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Hector und seine Familie führen, von außen betrachtet, das perfekte Vorstadtleben. In einem Vorort von Melbourne lebt die vierköpfige Familie in einer vollkommenen Idylle, so scheint es zumindest. Hector und seine Frau Aisca verdienen beide gut, die Kinder sind gesund, das Haus groß. Als sie ihre - ebenso vorbildlichen Freunde - zur Grillparty einladen, dreht sich das Blatt. Hugo, der dreijährige Sohn von Gary und Rose, ist ein verzogenes Biest, das allen auf die Nerven geht. Als Harry, Hectors Cousin, die Nerven verliert und Hugo eine Ohrfeige verpasst, ändert sich im Gefüge der Freundesgruppe alles. Man kann nicht neutral bleiben, wenn ein Erwachsener ein Kind schlägt, und die acht Erwachsenen haben jeder ihren eigenen Standpunkt. Manche verstehen Harry, andere sind komplett auf der Seite der Eltern, die Harry sogar anzeigen und vor Gericht bringen wollen. Ausgehend von diesem Ereignis stellt der Roman nach und nach alle Perspektiven dar und beleuchtet die Abgründe in jedem der acht Freunde.
Was als idyllische Familiengeschichte beginnt, wendet sich bald. Als Harry den kleinen Hugo schlägt, ist es eben nicht "Nur eine Ohrfeige". Jeder der Anwesenden schlägt sich in dem Moment auf eine Seite und verlässt diese Position auch nicht mehr. Diese Ohrfeige wird zur Zerreißprobe für Freundschaften, die schon lange bestehen. Allerdings ist sie nur der Auslöser für alle, Freundschaften und Charakterzüge zu überdenken, denn zwischen den Erwachsenen liegt einiges im Argen.
Die Perspektive wechselt regelmäßig von einem Charakter zum nächsten, so dass der Leser im Verlauf des Buches alle acht Standpunkte kennen lernt. Dabei erfährt er auch allerhand über die Personen selbst und sieht, dass die idyllische Fassade trügt. Die Tatsache, dass wirklich jeder Charakter seine dunklen Flecken verbirgt, stellt auch eine Belastung für den Leser dar. Natürlich ist es interessant, langsam herauszufinden, wo denn bei dieser Person der blinde Fleck liegt, allerdings ist es auf die Dauer doch eintönig, dass wirklich jeder etwas zu verbergen hat. Der Autor erweckt den Anschein, als würden alle Mitglieder der oberen Mittelschicht in Australien verschiedene Drogen beiläufig einschmeißen, als würden die Männer neben ihrer natürlich schönen Ehefrau immer noch eine genügsame Geliebte haben, die gerne für einen Mann mit Midlifecrisis zur Verfügung steht, ohne Ansprüche zu stellen. Auch die Frauen sind nicht unbedingt die treusorgenden Ehefrauen und Mütter, die man auf den ersten Blick vermutet. Durch die häufigen Wechsel bleiben die Figuren auch merkwürdig fern und schwer fassbar. Man kann sich nicht mit ihnen nicht identifizieren, ihre Probleme, Hoffnungen und Nöte auch nur in den seltensten Fällen nachvollziehen. So vergehen die über fünfhundert Seiten langsam und stellenweise qualvoll. Das bunte Potpourri der Darsteller - an Abstammung, Religion und Einstellungen ist wirklich alles dabei - sollte eigentlich für Abwechslung und Spannung sorgen. Aber die einheitlichen Krisen und Problemchen der Charaktere machen diesen Anflug leider schnell wieder zunichte.
"Nur eine Ohrfeige" beginnt als Charakterstudie, bei der es um die obere Mittelschicht eines ruhigen Vororts geht. Schnell wird aber der erste, gute Eindruck kaputt gemacht, da die Probleme in ihrer Dramatik zu gehäuft auftreten, um wirklich auf Dauer zu fesseln.
Hier auf der Webseite des Verlags lässt sich ein erster Blick in das Buch werfen.