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 Arcane Codex


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Leitbarkeit
Preis - Leistungs - Verhältnis
Der erste Gedanke bei der Lektüre des immerhin 376-seitigen Regelwerks war: nette Aufmachung. Den Leser erwartet ein DIN A4-formatiges Hardcoverprodukt, dessen Cover bereits sehr schön gestaltet ist. Auf den Innenseiten der Deckblätter finden sich zwei Farbkarten des Kontinents, wobei eine durch ihre zahlreichen Eintragungen und Markierungen von wichtigen Orten und Grenzen für den Spielleiter und die andere durch das Fehlen eben jener Informationen für die Spieler geeignet ist. Auf der Spielleiterkarte befindet sich eine Legende zu den eingetragenen Zeichen und am Rand ein Maßstab für die Größe des Kontinents. Und Kreijor ist ziemlich groß.

Das Inhaltsverzeichnis ist übersichtlich und macht von Anfang an klar, worum es in diesem Spiel eben nicht gehen soll: unnötiges Regelwälzen.
Auf gerade einmal fünf Seiten werden dem Leser alle nötigen Regeln erklärt, die es für Arcane Codex braucht, um Abenteuer in dieser Dark-Fantasy-Welt erleben zu können. Dabei sind die wenigen Regeln nicht mal sonderlich komplex, um möglichst viele Eventualitäten abdecken zu müssen, sondern lassen sich alle in ein System verpacken, das lediglich auf einem 2W10-System basiert, also nur zwei zehnseitige Würfel benötigt.

Nach einer kurzen Einleitung zum Thema Rollenspiel folgt ein ebenfalls sehr kurzer Gesamtüberblick über die wesentlichsten Merkmale des Kontinents. Hier bekommt der Leser einen ersten Eindruck von der Welt, ihrer Flora und Fauna sowie die Völker Kreijors, die allerdings in den nachfolgenden Kapiteln wesentlich ausführlicher dargestellt werden.
Die folgenden Seiten handeln von der bewegten und blutigen Geschichte des Kontinents, die in Erzählform und mit Angabe von Jahreszahlen vermittelt wird.
Als Nächstes werden die Gilden und Geheimgesellschaften vorgestellt - welche Ziele sie verfolgen, welche Aufnahmebedingungen sie haben und wo sie ansässig sind, kann man hier nachlesen. Sie sind auch bestens dazu geeignet, für Abenteuer wertvolle Ideen zu liefern.
Danach kommen erst mal viele Seiten Informationen über die zahlreichen Reiche und Länder Kreijors. Jedes der Länder wird einzeln und ausführlich mit seinen Eigenheiten, den Herrschern und Mächtigen vorgestellt. Aber auch die Landschaft und dort heimische Kulturen werden erläutert. Zu jedem der Länder gibt es ein Bild des dazugehörigen Wappens, sowie eine kurze Aufzählung typischer Namen der Bewohner.

Auf den nächsten 24 - diesmal farbigen - Seiten befinden sich unterschiedliche Archetypen, die einen schnellen und unproblematischen Einstieg in das Spiel ermöglichen sollten oder zumindest den Spielern eine Gewichtung der Punkteverteilung bei der Erschaffung eigener Charaktere vermitteln können.
Es folgen die Rassen Kreijors. Es gibt in Arcane Codex acht Rassen, wobei die Elfen noch einmal in drei unterschiedliche Völker aufgeteilt sind, was es dem Spieler ermöglicht, unter insgesamt zehn verschiedenen Rassen die ihm passendste auswählen zu können. Die spielbaren Rassen sind im einzelnen: Menschen, Elfen (Waldelfen, Dunkelelfen und Sidhe), Feen, Zwerge, Trolle, die echsenähnlichen Krask, Halblinge und Orks. Unter jedem Bild der typischen Vertreter der Rassen kommt eine kurze Beschreibung, die schließlich von den speziellen Eigenschaften und deren Modifikationen gekrönt wird.

Jetzt geht es endlich ans Eingemachte: die Charaktererschaffung. Hat man bisher alles über den Kontinent, die Länder und ihre Bewohner gelesen, wird hier Schritt für Schritt die Erschaffung eines Charakters erklärt. Zunächst einmal muss sich jeder Spieler selbst 16 Fragen stellen, die seinem zukünftigen Charakter ein erstes Profil verleihen, das dann gleich darauf durch das Zufügen von Eigenschafts- und Fertigkeitspunkten sowie dem Erwerb von Vor- und Nachteilen zu einem echten Ganzen verschmolzen wird.
Die Bedeutung der Wertigkeiten der Eigenschaften werden zusammen mit den einzelnen Fertigkeiten und Vor- und Nachteilen ausführlich in den nächsten drei Kapiteln erklärt. Das heißt, was der Unterschied zwischen einer Vier und einer Sechs in einer Eigenschaft oder einer Fertigkeit bedeutet, wird hier sehr anschaulich vermittelt. Ebenso wird hier genau beschrieben, was die Fertigkeiten bewirken und wo sie einzusetzen sind.
Die gesamte Erschaffung wird Schritt für Schritt erklärt und verlangt keine großen rollenspielerischen Vorkenntnisse.

Kapitel Zehn widmet sich dem Kampf und seinen besonderen Manövern. Alle möglichen Manöver, ihre Probenwürfe und die zu erwartenden Auswirkungen werden dort genau beschrieben. Die Manöver mit ihren Modifikationen auf den Angriffswurf sind noch einmal extra in einer übersichtlichen Tabelle zusammengefasst. In diesem Kapitel wird sich denn auch umfangreich den verschiedenen Waffen und Rüstungen zugewandt, die die Helden in die Schlacht führen können. In sehr übersichtlichen Tabellen sind zu den jeweiligen Waffen auch noch der Schaden und die Mindestbedingungen, um sie überhaupt benutzen zu können, enthalten. Wie Schaden verursacht wird, welche Auswirkungen die Schadenszustände auf den Charakter haben und wie er ihn heilen kann, findet sich ebenfalls hier.

Statt den Charakter in eine bestimmte Charakterklasse einzuordnen und nur noch eine strikt vorgegebene Charakterentwicklung zuzulassen, wird in Arcane Codex mit verschiedenen Kampf- oder Magieschulen gearbeitet. Der Spieler entscheidet sich für eine der Schulen, die seinem Charakterkonzept am besten gelegen kommt, und kann dann dort die entsprechenden Kampf- oder Magietechniken erlernen. Es ist sinnvoll die Kampftechniken verschiedener Schulen zu erlernen, da sie miteinander kombinierbar sind. Bestimmte Vorgaben der einzelnen Schulen verhindern hier jedoch, dass man eine allzu unpassende oder unsinnige Charakterentwicklung beschreitet.
Da auch die Götter ihren Priestern Macht verleihen können, werden hier ebenfalls die einzelnen Gottheiten und die ihnen zugeschriebenen Mächte vorgestellt, auf die ein Priester mit seinen Zaubern zurückgreifen kann.

Schließlich widmet sich der Rest des Buches an den Spielleiter und gibt ihm noch viele Werkzeuge an die Hand, mit denen er das Spiel in der Welt noch spannender und aufregender machen kann: magische Gegenstände, Artefakte, Gifte und Drogen, Heilkräuter und Fallen. Aber auch Hinweise zur Erfahrungspunktvergabe und Tipps zum Entwerfen spannender und fordernder Abenteuer werden ihm mit auf den Weg gegeben.
Abgerundet wird das Ganze durch ein Kapitel mit Kreaturen Kreijors und umfangreichen Warenlisten. Selbstverständlich ist auch ein Charakterbogen zum Kopieren enthalten.

Wer schon etwas länger Rollenspiele spielt und auch in anderen Systemen zu Hause ist, wird sicherlich so einiges finden, was ihm bekannt vorkommt. Für "Arcane Codex" hat man sich scheinbar viele sinnvolle Dinge aus anderen Systemen geborgt, um sie in einem stimmungsvollen und tollen Rollenspiel zusammenzufügen. Dabei wirkt es nicht improvisiert, sondern wirklich ausgewogen. Durch die verschiedenen Rassen bietet es unheimlich viele Möglichkeiten auch für die Spieler, die mit ihren bevorzugten Charaktervorstellungen bisher auf ein bestimmtes System beschränkt wurden. Die Möglichkeit, gute und böse Charaktere in einer Runde vereinen zu können, bietet natürlich auch viele Gelegenheiten zu spannendem Rollenspiel, sofern sich ein erfahrener Spielleiter der Sache annimmt.

Zahlreiche der Zeichnungen sind nicht von professionellen Zeichnern angefertigt worden, sondern von "Normalsterblichen" mit einer Begabung fürs Zeichnen. Wer professionelle Zeichnungen und einen durchgehenden Stil erwartet, mag da enttäuscht sein, aber diese amateurhaft schönen Illustrationen haben ihren ganz eigenen Charme. Somit braucht niemand seine eigenen Bilder zu verstecken.
Sehr hübsch sind auch die kleinen - sicherlich unfreiwillig - versteckten Details in den Bildern, die manchmal erst auf den zweiten Blick für ein amüsiertes Schmunzeln sorgen, zum Beispiel die eierlegende Echsenmenschenfrau mit Brüsten oder die sich unter einer Kettenrüstung abzeichnenden Brustwarzen. Gleichzeitig deuten diese Details natürlich auch irgendwie schon auf die Zielgruppe hin.

"Arcane Codex" kommt ohne dutzende Spielhilfen aus und bietet dem Käufer mit nur einem Produkt ein komplett spielfähiges System an. Der eine oder andere Fehler im Lektorat stört ein wenig. Ein Index wäre auch sehr hilfreich gewesen. Dafür findet man auf der Seite des Verlags einen großartigen Online-Support zum Rollenspiel, von dem man unter anderem Charakterbögen, Fanabenteuer und den fehlenden Index herunterladen kann. Alles in allem ist "Arcane Codex" ein tolles Produkt, das viel bietet und wenige Vorkenntnisse verlangt.

Holger Ebert



Hardcover | Erschienen: 1. Oktober 2002 | Preis: 38 Euro | 376 Seiten | Sprache: Deutsch

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