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Sabine Müller arbeitet als Moderatorin beim Privatradio an prominenter Stelle. Sie moderiert zusammen mit Klaus, der die Show fährt – also die Regler bedient, mit denen die Tontechnik gelenkt wird. Beide lesen Texte, die von den Redakteuren vorgeschrieben werden. Diese wiederum wählen Themen, die echt gut ankommen: Kinder und Tiere gehen immer.
Wer so konsequent wie der im Buch beschriebene Privatradiosender auf die Stimme des Marktes hört, ist bald zu Recht die Nummer eins bei den Morningshows im Sendegebiet. Das wiederum rentiert sich im Hinblick auf die Werbeeinnahmen. Zusätzliche Einnahmen kommen aus Gewinnspielen, bei denen die HörerInnen durch die kostenpflichtigen Anrufe weit mehr bezahlen, als zum Schluss durch die Auszahlung des Gewinns für den Sender verloren geht.
Sabine Müller beschreibt in vielen Anekdoten aus ihrem Beruf den Alltag in einem Privatsender, die dort arbeitenden Menschen und nicht zuletzt die alljährliche Weihnachtsfeier, in deren Verlauf wie jedes Jahr verkündet wird, dass aus wirtschaftlichen Gründen die Gehälter gekürzt werden. Von ihrem Privatleben kann sie nicht so viel berichten, weil es kaum stattfindet. Wer jeden Tag um 2:45 Uhr aus dem Schlaf gerissen wird, um rechtzeitig zur Vorbereitung der morgendlichen Arbeit im Sender zu sein, muss früh am Abend ins Bett und ist vom üblichen Sozialleben ziemlich ausgeschlossen. Sabine Müller versucht, Kontakt zu einem Traummann übers Internet zu knüpfen und scheitert kläglich.
Ist das der Grund dafür, dass sie gleich zu Beginn des Buches von einem 100 Meter hohen Haus springt? Sind die restlichen Seiten des Buches nur eine Aufzeichnung, ein Tagebuch, das nach dem tödlichen Aufprall gefunden wurde?
Das zentrale Spannungsmoment von "Payoff" soll hier nicht gelöst werden. Alle anderen Kapitel des Buches sind unterhaltsam geschrieben. Aus einer gewissen, vielleicht auch inneren ironischen Distanz der Erzählerin zu den bisweilen gar nicht heiteren Episoden wirkt alles gar nicht so schlimm, wie es einer anderen Person in derselben Situation wohl erscheinen könnte. Da die Autorin des Romans, Christina Haubold, selbst seit vielen Jahren in der Branche arbeitet, wirken die Erlebnisse der Romanfigur ebenso realistisch wie die handelnden Personen – es ist durchaus vorstellbar, dass es tatsächlich solche Leute und Situationen in Privatsendern gibt.
Wer das Buch in pädagogischer Absicht an eine Schülerin verschenken möchte, die in der Schule nicht hinreichend engagiert arbeitet, sollte vorsichtig sein. Wir lernen aus dem Buch nicht nur, wie hart es hinter den Kulissen der immer gut gelaunten Morgenshow im Radio zugeht, sondern auch, dass Karrieren hier nicht durch gute Schulnoten oder harte Arbeit erreicht werden – Vitamin B wie Beziehung spielt hingegen eine sehr große Rolle!
Fazit: Ein lesenswertes Buch, unterhaltsam geschrieben.
Auf der Verlagswebsite gibt es eine kurze Leseprobe.