initiatoren des Preises haben noch eine ganze Menge vor.

Ohrigami
Um 12.30 stand der nächste vielversprechende Punkt auf der Programmliste. "Ohrigami – Letzter Tanz im Varieté" wurde als Live-Hörspiel präsentiert. Hier wurde erstmals deutlich wie viel Potential diese große Bühne besitzt. Die Akteure gaben sich viel Mühe, denn jede noch so kleine Aktion wurde visuell mit Verkleidung und Requisiten unterstützt. Zum einen gehört allein so ein Engagement gelobt, zum anderen waren auch die Präsentation und die Geschichte klasse.

Ferienbande
Schnell wurde wieder von der großen zur kleinen Bühne gewechselt, denn es stand ein Talk mit Kai Schwind, Tim Buchholz (den Machern der Ferienbande) und Corinna Wodrich (von Europa) an. Locker, aus dem Nähkästchen plaudernd, wurde über die Ferienbande, den Anspruch des Hörspiels, Specials und Zukunftspläne gesprochen. Dabei wurde neben den Einblicken in die Beweggründe auch über Tabus in der Hörspielszene, Bühnenumsetzungen und das Ende der aktuellen Folge ("Die Ferienbande und der kolossale Terror") diskutiert. Ein sehr interessanter Talk mit viel Spaß und Unterhaltung.

Peter Lundt
Die Liveaufführung von Peter Lundt, dem blinden Detektiv, war recht ernüchternd. Die Folge "Peter Lundt und das Keuchen des Karpfens" wurde auszugsweise(!) live gesprochen und das leider mit einem recht niedrigen Unterhaltungswert. In Erwartung von Action und Schauspiel wurde diese Aufführung leider schnell als schwach empfunden. Zwar saßen und standen eine Menge Sprecher auf der Bühne, aber nur abzulesen und zu sprechen ist doch etwas langweilig und das im selben Maß für Sprecher und Zuschauer. Das konnte auch deutlich gesehen werden. Beim Blick ins Publikum trafen sich viele Augenpaare, welche in der Gegend umher schweiften und auch auf der Bühne waren einige (augenscheinlich) nicht so glücklich damit, dass sie nur kurz ihren Text vorzutragen hatten und dann zum Lauschen verdammt waren.
Genial in diesem Zusammenhang war Angela Quast mit der bekannten "Anzieh-Szene" – toll gesprochen und live ein Genuss, auch wenn der restliche Auftritt nur vor sich hin dümpelte und das Live-Hörspiel dem Zuhörer/Zuschauer auch nicht das Ende der Folge vortrug. Insgesamt war Lundt leider enttäuschend. Ein halbes Hörspiel auf der Bühne ohne den geringsten Ansatz von Bühnenarbeit, das haben Ohrigami zuvor und das Dorian Hunter-Team (später) wesentlich besser verpackt.

Bis(s) zum Abwinken
Gegen 17 Uhr startete die Lesung von Annina Braunmiller, der deutschen Synchronstimme von Bella aus den Bis(s)-Filmen, welche von einem recht hohen Anteil an weiblichen Fans besucht war. Auch wenn nur Teile des Programms in meine Ohren gelangten, da eigentlich die anschließende Dorian Hunter-Vorstellung das Interesse geweckt hatte, so lässt sich auch hier ein Fazit ziehen. Annina Braunmiller erschien recht sympathisch mit ihrem "Stimmchen" und der Stimmung vor der Bühne zufolge war ihr Auftritt wohl auch einer voller Erfolg. Inhaltlich sind die Bis(s)-Werke gar nicht mein Fall, aber diese Stimme hat Potential, mal schauen, wo wir in Zukunft mehr von der Dame hören werden. Die Fans der Reihe wurden auf jeden Fall im Anschluss an die Lesung mit einigen interessanten Anekdoten aus Braunmillers "Vampirleben" versorgt.

Dorian Hunter
Der krönende Abschluss des Abends war dann die Mischung aus Live-Hörspiel und Talk rund um die Serie Dorian Hunter. Bühnentauglich umgesetzt und mit viel Spaß für die Zuschauer wurden einige Szenen aus der elften Hunter-Folge aufgeführt. Zwischendurch wurden immer wieder kleine Talk-Runden mit den Sprechern durchgeführt. An sich eine super Idee, welche klasse umgesetzt wurde. Die Geschichte mit dem Jogurt war unterhaltsam und es hat Respekt verdient, dass die Beteiligten sich auf so etwas einigen konnten. Dorian Hunter hat also neben seiner Qualität als Serie auch noch humorvolle Sprecher und Macher– klasse.

Shopping – Ergüsse
Natürlich kam ich auf der Messe in die Versuchung zu sündigen und nach mehrmaligem Rundgang, welcher immer mal wieder durch die etwas beengte Location unterbrochen wurde, musste ich auch zuschlagen und mich mit einigen Hörspielen eindecken.
Die Angebote an den Ständen luden zum Kauf ein. Kleinere Pakete zu "Einsteigerpreisen" wurden angeboten und auch die große Verkaufsfläche von pop.de lud natürlich zum stapelweisen Herausschleppen von CDs ein.

Neben den Gratisproben, unter anderem die Alster-Detektive, Darkside-Park, einer Promo-CD aus den MindCrusher studios oder auch Hellboy, konnte ich so auch günstig an DSA, Kurzarbeit, Mitschnitte, Sherlock Holmes, Feeder ... CDs herankommen.
Dabei gab es durchaus auch die Möglichkeit zum angeregten Plausch über Hörspiele, Werke, Ideen und Umsetzungen und natürlich auch für Fotos, was rege in Anspruch genommen wurde.

Fazit:
Insgesamt präsentierte sich "die Hörspiel" als recht kompakte Veranstaltung. Die Location war im Hinblick auf die Bühnen und die dortigen Veranstaltungen ein Volltreffer. Für den Einkaufsbummel, die Autogrammstunden oder das lockere Gespräch war der Vorraum ein kleiner Alptraum.
Das Liveprogramm bot sehr starke und auch schwache Auftritte, wobei die Talk-Runden im Allgemeinen recht interessant waren und die Stimmung im Zuschauerraum immer gut schien. Das gebotene Programm war ordentlich, bleibt nur die Frage, ob 15 Euro Eintritt dafür angemessen erscheinen, denn im Prinzip musste gezahlt werden, um innen einzukaufen. Natürlich waren es die Liveveranstaltungen wert, dass man dafür etwas bezahlt, fragt sich nur, ob 15 Euro nicht ein wenig zu hoch angesetzt sind.

Was bleibt? – Das Kuriose zum Schluss mit Schmunzlern.
Die Messe live zu erleben ist auf jeden Fall ein Highlight, selbst wenn die Anfahrt nach Hamburg etwas dauert (aus dem schönen Ruhrgebiet heraus). Für dieses Ereignis quälten wir uns gerne von Essen nach Hamburg, über zugesperrte und tempolimitverseuchte Autobahnen – nicht selten mit nur 60 oder 80 km/h.

Spaß und Witz gab es an vielen Ständen und gute Unterhaltungen wurden mitten im Gang vor der VIP-Lounge geführt. Macht auch viel mehr Spaß sich zu unterhalten, wenn vor und hinter einem - manchmal auch zwischen einem selbst und dem Gesprächspartner – sich die Leute durch schieben – so standen wir wenigstens auch einmal im Mittelpunkt.

Auf der Hörspielmesse kannst du mit Ameisenfühlern auf dem Kopf herum laufen und der Großteil der Leute findet das auch noch total toll – wir auch! Soviel Spaß muss sein und da wir gerade bei visuellen Ereignissen sind: Für die Messe hatten sich einige Herren wie Damen ansehnlich heraus geputzt, spontan fällt mir dazu Eva (von Lausch) ein, eine Augenweide an diesem Tage. Hörspielmessen sind also nicht nur was für die Ohren.

Nicht ganz ernst genommen werden können leider die Gerüchte, dass die nächste ???-Tour eine "on ice"-Tour wird, schade, das wäre sicherlich lustig geworden.

Auf dem Hin- und Rückweg zu einer Hörspielmesse mussten wir natürlich Hörspiele konsumieren und was bleibt da noch zu sagen: Drei Folgen Knickerbockerbande lassen einen Tag sehr gut anfangen und einen Hörspiele wieder richtig zu schätzen wissen. Spätestens auf dem Rückweg, bei einer Runde Kurzarbeit und Andi Meisfeld, war uns klar, nächstes Jahr werden wir wieder da sein.

(An dieser Stelle noch ein großes Dankeschön an lord gösel, auf dessen Bildmaterial ich hier teilweise zurückgreifen musste, da meine Kamera bei der Dunkelheit teilweise schlapp gemacht hat und der sich mit mir zusammen durch Hamburg und die Messe geschlagen hat, ohne dabei seinen Humor zu verlieren).

Nicolas Gehling, 09.08.2010