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"Unabhängige Berichterstattung", so der Autor, bedeute "die Freiheit des Journalismus von den Sprachschaffungen politischer Akteure". Nicht aber nur um die Freiheit des Journalismus geht es dem Autor in diesem Buch, sondern um die kritische Distanz eines jeden Menschen zu der Sprache der Politik.
Wie aber soll das vor sich gehen? Hier umreißt George Lakoff im Gespräch mit Elisabeth Wehling einen Theoriebaustein, der zunächst arm aussieht, tatsächlich aber sehr mächtig sein kann, ist er erstmal eingeübt. Lakoff sieht die Ursache unkritischer Sprachpolitik in der Unbedachtheit von Metaphern.
Metaphern sind dabei Wörter, die in fremde Wortfelder hineingebracht werden, dort Wörter ersetzen und durch ihre Bildhaftigkeit bestimmte Wirkungen auslösen. Wenn zum Beispiel Klaus Brandner sagt (Parlamentsdebatte 7.12.2008): "Das trägt zur Belebung der Konjunktur bei,
", dann behandelt er die Wirtschaft wie einen schwächelnden Körper. Nun ist eine Volkswirtschaft aber kein Körper mit Organen und Instrumente zur Steuerung des Arbeitsmarktes sind kein Doping. Auch andere Redner dieser Debatte greifen aber auf ähnliche Metaphern zurück. So strukturieren sich die Ansprachen über einen fremden Bereich. Auch dass die Banken oder die Wirtschaft in einer Krise stecken, ist eine Metapher. Denn in einer Krise - einer existentiellen Notlage - stecken eigentlich Menschen, die von der Situation einer Bank betroffen sind. Während dabei die Wirtschaft wie ein Lebewesen behandelt wird, werden umgekehrt die Folgen für die Menschen "abgemildert", und die Arbeitgeber "entlastet", als ob es sich hier um eine Speise (im ersten Fall) oder ein Transportmittel (im zweiten Fall) handeln würde. Was unter den Metaphern also zum Vorschein kommt, ist eine Umkehrung der Bilder: der Arbeitnehmer ist Restaurantgast, der Arbeitgeber Mittel und die Wirtschaft ein Lebewesen.
Freilich: So einfach ist das Ganze dann doch nicht. Wichtig ist vor allem dabei, dass die Metaphern nicht aus irgendwelchen Bereichen kommen, sondern bestimmte Themen sich beständig wiederholen. Diese bildspendenden Bereiche gilt es zu analysieren, aufzudecken und ihre Wirkung zu erforschen.
Lakoff zeigt, dass Metaphern nicht nur unbewusst wirken, indem sie bestimmte Werte vermitteln. Sie machen auch denk"blind". Metaphern verhindern, dass wir bestimmte Zusammenhänge erkennen und so zu alternativen Denkmodellen kommen.
Ganz explizit analysiert Lakoff den sogenannten Kampf gegen den Terrorismus. Er wendet sich bereits gegen den Begriff des Terrors (das englische terror bedeutet Schrecken), der ein Gefühl an die Stelle einer differenzierten Analyse eines politisch motivierten Verbrechens setzt. Ebenso gefährlich sind die Übertragungen familiärer Modelle in den Bereich der Politik.
Mehrere Metaphern aus demselben bildspendenden Bereich nennt Lakoff Metaphernkomplexe. Manche sind so erfolgreich, dass sie uns kaum bewusst werden. So werden Diskussionen sehr häufig mit Metaphern aus dem Bereich des Zweikampfes und Krieges verdeutlicht und verhindern so, dass wir Diskussionen als Kooperationen begreifen können. Und im Falle des Irakkriegs waren familiäre und emotionale Metaphern so erfolgreich, dass sie den Krieg unhinterfragt in den Journalismus hineingetragen haben und von dort aus in die (amerikanische) Bevölkerung. Lakoff hat - und dies begründet er mit solchen kriegsverharmlosenden Metaphern - den Satz geprägt: "Metaphern können töten."
In zahlreichen Abschnitten unterhalten Lakoff und Wehling sich über die ganz praktische Wirkung von Metaphern, aber auch über die theoretischen Hintergründe. Es geht um die Grundlagen dieser Metapherntheorie, es geht um den Transport von Werten, es geht um blindmachenden und aufheizenden Gebrauch. Derrida schreibt in seinem Text
Das Schwinden der Metapher: "Von diesem Fahrzeug [also der Metapher] sind wir durch gewisse Muster - metaphorisch natürlich, und durch den Modus des Bewohnens - der Inhalt und der Wortlaut: flüchtig, eingeschlossen und deplatziert durch die Metapher."
Vieles in dem Buch ist Wiederholung, und manches hätte gekürzt oder durch Zusammenfassungen ersetzt werden können. Dennoch ist es sinnvoll, hier zahlreiche Beispiele zu geben - gerade weil heute eine große Verwirrung über den Metaphernbegriff herrscht und dieser teilweise aus Unkenntnis, teilweise aus Geschäftstüchtigkeit verhunzt wird; gerade aus diesen Gründen sind die wesentlich präziseren Definitionen von Lakoff gut und in ihrem praktischen Einsatz wichtig.
Und trotz dass die Intention des Buches gelungen ist, es sich leicht durchlesen lässt und ebenso kritisch wie tiefgründig das Wirken von Metaphern aufgedeckt wird: Ganz so plauschig hätte es mit der Theorie nicht sein dürfen.
So bleibt ein gewisser schaler Beigeschmack am Ende des Buches. Großartig, erhellend, kämpferisch ohne reißerisch zu sein, leicht zu lesen und doch wissenschaftlich. Nur muss sich der Leser die Quintessenz und das System selbst erschließen. Bäume blühen, wie Texte, weil es ihre Natur ist. Um die Früchte zu ernten und einzulagern, muss man Hand anlegen.