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Es ist eins der größten Streitthemen, wenn es um die Erweiterung Europas geht: der Beitritt der Türkei zur EU. Sollte sie ein Mitglied der Europäischen Union werden? Oder ist das Land eindeutig kein Teil Europas und darf ihm demzufolge höchstens eine strategische Partnerschaft angetragen werden?
Es gibt viele Publikationen, die sich mit diesen Themen befassen. Eine recht aktuelle aus dem Lit Verlag wurde unter dem Titel "Die Türkei und Europa" von Gabriele Clemens herausgegeben im Rahmen der "Studien zur Neueren Europäischen Geschichte".
Auf knapp 280 Seiten erzählen sechzehn Autoren in zwölf Kapiteln über dieses Streitthema. Dabei werden sowohl historische Themen aufgegriffen, wie etwa die Anfänge der europäischen Kultur in der Antike, das Zusammentreffen mit den Osmanen im Mittelalter über die Moderne mit ihren Annäherungen zwischen neu gegründeter Türkei und Europa, als auch kulturelle, wie Architektur und Kulturtransfer, oder soziologische, wie die Aleviten in Europa.
Neben diesen Bereichen sind aber auch gerade die kulturpolitischen Themen sehr interessant für die Diskussion, zum Beispiel diejenigen zur Rolle des Islam in Bezug auf das türkische Selbstverständnis oder zur türkischen Geschichte innerhalb Europas.
Ein weiterer wichtiger Punkt sind die politischen Betrachtungen, besonders im Bezug auf die öffentliche Debatte, wie zum Beispiel die Bilanz des türkisch-europäischen Dialogs, die Abkommen zwischen der Türkei und Europa, der Euroskeptizismus innerhalb der Türkei, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen oder eben auch die Rolle der Türkei im Rahmen der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Da das Buch im Rahmen einer Reihe zur Neueren Europäischen Geschichte erschienen ist, enthält es Fachtexte zum Thema und keinesfalls einfache Essays. Für interessierte Leser könnten die Texte somit etwas trocken und anstrengend zu lesen sein. Jeder, der sich allerdings fachlich mit dem Thema des Türkeibeitritts oder auch nur der europäisch-türkischen Beziehungen beschäftigt, wird interessante Meinungen und gute Ansatzpunkte für eigene Diskussionen finden.
Bedauerlich ist allerdings, dass die Texte kein einheitliches Format haben. Der Aufbau der Texte unterscheidet sich stark von Autor zu Autor. Da die Beiträge thematisch gemischt präsentiert werden und nicht in Kategorien eingeteilt wurden, ist es bedauerlich, dass nicht jeder Text zumindest eine kurze Einleitung bietet. So muss sich der Leser bei jedem Autorenbeitrag neu umstellen und wird nicht so schnell die für ihn wichtigen Stellen erschließen können.
Ärgerlich ist auch, dass keiner der Texte über eine Literaturliste verfügt. Solche Informationen muss man bei Bedarf jeweils aus den Fußnoten ziehen. Auch der sehr dünne Einband des Softcovers fällt nicht gerade positiv auf, hat das Buch so wenig Halt und droht schnell zu zerknicken.
„Die Türkei und Europa“ präsentiert interessante Texte, die allerdings etwas mehr Sorgfalt im Bereich Layout verdient hätten. Auch wäre eine einheitliche Form der Beiträge wünschenswert gewesen – oder eine bessere Einteilung der einzelnen Themen in klar erkennbaren Kategorien.
Am Ende bleibt der Inhalt der Beiträge, der bei einer wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Thema sehr interessant und hilfreich sein kann.