Der erste Teil der "Phantastischen Hörbibliothek" aus dem Griot Hörbuchverlag umfasst zwei atmosphärische Kurzgeschichten des Autors Bernd Rümmelein:

"Des Kriegers Herz"
Rorgue ist ein alter Kriegsveteran, der unzählige Schlachten siegreich für sich entschieden hat. Dank seiner ungewöhnlichen Waffe wird er von seinen Kameraden respektvoll "Sense" genannt. Doch Rorgue ist nicht nur alt geworden, er ist auch des Kämpfens, das sein ganzes Leben bestimmt hat, müde.
Aber es gibt noch eine Schlacht zu schlagen - die letzte seines Lebens, die gleichzeitig auch die grausamste sein wird, denn das Königreich, dem Rorgue dient, wird von finsteren Kreaturen überrannt, die geradewegs aus der Hölle zu stammen scheinen …

"Die eiserne Jungfrau"
Vaykrad und Damyo dienen gemeinsam als Soldaten in der Armee des Gottkaisers. Die beiden Jungen sind seit frühester Kindheit unzertrennlich, sie sind mehr als Freunde - ihre Beziehung ist so eng, als wären sie Zwillingsbrüder. Doch dann erretten die beiden eines Tages eine rätselhafte, wunderschöne Frau aus den Klauen des Feindes. Vaykrad und Damyo sind gleichermaßen von der Frau angetan, schwören aber einen Eid, dass sie sie niemals berühren werden, denn nichts kann sich zwischen sie drängen. Sie ahnen nicht, dass die Rettung der Frau Verrat und Leid über ihre Freundschaft bringen wird …

Diese beiden Kurzgeschichten sind waschechte, sehr klassische Fantasyerzählungen. Hier gibt es heldenhafte Recken, die unzählige blutige Schlachten schlagen, Königreiche, die von bösen Magiern bedroht werden, unheimliche Gegner und schöne Frauen. Beide Geschichten sind gut erzählt und bringen Kurzweil und Spannung, sie können aber nicht ganz halten, was die Zusammenfassungen auf der Rückseite der CD versprechen.
Die erste Kurzgeschichte betrachtet das Leben eines alten Kriegers, der des Kämpfens müde ist. Dennoch gewinnt die Darstellung des alten Rorgue keinen wirklichen Tiefgang, vor allem als es an die letzte Schlacht geht. Sie wird relativ schnell und unbefriedigend abgehakt und birgt keine Überraschungen. Insgesamt dennoch eine gute, kurzweilige Erzählung.
Die zweite Geschichte berichtet von einem der ältesten Themen überhaupt: Eine Frau drängt sich zwischen zwei Männer und zerstört ihre Freundschaft. Hier geht es um Verrat, um Treue, um Entscheidungen. Ebenfalls eine gute und stimmige Geschichte, die aber auch nicht sehr herausragend ist; man ahnt als Hörer beinahe von Anfang an, worauf es hinausläuft.

Gelesen wird das Hörbuch von Johannes Steck, und seine Lesung hebt die Qualität nochmal ein ganzes Stück an. Mit seiner tiefen Stimme findet der bekannte Sprecher den genau richtigen Ton, er liest nicht einfach nur vor, sondern zieht den Hörer richtiggehend in die Geschichten hinein. Die Lesung wirkt wie von einem Geschichtenerzähler vorgetragen, ein ganz klein wenig manieriert vielleicht, aber in einem positiven Sinn, da es sich ja hier um - böse ausgedrückt - etwas schwülstige Fantasy handelt, die ruhig etwas übertrieben gelesen werden kann. Zusätzlich werden die beiden Geschichten untermalt von Klängen der beliebten Band Corvus Corax. Die mittelalterlich anmutende Musikuntermalung ist stimmig und atmosphärisch, dabei nie aufdringlich. So fügt sie sich ganz hervorragend in diese Fantasy-Produktion ein.

Fazit: Die erste Ausgabe der Phantastischen Hörbibliothek umfasst zwei solide und gut erzählte, wenn auch nicht überraschende Kurzgeschichten, die Liebhaber von klassischer Sword-and-Sourcery-Fantasy auf jeden Fall ansprechen werden. Wer allerdings mehr erwartet als die genretypischen Schlachten, Magier und Helden, der wird vielleicht enttäuscht werden. Die Lesung von Johannes Steck und die Musikuntermalung sind ausgezeichnet und werten das Hörbuch nochmal deutlich auf.