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Nach dem bekannten Spiel „Black Mirror 2“ bieten die tschechischen Entwickler nun ein neues Point & Click-Adventure mit dem Namen „Alter Ego“, in welchem der Spieler in eine ähnlich dunkle Atmosphäre eintaucht. Mit gleich zwei Charakteren gilt es, ein Mysterium gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufzuklären. Viele Rätsel, zwiespältige Gestalten und düstere Schauplätze kennzeichnen dieses Abenteuer.
Wir schreiben das Jahr 1894. Im südlichen England, in der Stadt Plymouth, ereignet sich eine seltsame Begebenheit: Unter unerklärlichen Umständen verschwindet die Leiche des kürzlich verstorbenen Sir William. Der furchteinflößende Adlige wurde zu seinen Lebzeiten zahlreicher blutiger Verbrechen beschuldigt, allerdings konnte ihm nie etwas nachgewiesen werden. In der Stadt herrscht nun Angst und Panik, denn eine Serie von Morden folgt dem Verschwinden des Leichnams. Die Aufklärung dieses Mysteriums stagniert und die Polizei tappt im Dunkeln. Mit dieser einleitenden Story wird der Spieler zunächst in die Geschichte eingeführt und schon bald darf er versuchen, dieses Rätsel zu lösen.
„Alter Ego“ ist gekennzeichnet durch eine Besonderheit: Das Adventure wird aus zwei unterschiedlichen Perspektiven erlebt. Zum einen spielt man den Dieb Timothy Moor. Dieser wird gleich zu Beginn des Spiels als Schiffbrüchiger entdeckt und gefangen gehalten, bis er die Möglichkeit zur Flucht nutzt und sich mit Handschellen in einem Kanalsystem wiederfindet. Als erstes gilt es, sich dieser Fesseln zu entledigen und vor dem Arm des Gesetzes zu flüchten. Eigentlich ist es Timothys Traum nach Amerika auszuwandern, um dort ein neues Leben zu beginnen, doch schon wird er unfreiwillig in das Rätsel verstrickt.
Sehr viel direkter wird der zweite Charakter, Detective Bristol, in das Geschehen involviert. Nach einer Versetzung nach Plymouth hofft der Polizeiinspektor ein paar Stufen auf der Karriereleiter zu erklimmen, doch bevor er sich seiner eigentlichen Aufgabe, der Aufklärung der Verbrechen, widmen kann, muss er zunächst seine entwendeten Ausweispapiere wiederfinden. Anfangs noch sehr skeptisch bezüglich des Mysteriums um Sir William gilt es dann, die Geschehnisse auf dem Friedhof zu untersuchen. Schon bald muss er jedoch feststellen, dass die Entwicklung der Geschichte nicht mit seinen ursprünglichen Erwartungen konform geht.
Mit insgesamt 28 Charakteren und etwa 80 Schauplätzen deckt „Alter Ego“ ganz unterschiedliche Gruppen der damaligen Gesellschaft ab, von Adligen bis zu Prostituierten und Dieben. Die Funktionsweise des Spiels entspricht der eines typischen Adventures. Es können verschiedene Gegenstände aufgenommen, miteinander kombiniert und verwendet werden, um bestimmte Rätsel zu lösen. Um wichtige, benutzbare Objekte im Spiel sichtbar zu machen, dient die F1-Taste, die dem Spieler das Absuchen nach Handlungsmöglichkeiten im gesamten Bildschirm erspart. Mit der sogenannten Schnellreisefunktion ist es außerdem möglich, sich ohne Umwege zwischen verschiedenen Schauplätzen hin- und herzubewegen. Eine wichtige Rolle spielen die Dialoge, die man mit anderen Figuren führen kann und die für ein Weiterkommen im Spiel unverzichtbar sind. Die Dialoge sind sowohl vertont und als auch mit Untertitel unterlegt. Man hat dabei meist die Wahl zwischen mehreren Antwortalternativen.
Einen wesentlichen Bestandteil des Spiels bilden die beiden Hauptcharaktere, der Dieb Timothy Moor und Detective Bristol. Im Gegensatz zu anderen Spielen fällt eine Identifizierung mit beiden Figuren sehr schwer, da sie sich durch ihre Eigenschaften eher als Antihelden auszeichnen. Timothy beispielsweise lügt und betrügt, beklaut selbst Blinde und setzt seinen Charme ein, um schamlos junge Damen auszunutzen. Dabei schreckt er nie zurück, abwertende Bemerkungen zu machen. Der englische Polizist Bristol vertritt überkorrekt und formell Gerechtigkeit und Ordnung. Obwohl beide Personen anfangs recht unsympathisch wirken, offenbaren sich im Laufe des Spiels auch ihre guten Seiten. Diese Zwiespältigkeit scheint auf den ersten Blick untypisch für ein Adventure, spiegelt jedoch gut die damaligen Gemüter wieder und hebt sich so von anderen Spielen aus dem Genre ab.
Was außerdem kennzeichnend für ein gutes Point & Click-Adventure ist, sind natürlich die Rätsel. Hier scheint sich "Alter Ego" auf Einsteiger als Zielgruppe zu beschränken. Die Aufgaben sind oft relativ unkompliziert zu lösen. Meist kommt man über Dialoge mit anderen Figuren schnell zum Ziel. Die Tatsache, dass manche Probleme ohne verrückte und kreative Kombinationen von Gegenständen zu lösen sind, macht das Spiel jedoch auch logischer und realistischer. Die oben erwähnte Hilfsfunktion zur Anzeige aller möglichen Handlungsobjekte erleichtert das Spiel umso mehr. Während hartgesonnene Adventure-Experten hier unterfordert sind, werden Einsteiger mit fairen Rätseln und schnellen Erfolgen belohnt.
Würde man lange an den verschiedenen Problemen herumrätseln, hätte das zur Konsequenz, dass der rote Faden der Story darunter leidet. Das ist in „Alter Ego“ definitiv nicht der Fall. Manchmal wirken einige Dialoge zwar etwas langatmig, aber die mysteriöse Geschichte bleibt ständig im Vordergrund und wird von einer gut inszenierten Atmosphäre begleitet. Diese lässt sich mit wenigen Adjektiven beschreiben: unheimlich, düster und etwas verdorben - eine gelungene Umsetzung der Geschichte in Verbindung mit den zeitgemäßen Zuständen. Doch nicht nur die Optik trägt zur Atmosphäre des Spiels bei, sondern auch das Gesamtbild der verschiedenen Charaktere und Dialoge. Die musikalische Untermalung tritt dabei eher in den Hintergrund und verstärkt nur wenig das schaurige Gefühl. Interessante Zwischensequenzen schaffen Verbindungen zwischen einzelnen Abschnitten der Geschichte und lockern das Spiel etwas auf.
Die eigentlich gelungene Konzeption des Spiels leidet in manchen Fällen an der technischen Umsetzung. "Alter Ego" ist eine Mixtur aus zweidimensionalen statischen Schauplätzen und dreidimensionalen dynamischen Figuren. Während an den malerisch gestalteten Schauplätzen nichts auszusetzen ist, ist die Umsetzung der Animationen der sich darin bewegenden Figuren eher mangelhaft. Die Bewegungen der Personen wirken steif und fügen sich optisch nur schwer in die Umgebung ein. Auch die grafische Umsetzung der dreidimensionalen Modelle entspricht nicht heutigen Grafikanforderungen. Die Vertonung der Figuren ist natürlich eine feine Sache, jedoch gibt es auch hier einige Probleme in der Umsetzung. Beispielsweise besteht kaum Synchronität zwischen Gesprochenem und den Lippenbewegungen der Personen. Ebenso haben die Stimmen der Figuren sowohl Plus- als auch Minuspunkte zu verzeichnen. Auf der einen Seite hat das Spiel gute und namenhafte Synchronstimmen wie der von Ben Affleck zu bieten. Auf der anderen Seite hingegen wirken manche Stimmen unglaubwürdig. Der Gesamteindruck des Klangs schwankt etwas und ist an einigen Stellen undeutlich, sodass die Atmosphäre etwas darunter leidet.
Angesichts der Rätselkomplexität ist dieses Spiel eher Einsteigern zu empfehlen. Erfahrene Adventure-Spieler und Freunde zeitgemäßer Grafik und guten Sounds kommen hier etwas zu kurz. Trotz technischer Mängel ist „Alter Ego“ jedoch ein Point & Click-Adventure mit fesselnder Geschichte und gelungen düsterer Atmosphäre, welches sich von anderen Spielen durch interessante Antihelden deutlich abhebt.