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New York, die San Francisco Bay Area, Huntington Park in Kalifornien und das Ruhrgebiet – wenn man die Geburtsorte des Thrash Metal aufzählt, gerät man angesichts des bunten Hundes aus Deutschland erst mal ins Stocken. Dabei sollte man eigentlich nicht überrascht sein, schließlich ist Thrash Metal laut, direkt, hart, aber herzlich – und das passt ja irgendwo sehr gut zu den Einwohnern des Ruhrgebiets. Und wenn man über Thrash Metal aus dem Ruhrgebiet redet, dann spricht man natürlich über die Gründerväter der Szene: Sodom und Kreator. Um letztere dreht sich Hilmar Benders Biographie "Violent Evolution", die die Wurzeln der Band in Altenessen beschreibt, die Gründungsphase, den Erfolg der Band und all das Hoch und Runter in den Jahren danach.
Dank der vielen direkten Zitate der (Ex-)Bandmitglieder Mille, Jülle, Tritze und Co. hat man das Gefühl, einen intimen Einblick in die ersten Stunden der Bandgeschichte zu bekommen. Bender beschreibt einen Haufen von sympathischen Rabauken, die in Schule, Gesellschaft und letzten Endes vor allem mit ihrer Musik anecken möchten. Da stand kein Statement hinter der Mucke, das sollte einfach nur höher, schneller, weiter und vor allem lauter und brutaler sein. Ein Schulauftritt, über dem ein Banner mit dem Schriftzug "Heavy Metal for Peace" stand? Runter mit dem "for Peace", hier gibt's auf's Maul!
"Violent Evolution" ist gleichzeitig eine Zusammenfassung der Bandgeschichte von 1982 bis heute, von "Endless Pain" bis "Hordes of Chaos" und eine Charakterisierung der Band als Chaotenhaufen. Da gibt es sowohl Statements zu der ungeliebten Dokumentation "Thrash, Altenessen" als auch Anekdoten, wie die Band ihre Tourmanager durch schludriges Verhalten regelmäßig an den Rand des Wahnsinns trieb.
Mit der Einbettung der Band in das Umfeld des Ruhrgebiets fängt "Violent Evolution" ziemlich stark an, wenn der Metal für die Jugendlichen als die einzige Möglichkeit zur Flucht vor einer Zukunft beschrieben wird, die wahrscheinlich im Stahlwerk oder in der Zeche enden wird. Jedoch verliert sich Bender in einzelnen Äußerungen der Band und schafft es nicht, seine Biographie mit einem roten Faden auszustatten. Zwar legt er das dramatische Grundgerüst an, indem er mit dem Stimmungstief im Jahr 2000 anfängt und mit der Produktion und dem Erfolg des Killer-Albums "Hordes of Chaos" abschließt, aber die einzelnen Phasen der Bandgeschichte werden kaum miteinander verknüpft oder aufeinander bezogen. Bender erzählt die Geschichte von Kreator, aber er erzählt leider keine Geschichte.
Später scheinen ihm auch interessante Interview-Partner auszugehen. Da wird Hyung-Sung Cho herangezogen, die koreanische Filmemacherin, die den tollen Film "Full Metal Village" gemacht hat, mit der Musikrichtung oder mit Kreator aber ansonsten gar nichts am Hut hat. Und warum bekommt Nagel von Muff Potter gen Ende mehrere Seiten Platz, um über seine Erfahrungen mit Kreator zu berichten? Das ist in etwa so, als würde es in einer Slayer-Biographie zum Schluss um Blink 182 gehen. Oder in einer Metallica-Biographie zum Schluss um … na ja, um Metallica.
Empfehlenswert ist "Violent Evolution" daher nur für Fans von Kreator, die aus erster Hand über ihre Helden aus dem Ruhrpott lesen möchten. Die finden in der Mitte des Buchs auch ein paar amüsante Tour-Fotos der Band vor. Lust, die "Pleasure to Kill" nachher nochmal reinzuschieben und ordentlich abzubangen, hat man jedenfalls schon. Das liegt aber freilich mehr an Kreator und weniger an diesem Buch.