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Goldie Cox wächst wohlbehütet in einer Welt auf, in der es keinerlei Gefahren gibt: Insekten, Naturgewalten, Hunde, Krankheiten, tiefe Wassergräben und dergleichen mehr wurden in der Stadt Jewel schon lange ausgerottet oder verboten. Für die Sicherheit ihrer Kinder zahlt die Gesellschaft aber auch einen hohen Preis: Alle Einwohner müssen bis zu einem bestimmten Alter stets bewacht werden und sind mit einer silbernen Kette entweder an ihre Eltern oder an einen der "Gütigen Wächter", eine spezielle Art von Aufsehern, gefesselt. Umso mehr sehnt Goldie den Tag herbei, an dem sie endlich zwölf Jahre alt ist und die feierliche Freigebungs-Zeremonie stattfindet. Hier werden die Kinder von ihrer Kette befreit und ins Leben entlassen, wo sie fortan auf sich selbst achtgeben müssen. Doch ausgerechnet in dem Moment, als Goldie von ihrem Band befreit werden soll, kommt es zu einem Zwischenfall, die Zeremonie wird vertagt. Aus einem Impuls heraus macht Goldie sich selbst los und reißt aus. Nun ist sie auf der Flucht – und zum ersten Mal völlig allein in einer Welt, in der sie sich nicht zurechtfindet und in der hinter jede Ecke schreckliche Gefahren lauern ...
Ihr Weg führt Goldie schließlich in das "Museum der Diebe", in dem wundersame und schreckliche Dinge vor sich gehen. Hier gibt es seit langer Zeit vier Museums-Hüter, die Goldie in ihre Mitte aufnehmen und ebenfalls zu einer Hüterin machen wollen, denn Jewel wird von einer furchtbaren Gefahr bedroht, die alle Einwohner das Leben kosten könnte. Die vier Hüter Herro Dan, Olga Ciavolga, Sinju und der Junge Krötenrotz bringen der staunenden Goldie nach und nach alles bei, was sie wissen muss, und zeigen ihr, warum es sich lohnen kann, Gefahren auf sich zu nehmen - vor allem aber, wann man Angst haben darf und wann man mutig sein muss.
"Goldie Cox und das Museum der Diebe" ist eine hochspannende und brisante Geschichte für kleine Hörer ab etwa zehn Jahren. Auch für Erwachsene ist die hier erzählte Handlung mit Sicherheit äußerst faszinierend, besitzt sie doch, verpackt in ein mitreißendes Fantasy-Abenteuer, eine gesellschaftskritische und auch politische Ebene: In einer Welt, in der alle zugunsten der eigenen Sicherheit bevormundet und bewacht werden, ist diese Sicherheit nicht mehr viel wert. Es müssen Risiken auf sich genommen und kleine Gefahren durchgestanden werden – nur dann ist der Mensch frei, und nur dann können Kinder sich vernünftig entwickeln. Manche Eltern, die ihre Kinder mit Argusaugen bewachen und sie ungern klettern, toben und die Welt entdecken lassen, werden bei diesem Hörbuch sicher hin und wieder ertappt aufhorchen.
In der Romanstadt Jewel, die leicht asiatisch angehaucht wirkt, wird das System des Bewachens und Bevormundens von den "Gütigen Wächtern" und den Entscheidern der Stadt für ihre Zwecke genutzt, so dass Jewel mehr einer Diktatur als einem schönen, sicheren Ort gleicht.
Auch jüngere Kinder können diese Botschaft schon nachvollziehen - aber im Vordergrund steht in diesem Hörbuch die merkwürdige Welt, in der Goldie lebt, und vor allem das durch und durch lebendige "Museum der Diebe" mit seinen vier Wächtern. Dieses Museum ist nicht nur ein weitläufiges Gebäude, das lebt und fühlt, das seine Räume verschieben kann und das zornig ist, wenn man es angreift, sondern vor allem ein Ort, an dem alle früheren Gefahren von Jewel aufbewahrt werden. In seinem Inneren sind Kriege, Krankheiten und Katastrophen sicher verwahrt und werden von den Wächtern gehegt, gepflegt und besänftigt. Nun bedrohen all diese Dinge die Stadt und ihre Bewohner, denn jemand hat durch und durch böse Pläne mit dem Museum ...
Lian Tanner hat Goldies abenteuerlicher Geschichte eine so eigene Stimme und so viele phantasievolle Einfälle mitgegeben, dass sie sich aus der Masse ähnlich erscheinender Kinderbücher angenehm hervorhebt. Die Figuren sind sorgfältig entwickelt und vor allem die vier Museums-Wächter Herro Dan, Sinju, Olga Ciavolga und Krötenrotz wachsen einem sehr rasch ans Herz, ebenso wie ihre tierischen Gefährten, der Grausvogel Morg und der Greifswolf Bru, der zwischen einer niedlichen Hundegestalt und einer grauenhaften Wolfsgestalt hin- und herwechseln kann.
Gesprochen wird die Geschichte auf fünf CDs von Peter Kaempfe, der einfach großartig liest und jedem Charakter eine individuelle Stimme verleiht. So ist der intrigante Sekundant, einer der politischen Machthaber von Jewel, einfach nur herrlich fies und aalglatt, so dass man direkt merkt, dass er nichts Gutes im Schilde führt. Die vier Wächter haben ebenfalls völlig unterschiedliche Charaktere, die man gut heraushören kann – Olga Ciavolga spricht Kaempfe sehr sanft, mit dezent russischem Einschlag, der junge Krötenrotz wirkt zornig und frech, Sinju weise und zupackend. Auch den beiden Tieren, dem Wolf und dem Raben, verleiht Kaempfe mit viel Krächzen und Knurren eine hörbare Präsenz. Die einzelnen Kapitel werden zudem von stimmungsvoller Musik voneinander getrennt, die mal dramatisch, mal schaurig anzuhören ist. Wer übrigens "
Onkel Montagues Schauergeschichten" aus dem gleichen Verlag gehört hat, wird eine der markanten Melodien wiedererkennen; das sorgt zunächst für etwas Verwirrung, stört aber bald nicht mehr.
Einziges kleines Manko des Hörbuchs ist die Aufnahme selbst – die Tonqualität ist prinzipiell gut, aber das Hörbuch wurde viel zu leise aufgenommen, so dass man den Player teilweise komplett bis zum Anschlag aufdrehen muss, um alles zu verstehen.
"Goldie Cox und das Museum der Diebe" ist nur der erste Teil einer Trilogie, es sind also noch weitere Abenteuer mit den vier Wächtern und dem mutigen und eigenwilligen Mädchen Goldie Cox zu erwarten. Teil 1 ist auf jeden Fall eine äußerst spannende und gut durchdachte Erzählung, die im Verlauf der Handlung immer rasanter und dramatischer wird, bis man schließlich atemlos vor dem Lautsprecher sitzt und der ausgezeichneten Lesung von Peter Kaempfe lauscht. Empfehlenswert!
Eine Hörprobe gibt es
hier auf der Website von Audiolino.
Die Trilogie wird im Oktober 2011 fortgesetzt in "Goldie Cox – Stadt der Lügen".