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So mancher Fotograf findet eher durch Zufall zu einem Thema, das ihn dann über Jahre fesselt. Und nicht selten handelt es sich dabei um eine außergewöhnliche Motivgruppe, die vorher so noch niemand bewusst wahrgenommen hat. Vicki Topaz hat ein solches Thema für sich entdeckt: die "Colombiers", große Taubenschläge auf alten französischen Landgütern oder in Schlossparks. Jahrhunderte lang, bis zur französischen Revolution, war die Taubenzucht ein Privileg und eine prestigeträchtige Beschäftigung. Und aus fünf Jahrhunderten stammen die "Colombiers", die Vicki Topaz in der Normandie und in der Bretagne fotografiert hat.
Eine Einleitung bietet einen kurzen Abriss der Geschichte der Taubenzucht seit frühgeschichtlicher Zeit und geht besonders auf die Historie der "Colombiers" ein.
Diese Einführung liegt wie die Klappentexte, die Danksagung am Schluss des Buchs und die Bildunterschriften auf Englisch und Französisch vor.
Wie etwas zu kurz geratene, plumpe Türme von Trutzburgen sehen die meisten dieser Taubenschläge aus, sehr viele unter ihnen in fortgeschrittenen Stadien des Verfalls. Andere, die häufig freilich auch nicht besser erhalten sind, wirken elegant und verspielt, Lustschlösser für unzählige Tauben. Sie vermitteln einen Eindruck der Leichtigkeit feudalen Lebens, einer Lebens- und Sinnenfreude, die auch den Tauben repräsentative Heimstätten zugestand.
Jeder "Colombier" hat, auch abhängig von seiner unmittelbaren Umgebung und seinem Erhaltungszustand, einen ganz eigenen Charakter – kein Wunder, dass dieses außergewöhnliche Thema eine Fotografin jahrelang beschäftigen kann.
Vicki Topaz hat die "Colombiers" schwarzweiß und, wie es scheint, mit hohen ISO-Werten fotografiert. Das "grobkörnige" Aussehen der Fotos aufgrund dieser ISO-Werte ergänzt die Melancholie, um nicht zu sagen: Tristesse der Aufnahmen ganz wunderbar. Auch weiß die Fotografin geschickt mit Schärfe-Unschärfe-Übergängen zu spielen und Bildausschnitte gezielt und eindrucksvoll einzusetzen.
Manche der Fotos zeigen den Innenraum eines "Colombiers", schlicht gemauert, mit zahllosen Nischen zum Brüten, die ein eigenwilliges, reguläres Muster ergeben. Etliche der Taubenschläge sind von verwilderten Tauben bewohnt, die die Bilder beleben und ihnen etwas von der steifen, starren Feierlichkeit nehmen. Dennoch bleiben sie auf den Fotos "Silent Nests" – im Übrigen ein ausgezeichneter Titel, denn vor allem die gänzlich verlassenen, verfallenden "Colombiers", die zumeist in der kalten Jahreshälfte aufgenommen wurden, strahlen regelrecht Totenstille aus, haben fast den Charakter von vergessenen Mausoleen.
Jedem Foto steht eine Angabe zum Entstehungsjahrhundert und Standort des abgebildeten "Colombiers" gegenüber. Interessant wären für manchen Betrachter sicher Hinweise auf die verwendete Technik (analog/digital; Kamera) und das Entstehungsjahr gewesen, eventuell auch Kurzinformationen zu den einzelnen Gütern – am besten im Anhang untergebracht. Dass der Blick auf die Fotos nicht durch mehr Text als unbedingt nötig eingeschränkt wird, ist sehr positiv zu werten.
An diesem eindrucksvollen Bildband besticht nicht nur die künstlerische Qualität der Fotos, sondern auch die hochwertige Aufmachung. Einband, Papier und Druck sind von hoher Qualität, und das Layout, schlicht und elegant, wurde dem Thema perfekt angepasst. Angesichts der Qualität erscheint der Preis von 30 Euro keineswegs zu hoch gegriffen.
Ein wunderbar stimmungsvolles, fesselndes Buch einer ausgezeichneten Fotografin!