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Der siebte Band von "House of Night" hat den Lesern einen ganz anderen Blickwinkel auf die Geschichte des Vampyr-Internats in Tulsa gegeben. Nicht mehr Zoey stand im Mittelpunkt, sondern die anderen jungen Vampyre haben mehr Raum bekommen. Ob das Mutter-Tochter-Gespann diesen Weg beibehält oder doch Zoey wieder zur alleinigen zentralen Figur wird, muss der achte Band zeigen.
In Tulsa tobt mittlerweile dank des "House of Night" ein Kampf zwischen Gut und Böse. Anfänglich war es eine fehlgeleitete Hohepriesterin, die den Schülern und vor allem Zoey als Ausnahmebegabten das Leben schwer machte. Doch mittlerweile ist Neferet keine Hohepriesterin der Göttin Nyx mehr, sondern hat sich voll und ganz mit der Finsternis verbündet. Sogar Kalona, den Unsterblichen, hat sie an sich gebunden und nutzt ihn für ihre Zwecke.
Zoey ist nach ihrer Rückkehr aus der Andernwelt stark geschwächt und auch seelisch nach den Strapazen noch nicht geheilt, doch ihr ist nur wenig Erholung auf der Insel Skye gegönnt, bevor sie zurück nach Tulsa muss. Ein Freund stirbt unter tragischen Umständen, zugleich kehrt Neferet nach Tulsa zurück. Auch wenn sie sich nicht offen gegen Zoey wenden kann, ist diese nicht mehr sicher. Wie unsicher ihr Leben ist, wird sich erst im nächsten Band endgültig zeigen.
"Geweckt" behält zum Glück ein wenig den Pfad aus "
Verbrannt", dem siebten Band, bei. Auch wenn Zoey wieder aus der Andernwelt zurück gekehrt ist, erhalten die übrigen Charaktere immer noch Raum zur Entfaltung. Das große Thema des Buches sind Beziehungen, und so ist es nur natürlich, dass hier die Action etwas zurücktritt. Stattdessen stehen auf einmal Gefühle und Gedanken verschiedener Charaktere im Mittelpunkt der Handlung. Hier sind natürlich zum einen die Liebesbeziehungen zwischen den Figuren Thema, aber auch Freundschaft, Loyalität und Treue zum Vater sind zentrale Elemente.
Rephaim, der Rabenspötter, muss sich entscheiden zwischen dem Leben, das er immer kannte, inklusive bedingungsloser Treue Kalona gegenüber, und seiner Chance auf ein neues Leben durch seine Liebe zu Stevie Rae. Besonders dieser Handlungsstrang ist gut herausgearbeitet und bewegend geschildert. Die Rote und der Rabenspötter, diese Liebe ist für alle unverständlich, auch für sie selbst, und keiner kann ahnen, was noch aus dieser Verbindung werden mag. Neben dem Tod und der anschließenden Beerdigung eines zentralen Charakters weichen alle anderen Fäden der Erzählung zurück, doch diese Ruhe tut der Serie gut. Ausnahmsweise gibt es nicht ständige Kämpfe und neue Entwicklungen, sondern auch der Leser kann kurz inne halten, trauern und dann gespannt auf die Zukunft und den neunten Band warten.
Bleibt abzuwarten, ob dieser das Ende der Reihe näher bringt oder wiederum den Eindruck verstärkt, dass diese Serie ewig weiter gehen könnte. Dieser achte Roman ist auf jeden Fall eine Pause im Handlungsstrang. Schlecht ist das nicht, aber am Ende sind Zoey und ihre Freunde einem Leben in Frieden noch keinen Schritt näher gekommen.
Die bekannten Kritikpunkte der Serie bestehen weiterhin, immer noch werden längst bekannte Konstellationen und Eigenheiten wieder und wieder wiederholt, immer noch sind Damien und Jack die wohl klischeehaftesten Schwulen, die die Literatur hervorgebracht hat. Leider hat sich auch der Versuch, Oklahoma-Akzent und Slang ins Deutsche zu übersetzen, felsenfest gehalten. Wie furchtbar es ist, ständig von "Müll in Tüten" zu lesen oder mit der absolut verdrehten Grammatik Kramishas klarkommen zu müssen, wird jeder wissen, der diese Serie noch liest. Wer es aber bis zu diesem Punkt der Reihe geschafft hat, wird sich damit abgefunden haben - auch wenn diese Resignation kein positives Ergebnis ist.
Dadurch, dass hier Gefühle, Ängste und vor allem Hoffnung und Liebe die Hauptrollen übernehmen und sich Kämpfe stark im Hintergrund halten, ist dieser Band eine willkommene Abwechslung in der House of Night-Reihe. Dennoch bleibt beim Leser die Hoffnung, dass es im neunten Band endlich (!) spürbar vorwärts geht. So langsam gehen schließlich auch die göttlichen Beförderungsstufen für Zoey aus, vielleicht ist das ein Anzeichen für die nahende, endgültige Entscheidung zwischen Gut und Böse.