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Als vielversprechende Sammlung ausgewählter B-Movies und vergessener Low-Budget-Produktionen hat die
"Twilight Classics"-Reihe des Berliner Labels Epix begonnen, doch mittlerweile droht sie zur Trash-Schutthalde zu verkommen. Als Nummer Fünf der Reihe hat Epix mit "Convict 762" nun einen US-amerikanischen Science-Fiction-Thriller von 1997 ausgegraben. Lichtblick oder Mülltonnenkandidat?
Das Raumschiff "Alexandria" befindet sich gerade auf dem Heimflug, als es in einen Asteroidengürtel gerät. Die ausnahmslos aus Frauen bestehende Crew kann das Schiff zwar heil aus der Gefahrenzone manövrieren, doch musste sie zuvor die Reservetanks leeren, sodass der Treibstoff nicht mehr für den restlichen Flug ausreicht. Captain Nile (Shannon Sturges) und die übrige Besatzung sehen sich gezwungen, auf dem Planeten Caesarion IV, einer der härtesten Strafkolonien der Galaxis, zu landen und dort die Tanks aufzufüllen. Doch als sie die wie ausgestorben wirkende Kolonie erreichen, bemerken sie zwei Männer, die miteinander kämpfen. Die Frauen greifen in den Kampf ein und können den Gefängnisoffizier Vigo (Frank Zagarino) retten. Dieser erzählt ihnen, dass sich Wachpersonal und Insassen in einer Gefängnisrevolte gegenseitig massakriert haben; nur er und der blutrünstige Häftling 762, der den Aufstand angezettelt hat, sind noch am Leben. Die Frauen trauen Vigo nicht über den Weg und wollen nur den Planeten so schnell als möglich wieder verlassen. Doch da wird das erste Crewmitglied ermordet und der vermeintliche Sträfling 762 (Billy Drago) entpuppt sich als Angehöriger des Gefängnispersonals. Wem kann die gestrandete Crew glauben?
Eine Raumschiffbesatzung, die auf einem Gefängnisplaneten notlanden muss, eine Revolte, die Wärter wie Häftlinge ausradiert hat, nur zwei Überlebende, einer undurchsichtiger als der andere, und die Ungewissheit der Gestrandeten, ob nicht einer der beiden ein wahnsinniger Mörder ist – wenn das nicht nach einer attraktiven Ausgangssituation für einen vielversprechenden Sci-Fi-Thriller klingt. Und da Low Budget nicht zwangsläufig auch auf Low Quality hinauslaufen muss, hätte aus "Convict 762" tatsächlich ein schmackhaftes Stück B-Science-Fiction werden können. Hätten die Macher nur nicht den kapitalen Fehler begangen, Potential mit beiden Händen zum Fenster hinauszuwerfen und Kulissen und Spezialeffekte beim Sommerschlussverkauf zu ergattern …
Denn sofern ein Budget überhaupt vorhanden war, ging es wohl fürs Catering drauf: Die Darsteller agieren vor an einer Hand abzählbaren Kulissen, die sichtlich aus Plastik und Sperrmüll zusammengeschraubt worden sind und die sich in zuverlässiger Regelmäßigkeit wiederholen – ein Setting voller Déjà-vus, wenn die Frauen zum x-ten Mal an demselben umgekippten Monitor oder derselben Kunststoff-Schleuse vorbeilaufen. Bedrückende Atmosphäre wird keine erzeugt, dafür ist die Requisitenkammer zu einfallslos geplündert worden: flimmernde Monitore mit abgehackten Videobotschaften, blinkende Neonröhren, hier ein bisschen Nebel, dort einen Hauch blasses Zwielicht. Die Krönung aber sind die CGI-Effekte, die aussehen, als hätte man die ersten Gehversuche auf der guten alten 32-Bit-PlayStation für den Film verwertet. Und da "Convict 762" mit diesen protzt, als wären James Cameron und Peter Jackson hier zu Werke gegangen, kann sich der Zuschauer mehr als einmal die Tränen aus den Augen wischen. Ob vor Lachen oder vor Weinen, das steht auf einem anderen Blatt …
Auch der aus durchweg unbekannten Namen zusammengewürfelte Cast – der nebenbei aus sage und schreibe acht (!) Personen besteht – hat schauspielerische Qualitäten nicht gerade mit der Muttermilch aufgesogen; Shannon Sturges ("Die Invasion der Klapperschlangen") als Captain Blondie und Tawny Fere als rotzig-aufmüpfiges Crewmitglied liegen aber immerhin im untersten Bereich des Annehmbaren. Ein Lichtblick für den leidgeprüften Trash-Fan: Das herrlich schräge Over-Acting, das B-Movie-Veteran Billy Drago ("The Hills Have Eyes", "Tremors 4") immer wieder an den Tag legt. Wenn er von Rauschschwaden umhüllt auf einem Stuhl hockt, seine Waffe umklammert, wie ein nervöses Tier mit den Nasenflügeln zuckt und den Rauch tief einatmet, als wolle er sich wie ein Schamane in Trance versetzen, dann kann sich der Zuschauer ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen.
Also ein klarer Fall für den Mülleimer? Nur unter Protest aus dem B-Sci-Fi-Fansektor, denn gerade aus seinen vielen Mängeln bezieht der Film einen gewissen Charme – wenn auch einen platten. Keine Frage, die Dialoge sind einfallslos, die Sets billig, die Darsteller alles andere als Naturbegabungen, und auch Spannung und Atmosphäre werden gehörig in den Schwitzkasten genommen. Aber gerade dieser Trash-Cocktail schafft es um Haaresbreite die Kurve zu kriegen und nette, oberflächliche B-Kost anstatt Hirnblutungen fördernden Schrott aufzutischen. Was nicht zuletzt auch an der Story liegt, die für einen Film dieses Schlages schon fast
zu gut ist. Nur um kein falsches Bild zu zeichnen: Die Handlung hinkt gerne mal mit einem logischen Klumpfuß und wartet dank eines einfallslosen Drehbuchautors auch nicht mit nervenzerreißenden 180-Grad-Wendungen auf; anspruchsvolle Cineasten und wählerische Thriller-Freunde werden den Streifen am liebsten auf den Mond schießen wollen. Doch mit der Auflösung, die der Film bietet, rechnet der Zuschauer nicht, weil er einen solchen Twist in einem qualitativen Tiefflug wie "Convict 762" einfach nicht erwartet.
Die Kaufversion der DVD wartet mit dem deutschen sowie dem Originalton jeweils in Stereo auf, Untertitel sind keine vorhanden. Das Bonusmaterial ist nicht der Rede wert, mehr als den Originaltrailer und eine Trailershow hat die Silberscheibe nicht zu bieten. Ein Wendecover liegt der Kaufversion der DVD bei.
Fazit:
Es hätte ein fesselnder Sci-Fi-Thriller im B-Korsett werden können, herausgekommen ist leidlichst unterhaltsamer Weltraumschrott mit Trash-Prädikat. Vielseher mit einem Faible für ebensolchen könnten an "Convict 762" durchaus Gefallen finden. Wer aber von schlechten Filmen Ausschlag bekommt, der hält zu diesem Streifen besser eine Galaxie Abstand …
Bild- und Tonqualität können nicht beurteilt werden, da es sich um eine Presse-DVD handelt, die von der Kaufversion abweichen kann.