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Ein Schwarzwalddorf im Jahr 1911. Als Friedrichs Vater sich das Leben nimmt, hinterlässt der ehemals reiche Unternehmer seine Familie nicht nur in tiefer Trauer, sondern auch in einem Schuldenberg. Der Mutter bleibt nichts anderes übrig, als mit ihren Kindern in die Stadtmühle, das örtliche Armenhaus, zu ziehen. Dort lernt Friedrich den gleichaltrigen Johannes kennen, einen Waisenjungen, der seine Not zu verstehen scheint, auch wenn die beiden unterschiedlicher nicht sein könnten. Die beiden Jungen bleiben einander ein Leben lang verbunden – allerdings lassen politischen Wirren und die Liebe zu einer Frau aus den ehemaligen Freunden irgendwann Feinde werden.
Das gleiche Schwarzwalddorf im Jahr 2000. Nach dem Krebstod ihrer Mutter hat sich Johannes' Urenkelin Anna mit dem Auto allein auf den weiten Weg von Berlin nach Südwestdeutschland gemacht, um den Wurzeln ihrer Familie nachzuspüren. Durch die Tagebücher ihres Großvaters und die Erzählungen der alten Gretl erfährt die Neunzehnjährige, was ihre Mutter immer hatte von ihr fernhalten wollen…
Mit "Beerensommer" hat die Schwarzwälder Autorin Inge Barth-Grözinger ein mitreißendes Buch geschrieben, an dem nicht nur Jugendliche ab 13 Jahren, sondern auch Erwachsene Gefallen finden werden. Zum einen kann der Leser Zeuge von Zeitgeschichte werden: Er wird in ergreifender und bisweilen auch schockierender Weise in die Zeiten des Ersten und Zweiten Weltkriegs versetzt, wobei einen insbesondere die atmosphärischen Schilderungen des Dorfalltags tief ins Geschehen eintauchen lassen. Zum anderen wird jedoch auch eine spannende Geschichte um ein Familiengeheimnis gestrickt, das erst zum Schluss seine Auflösung findet. Von Anfang an wird der Leser mitten ins Geschehen geworfen, und durch den Wechsel der beiden Erzählebenen kann die Autorin die Dynamik und Spannung bis zum Schluss halten. Die Figuren präsentieren sich als vielschichtige Charaktere, und ihre Gefühle und Gedanken werden so anschaulich geschildert, dass ihr Lebensweg wohl kaum jemanden gleichgültig lässt. Deswegen werden wohl auch Leserinnen und Leser, die sich ansonsten leicht von solchen Wälzern abschrecken lassen, "Beerensommer" mit Spannung bis zur letzten Seite lesen.
Dort angekommen, kann man sich anhand einer dreiseitigen Zeitleiste noch einmal die für Deutschland wichtigsten historischen Ereignisse des vom Roman umfassten Zeitraums vor Augen führen. Wen übrigens die doch etwas verzwickten Familienverhältnisse der dargestellten Figuren etwas verwirren, der kann sich mit dem vorangestellten Stammbaum zwischendurch immer wieder einen Überblick verschaffen.