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"Wenn es keine Busen gegeben hätte, ich glaube, ich hätte niemals Menschen gemalt." Dieser Ausspruch stammt von Pierre-Auguste Renoir und ist auf der Rückseite des hier besprochenen Buchs zu finden. Renoir liebte die Frauen und hatte viele Affären, meist mit jenen Frauen, die ihm Modell saßen.
Das Vorwort des Buchs stammt von Jacques Renoir, einem Urenkel des berühmten Malers; dieser berichtet davon, wie die Abläufe im Hause Renoir organisiert waren – unter Einbindung der Modelle, die oft auch Aufgaben im Haushalt hatten -, er zeigt aber auch auf, wie Renoir mittels seiner Kunst immer nach dem Wesen des Weiblichen suchte.
Im Anschluss führt die Autorin, Karin Sagner, in das Thema ein und bietet das nötige Hintergrundwissen, das dem Leser Renoirs Lebenswelt und die Gesellschaft seiner Zeit näher bringt, einschließlich der Subkultur am Montmartre, aus der seine Modelle überwiegend stammten.
Im Hauptteil des Buchs werden die Frauen in Renoirs Leben portraitiert. Beginnend mit Lise Tréhot, mit der Renoir zwei uneheliche Kinder hatte und auf die Aline Charigot folgte, Renoirs spätere Ehefrau, über die sehr aparte Nini Lopez, die man aus "Die Loge" kennt, Ellen Andrée (unter anderem "Am Ende des Frühstücks") und viele andere bis hin zu Madeleine Bruno, die ihm in seinen letzten Jahren hilfreich zur Seite stand, lernt der Leser hier überwiegend sehr einfache Mädchen und Frauen kennen. Zahlreiche Abbildungen von Gemälden, auf denen die jeweilige Frau posiert, aber auch Fotos von ihnen ergänzen den Text.
In den fünf Kapiteln "Natürlicher Charme", "Zwischen Bohème und Halbwelt", "Das Idealbild – die sorgende Venus", "Damen der Gesellschaft" und "Das Weibliche als ewige Quelle der Inspiration" sind die Portraits jeweils chronologisch geordnet.
Der Anhang bietet nebst Literaturverzeichnis und Bildnachweis ein Personenregister und ein Verzeichnis der im Buch abgebildeten Werke des Künstlers.
Im Allgemeinen erfasst ein Betrachter von Renoirs Portraits vor allem die Szenen, ein tanzendes Paar, die mit fröhlichen Mädchen flirtenden Ruderer bei ihrem Frühstück, badende Mädchen - ohne sich Gedanken über die Persönlichkeiten der Modelle zu machen. Gerade an Renoirs Bildern erfreuen der zeitlose Liebreiz der Gesichter, die Natürlichkeit der Posen und Bewegungen und die Authentizität.
Die Lebensbilder von Renoirs Frauen erzählen mitunter andere Geschichten als diese Gemälde, nicht nur, weil Renoir weibliche Üppigkeit liebte und daher manches Modell mit wesentlich mehr Rundungen ausstattete, als es tatsächlich aufwies, und man die ein oder andere Fotografie daher mit Erstaunen betrachtet: Meist waren diese materiell sehr armen Mädchen wahre Lebenskünstlerinnen, die es nur unter Schwierigkeiten schafften, nicht in die Prostitution abzugleiten und stattdessen in einigen Fällen gesicherte Verhältnisse aufzubauen.
Karin Sagner schildert die Lebensgeschichten zwar sachlich, aber auch mit Empathie; für Renoir und für die Frauen. Es gelingt ihr, dem Leser Renoirs Zeit im Allgemeinen, aber auch sein Umfeld und das seiner Modelle nahezubringen.
Zur Attraktivität des Buchs tragen natürlich ganz besonders auch die herrlichen Gemälde bei, die darin präsentiert werden. Viele von ihnen sind dem Leser vertraut und gewinnen in diesem ungewohnten Kontext eine ganz neue Bedeutung; man wird sie mit noch mehr Sympathie betrachten und sich an ihnen freuen. Und wenngleich sich die Bücher aus dem Verlag Elisabeth Sandmann primär an Frauen wenden, dürfte dieses auch manchem Mann gefallen.
Ein weiteres bezauberndes Werk aus dieser Reihe: so informativ wie charmant, hochwertig in jeder Hinsicht und dabei ganz offensichtlich mit viel Liebe gemacht.