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Die "Mystery Case Files" gehen bereits in die achte (!) Runde, innerhalb der erfolgreichen Wimmelbildreihe ist nun der dritte Teil der "Ravenhearst"-Serie erschienen. Erneut schlüpft der hoffentlich furchtlose Spieler in die Rolle des unbekannten "Meisterdetektivs" und kehrt zurück nach Ravenhearst, da dort seit einiger Zeit wieder Menschen verschwinden.
Was den Spieler jedoch erwartet, sind nicht nur verfallene und von Geistern heimgesuchte Orte, sondern vor allem ein bitterböses, makaberes Spiel, das sein alter Widersacher Charles N. Dalimar sich ausgedacht hat. Der Detektiv muss die schrecklichen Stationen von Charles traurigem Leben am eigenen Leib erfahren, sonst bleibt er für immer die Geisel des durch und durch verrückten Mannes. Wird die "Flucht aus Ravenhearst" gelingen?
"Flucht aus Ravenhearst" hinterlässt als Wimmelbild-Adventure einen relativ gemischten Eindruck. Der tollen, wirklich gruseligen Hintergrundstory und dem atemberaubend morbiden Setting steht ein oft unverständliches Spielgeschehen gegenüber, das stellenweise eigentlich nur mit einer Lösungshilfe zu meistern ist.
Ungewöhnliches Wimmelkonzept mit "veränderbaren" ObjektenAber der Reihe nach: Das Spiel beginnt mit der Rückkehr des namenlosen Detektivs nach Ravenhearst. Dort trifft er auf Geister, die ihm zum Glück wohlgesonnen sind. Sie sind bereit, wichtige Tipps und Hilfestellung zu geben, und zwar mithilfe eines magischen Medaillons. Das Schmuckstück taucht in verschiedenen Szenen auf und gibt den Startschuss für eine Art Wimmelbild-Suche, die sich jedoch von ihrem Prinzip her von anderen Spielen des Genres stark unterscheidet. Es gibt keine Liste mit zu suchenden Gegenständen, stattdessen muss eine Szene ganz genau untersucht werden, und zwar nach sich verändernden Objekten. Das Medaillon zeigt jeweils an, wie viele dieser wandelfreudigen Objekte gefunden werden müssen.
"Sich verändernd" heißt, dass in einer überladenen Szenen manche Gegenstände ihre Farbe ändern oder ihre Form, dass sie auftauchen und wieder verschwinden. Dies geschieht in unregelmäßigen Abständen; die Wandlungen sind teilweise so minimal und so wenig auffällig, dass dem Spieler bald der Schädel brummt vom lauter Auf-den-Monitor-Starren. Das Spielprinzip ist eigentlich keine schlechte Idee und hätte sich gut als Ergänzung für konventionelle Wimmelszenen (mit Suche anhand einer Textliste oder anhand von Abbildungen/Umrissen der Suchobjekte) angeboten, ersetzen kann es sie allerdings nicht. Stattdessen bietet die kleinteilige Suche nach einem Besenstiel, der alle paar Sekunden seine Form ganz leicht verändert, oder nach einem winzigen Foto, das mal dieses, mal jenes Gesicht zeigt, viel Potential für Frust, Ungeduld und tränende Augen.
Knackige Rätsel sorgen für rauchende KöpfeNeben der Suche nach wandelbaren Objekten gibt es auch eine Menge teils sehr knackiger Kombinations-Rätsel und Minispiele zu lösen. Letztere sind gut zu schaffen, auch wenn bei allen Spielen ein Hinweis fehlt, was nun eigentlich zu tun ist (und dies erschließt sich nicht immer auf den ersten Blick). Für Anfänger wären solche kurzen Erklärungen der Minispiele definitiv ein Muss gewesen. Die Kombinationsrätsel und zu sammelnden Gegenstände sind außerdem nicht immer logisch. Beispielsweise kann ein Stein, den der Spieler mit bloßer Hand nicht verrücken kann, sinnigerweise mit einem kleinen Flaschenöffner aus dem Weg geräumt werden. Insofern ist der Einsatz von Gegenständen oft einfach nur eine Sache des Ratens und Ausprobierens.
Die sonstigen Rätsel - zum Beispiel die richtige Kombination für einen Safe oder eine Tür zu finden - sind teilweise wirklich fordernd, was erfreulich ist, aber eben auch das Heranziehen einer Komplettlösung verführerisch macht. Ein Beispiel: In einer Leichenhalle haben die Toten kleine Schildchen um den großen Zeh, auf denen eine bestimmte Zahl eingekringelt ist. Diese wird im Anschluss auf einer Tafel mit einem Sehtest benötigt; es ergeben sich daraus Buchstaben, aus denen man ein Wort bilden muss, das als Türöffner dient. Klingt nicht unlösbar, ist jedoch ohne den kleinsten Hinweis wirklich knackig! Oder wer kommt schon auf die Idee, Babypuppen in einen Röntgenapparat zu stecken, um etwas über ihr Innenleben zu erfahren?
Sehr ärgerlich ist, dass der Meisterdetektiv zwar über ein Tagebuch verfügt, dass darin aber keinerlei Hinweise, die im Spiel gesichtet wurden, notiert werden. Als Spieler ist man also gezwungen, jeden Reim, jede Farbfolge von verdächtigen Dingen, jede zufällig auftauchende Zahlenkombination zu notieren, denn im Tagebuch finden sich diese Dinge nicht.
Eine morbide Reise in Charles' bizarre Vergangenheit - toller Gruselspaß! Nun zum Positiven: Die Story ist wirklich extrem gruselig, die Schauplätze sind schaurig und morbide. Zu Beginn, wenn der Detektiv sich in Ravenhearst wiederfindet, ist die Atmosphäre zwar unheimlich, aber noch halbwegs normal. Danach aber, ab Kapitel 2, wird der Spieler von dem verrückten Charles entführt und muss die Stationen von dessen grausigem Leben in wirklich bizarren Szenerien nachempfinden. Dabei besucht er das Krankenhaus, in dem Charles zur Welt kam (und muss dem Baby in einer Szene wie aus einem Albtraum tatsächlich zur Geburt verhelfen), sein Elternhaus und eine Irrenanstalt, in der Charles lange Zeit lebte. In diesen Kapiteln gibt es richtig ekelhafte Aufgaben zu meistern (Stichwort: Fußnägel und Nasenhaare schneiden) und verstörende Bilder wie aus einem Horrorfilm zu sehen - wer Angst vor schaurigen Puppen hat, sollte die Finger von diesem Spiel lassen! Wer sich aber angenehm gruseln will und gern durch verwahrloste Krankenhäuser und Labore streift, durch die verzweifelte Schreie hallen, der wird die tolle Atmosphäre lieben.
Fazit: "Flucht aus Ravenhearst" ist ein anspruchsvolles Wimmelbild-Adventure, das unter den teilweise unlogischen und frustrierenden Aufgaben leidet. Allerdings sind die unheimliche Grafik und die teils wirklich bizarren, surrealen Szenen und Einfälle allein schon wert, dass man dem Game eine Chance gibt! Die Altersfreigabe von zwölf Jahren sollte dabei allerdings auf jeden Fall beachtet werden.
Einen Trailer zum Game gibt es
hier auf der Website von Astragon.