Wie viele bekannte Künstler könnten Sie spontan aufzählen? Und wie viele Künstlerinnen fallen ihnen im Vergleich dazu ein? Erstaunlicherweise bezieht sich die Bezeichnung Künstler bei den meisten Menschen nicht nur auf das grammatische Geschlecht. Es ist vielmehr tatsächlich so, dass eher die männlichen Vertreter präsent sind. Sogar in dem bereits im Prestel Verlag erschienen Buch 13 Künstler, die du kennen solltest aus der Reihe Kunst für Kids widmet sich die Autorin (bis auf zwei Ausnahmen) fast ausschließlich den Männern und ihrem Schaffen. Das hier vorliegende Buch richtet das Augenmerk des Lesers bewusst nun auf die Künstlerinnen und räumt ihnen gebührenden Platz ein.

Auch wenn man zunächst den Eindruck hat, liegt der Schwerpunkt des Buches nicht ausschließlich auf der Malerei. Insbesondere modernere Künstlerinnen beeindrucken auch durch andere Dinge. So zum Beispiel Cindy Sherman mit ihren Fotografien, Niki de Saint Phalle mit ihren Skulpturen und Meret Oppenheim mit ihren surrealistischen Arrangements. Die 13 Künstlerinnen werden nach ihren Lebensdaten aufsteigend vorgestellt. Beginnend im 15. Jahrhundert bei Sofonisba Anguissola und endend in der Jetztzeit bei Cindy Sherman. Besonders viele internationale Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts haben jedoch einen übergroßen Anteil im Buch. Nur einigen Frauen sind dabei mehrere Seiten gewidmet, wie zum Beispiel Maria Sibylla Merian mit ihren Naturzeichnungen. Die meisten Künstlerinnen werden auf einer Doppelseite vorgestellt. Da ist natürlich einmal der obligatorische Zeitstrahl am oberen Buchrand ebenso wie der kleine Kasten mit den wichtigsten Lebensdaten der Frauen. Im Text werden Highlights aus dem Leben und Werk vorgestellt. Blickfang sind wieder einmal die eigentlichen Kunstwerke. Mitunter wurden Details aus diesen herausgelöst und nochmals separat dargestellt, was zu einem Suchspiel animiert: Wo findet sich das Detail im Kunstwerk wieder? Teilweise muss man schon eine Seite weiterblättern um es zu finden. Doch wird der Leser auch direkt angesprochen und zum Mitmachen aufgefordert. So soll man selbst die Technik anwenden, die zum Beispiel Paula Modersohn-Becker für ihre Bilder benutzt hat. Oder sich Gedanken zu den Bildern zu machen, die zahlreich im Buch vorhanden sind. Einige Denkanstöße und mögliche Lösungen zu den Aufgaben finden sich dann am Ende des Buches. So führen diese vielfältigen Aktivitäten zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit den Künstlerinnen und ihren Werken, was viel besser ist, als die üblichen seitenlangen, langweiligen Texte und Interpretationen von Kunstkennern, die man angeblich gelesen haben muss, um die Künstlerin zu verstehen. Ein zweiseitiges Glossar, in dem wichtige Fachausdrücke erläutert werden, schließt den Band ab.

Der Kunstkenner wird natürlich einiges vermissen, da auf Grund des begrenzten Platzes vieles nur angerissen werden kann. Aber Kinder und interessierte Erwachsene, die sich sonst weniger mit Kunst und Malerei beschäftigen, werden hier einen gelungenen Einstieg in die Welt und das Leben der Künstlerinnen haben. Und vielleicht taucht man dann tiefer ein, in die Werke dieser und noch weiterer kreativer Frauen. Anregungen sind dazu reichlich vorhanden - über weiterführende Buchempfehlungen bis hin zu Seiten im Internet.
Fazit: Wieder einmal ein hervorragendes Buch und eine Bereicherung für Einsteiger in die Welt der Kunst, egal ob 9 oder 99 Jahre alt.