Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Bildqualität | |
Brutalität | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Stockholm, die Gegenwart: In einem spektakulären Prozess wird der bekannte Journalist Mikael Blomkvist zu einer zehnmonatigen Haftstrafe verurteilt. In einem Artikel im Magazin "Millennium" hatte er den einflussreichen Unternehmer Wennerström der Veruntreuung von Geldern bezichtigt - und wird nun selbst wegen schwerer Verleumdung schuldig gesprochen.
Da Blomkvist die Strafe nicht sofort antreten muss, kommt ihm ein geheimnisvoller Auftrag gerade recht: Der alte Henrik Vanger bittet ihn, auf Hedestadt, der Privat-Insel seiner Familie, einem vor langer Zeit geschehenen Verbrechen auf die Spur zu kommen. Dort verschwand vor vierzig Jahren Harriet, die Großnichte von Vanger, spurlos. Da zu diesem Zeitpunkt niemand die Insel betreten oder verlassen konnte, vermutet Henrik Vanger den Mörder unter seinen Verwandten. Seitdem hat er seine Großnichte nicht mehr gesehen, es gibt kein Lebenszeichen - außer gerahmten Bildern mit gepressten Blumen, die Vanger seit Harriets Verschwinden jedes Jahr zu seinem Geburtstag erhält. Blomkvist richtet sich auf Hedestadt häuslich ein und beginnt mit seinen Nachforschungen. Er ahnt nicht, dass er einem unfassbaren Verbrechen auf der Spur ist ...
Zur gleichen Zeit: Die eigenwillige Computerexpertin Lisbeth Salander, die unter einer Vormundschaft steht und seit ihrer Jugend als äußerst gewalttätig und psychisch auffällig gilt, wird von Henrik Vanger beauftragt, in der Vergangenheit von Mikael Blomkvist zu forschen, um seine Vertrauenswürdigkeit zu prüfen. Sie ist fasziniert von dem Journalisten und vermutet, dass seine Verurteilung im Prozess gegen den Unternehmer Wennerström ein abgekartetes Spiel war. Doch bald hat Lisbeth ganz andere Probleme: Ihr Vormund stirbt - der ihr neu zugeteilte Betreuer beginnt, sie sexuell zu missbrauchen.
2005 erschien in Schweden mit "Verblendung" (im Original treffender: "Män som hatar kvinnor" - "Männer, die Frauen hassen") posthum der erste Teil der "Millenium-Trilogie" des schwedischen Schriftstellers Stieg Larsson und schlug ein wie eine Bombe. Es folgten zwei weitere Romane - tatsächlich waren noch sieben weitere in Planung, jedoch verstarb der Autor leider bereits im Jahr 2004 - sowie zwei aufwendige Verfilmungen des Stoffs.
Bei Splitter ist nun eine Comic-Adaption erschienen. Jedem Roman sind zwei Bände gewidmet, der erste Teil von "Verblendung" umfasst 64 Seiten. Der Comic überzeugt durch Werktreue und die aufwändigen, sehr detaillierten und feinstrichigen Zeichnungen sowie die guten Darstellungen der Charaktere (Autor: Sylvain Runberg, Zeichnungen: José Homs). Beide Hauptfiguren - Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist - sind äußerst gelungen umgesetzt worden, Salander sogar richtig großartig: rotzig, zornig, schräg.
Grundsätzlich stellt sich beim Lesen die Frage, ob die Graphic Novels als Adaption in ein weiteres Medium noch Neues bieten können, nachdem erst vor relativ kurzer Zeit die US-amerikanische Leinwandversion (2011) und davor die skandinavisch-deutsche Co-Produktion (2009) umgesetzt wurden.
Die Romane von Stieg Larsson sind zwar "nur" Kriminalromane, sie gehen aber sehr in die Tiefe; allein die Affäre um Wennerström, Blomkvists Artikel über ihn und die Verurteilung nehmen viele, viele Seiten im ersten Buch ein.
Der Comic weicht nicht von der bekannten Handlung ab, muss sie aber natürlich aus Platzgründen auf das Wesentliche herunter dampfen und stark komprimieren. Das ist durchaus sehr gut gelungen. Neue Impulse gibt die Adaption jedoch leider gar nicht, sie hält sich sehr stark an die Bilder und Szenen, die man aus den Filmen im Kopf hat. Das ist schade, hätte doch eine andere Sicht mit eigenen Ideen, ausgehend von der Romanvorlage, viele neue Aspekte und Sichtweisen auf die interessanten Figuren und die sehr spannende Handlung bringen können. Wie übrigens auch Roman und Film ist "Verblendung" recht drastisch ausgefallen, die Altersempfehlung ab 16 Jahren durchaus gerechtfertigt: Vergewaltigung, Gewalt und Mord sind allgegenwärtig und oft auch explizit in Szene gesetzt.
Insofern ist der erste Teil von "Verblendung" als Comic einerseits eine runde Sache - gute, packende Story, sehr ansprechende, aufwendige Zeichnungen -, andererseits wirkt der Band aber stellenweise wie eine bebilderte Nacherzählung der Film-Versionen, statt völlig neue Bilder im Kopf des Lesers entstehen zu lassen. Wer "Verblendung" noch gar nicht kennt, findet mit diesem Comic einen gelungenen Einstieg in die großartige Krimireihe von Stieg Larsson vor. Wer allerdings bereits die Romane gelesen und/oder die Filme gesehen hat, findet wenig Neues und Inspirierendes, wenngleich Zeichnungen und Umsetzung wirklich sehr gut sind!
Zur Online-Leseprobe auf der Website von Splitter: "Verblendung - Buch 1"