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Dieses schon etwas ältere Buch von dem italienischen Satiriker Stefano Benni versammelt dreiundzwanzig Geschichten und eine Rahmenerzählung. In der Rahmenerzählung gerät der Ich-Erzähler in eine Bar, die auf dem Meeresgrund liegt, in der jeder Anwesende eine Geschichte zum Besten gibt. Soweit also der Sinn des Titels und das fiktive Zustandekommen dieser Sammlung.
Die Geschichten selbst sind sehr unterschiedlich. Teilweise spielen die Geschichten in dem fiktiven Dorf Sompazzo, das eine Art italienisches Schildburg ist: Die Einwohner haben die Spezialität zu lügen und das auf die absurdeste Art und Weise.
So schildert die erste Geschichte –
Das Jahr, in dem das Wetter verrückt wurde – ein totales Klima-Tohuwabohu in Sompazzo, mit den verrücktesten Ereignissen, bis der Mechaniker Ufizéina beschließt, das Wetter zu reparieren.
Der größte Koch von Frankreich – so heißt die zweite Geschichte. Der Teufel beschließt, den Meisterkoch Gaspard Ouralphe zu sich zu holen. Doch dieser ist gerade dabei, ein festliches Menü für eine Gruppe von Übersee-Importeuren zusammenzustellen. Zwischen den beiden entspringt ein Wettstreit, ob Ouralphes Kochkünste seine Eitelkeit rechtfertigen und er deshalb kein Sünder ist, oder ob er sich schuldig gemacht hat und deshalb der Hölle verfällt.
Auch der schwarze Hund in der Bar erzählt eine Geschichte, die des
Wurmes Dicius. Dieser hat die Eigenart, sich durch Bücher zu fressen und dort Wörter zu vertauschen.
Die weiteren Geschichten handeln von verliebten Walen, verzweifelten Außerirdischen, einen Wettstreit um ein Fahrrad und Raststätten, auf denen der Konsumtod lauert.
Besonders auffällig ist bei diesem Buch eine Geschichte:
Oleron. Diese ist in dem klassischen Stil von Lovecraft geschrieben und behandelt ein ebensolches Thema. Es ist also zwischen all diesen Märchen und Grotesken eine Horrorgeschichte. Auf einem Internat lernt der Ich-Erzähler einen neuen Schüler, eben jenen Oleron, kennen, der eine beunruhigende Vorliebe für düstere Mythen zeigt. Jener Oleron zieht den Ich-Erzähler mehr und mehr in seinen Bann, bis dieser ein Mädchen kennen lernt und sich von seinem unheimlichen Gefährten lossagt. Doch bei einem letzten Treffen kommt es fast zu einer Katastrophe und einer rituellen Opferung. Jahre später trifft der Ich-Erzähler seinen ehemaligen Kameraden wieder. Das besondere an dieser Geschichte ist, dass sie lange Zeit genau die kitzelige Nervenspannung klassischen Horrors entwickelt, auf den letzten drei Seiten es aber schafft, zunächst die ganze Szenerie ins absolut Lächerliche zu ziehen, um in den letzten Sätzen dieses Lächerliche wieder vom Tisch zu wischen und mit dem Schrecken zu enden, mit dem Lovecraft seine Geschichten enden lässt.
Eines muss man Benni lassen: er kann erzählen. Dieses Buch versammelt ein umfangreiches Spektrum an literarischen Stilen und von keinem kann man behaupten, er sei mittelmäßig. Wer die Vielfalt liebt, bekommt sie hier qualitativ hochwertig.
Doch genau dieser Umstand dürfte auch die deutliche Schwachstelle des Erzählbandes sein. Wie viele Leser gibt es, die ein solches Sammelsurium zu schätzen wissen? Sicher nicht viele. Zwar ist dies eigentlich kein Problem des Buchs, sondern ein Problem der Leser. Aber Leserfreundlichkeit besteht eben auch darin, einen gewissen roten Faden erkennen zu lassen. Und der fehlt hier eben.
Fazit: In sich sind die Geschichten gekonnt und in der Vielfalt des Stils an Lovecraft und Boccaccio, Calvino und Balzac angelehnt, also sehr lesenswert. Trotzdem sind die Geschichten insgesamt zu heterogen.