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Telefonsex. So möchte Melanie ihr Einkommen verbessern, denn die Studentin kann jeden Cent gebrauchen. Daher stellt sie sich bei Viola vor, die eine kleine Firma betreibt und sie nach einem Probetelefonat mit einem Kunden auch direkt einstellt. Neben der ganzen Palette an Bedürfnissen, die die Kunden haben, gerät Melanie, die fortan unter dem Namen Cordula arbeitet, jedoch an Friedhelm, der eine Vorliebe zu haben scheint, die sie nicht teilt. Er möchte sie würgen und quälen, ihr die Luft zu Atmen nehmen, sich an ihrer Panik ergötzen und seinem Namen "schwarze Drossel" alle Ehre erweisen. Viola beruhigt ihre neue Mitarbeiterin, dass kein Kunde weiß, wo sich die Firma befindet, doch alsbald liegt eben eine tote schwarze Drossel auf der Fußmatte und Friedhelm kommt den beiden Frauen bedrohlich nah ...
Mit André Minninger werden schnell die ??? in Verbindung gebracht. Nicht nur seine Beteiligung an den Hörspieladaptionen, sondern auch seine eigenen Werke mit Justus, Peter und Bob und mittlerweile auch zu TKKG zeichnen ihn aus. Nun wagt er sich mit "Einsamer Anruf" an eine Einzelfolge für MindNapping und das mit durchwachsenem Erfolg.
Stark und ansprechend ist die Idee: Eine Studentin bessert ihr "Taschengeld" auf, indem sie ihren frivolen Kunden als Cordula am Telefon die Wünsche erfüllt, je länger diese in der Leitung bleiben, umso besser. Doch, es kommt, wie es kommen muss. Friedhelm hat Neigungen, die weit über Melanies Bereitschaft hinausgehen, wohl die wenigsten empfinden bei solcher Bedrohung noch Lust. Michael von Rospatt erweckt den kranken Anrufer zu einem unheimlichen Leben. Schritt für Schritt enthebt er Melanie ihrer Anonymität. Er weiß mehr über sie, als ihr lieb ist. Ihren Aufenthaltsort, ihren echten Namen und sogar ihre Adresse. Seine Auftritte am Telefon oder in nächtlicher Umgebung sind hervorragend gesprochen und umgesetzt. Vom leisen Röcheln, über die psychopathischen Dialoge bis hin zum diabolischen Lachen, alles ist dabei und lässt das Blut in den Adern gefrieren - nicht nur bei Melanie.
Schwach ist die Auflösung. Nach dem packenden Aufbau der Geschichte wartet der Hörer auf den MindNapping-Moment. Wann kommt der Twist in der Handlung, wohin führt dieser? Der Vorhang hebt sich und zurück bleibt eine enttäuschende Leere. DAS soll die Auflösung sein? So viel Aufwand für diese Aktion, die eigentlich keine Erkenntnisse bringt? Noch einmal hören. Siehe da, das Grundgerüst der Geschichte kommt ordentlich ins Wanken. Ein Beispiel dafür ist die Szene in der Melanie mit ihrem Freund den Erhalt der neuen Stelle feiert. Die beiden unterhalten sich privat, ohne, dass es jemand mitbekommt und bieten nur eine konstruierte Geschichte (Stundenlohn, Webcam ...), die den Hörer (fehl-)leiten soll. Niko wird doch wohl wissen, was seine Freundin tut. Distraktion, aber eben nicht durch ausgelassene Gesprächsteile oder fehlende Zusammenhänge, sondern einfach nur durch Falschaussagen erreicht. Schwer liegen die letzten Hörspielminuten im Magen. Irgendwie ergibt das alles keinen Sinn. Klar, der Überraschungsmoment ist gegeben, aber je mehr Zeit verstreicht, umso unbefriedigender wird das Ende. Ebenso wirkt es, als sei die Figur von Melanie nicht durchdacht: Die Stimme passt nicht zum Charakter. Es entsteht im Kopf nicht das Bild der (jungen) Studentin, die sich etwas dazu verdienen möchte, sondern das einer reiferen Frau. Das hätte zumindest stimmlich und zum gewählten Cognac besser gepasst.
Kurzum: "Einsamer Anruf" startet stark, verschenkt aber Punkte durch das sehr wackelige Ende.
Audionarchie bietet eine Hörprobe an.