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Zu den schillerndsten Figuren der römischen Antike zählt zweifellos Nero. Wohl um keinen anderen Kaiser ranken sich so viele Legenden und Vermutungen. Ihm ist vom 14.05. bis 16.10.2016 in Trier eine Ausstellung gewidmet, die von drei Museen getragen wird. Beim hier besprochenen Buch handelt es sich um den Katalog zur Ausstellung.
Kurz zur Person: Nero (37 – 68 n. Chr.) wurde schon in sehr jungen Jahren Kaiser; er folgte auf Claudius. Dafür hatte seine Mutter Agrippina gesorgt, die ihn skrupellos an der direkten Thronfolge vorbei an die Macht beförderte. Bekannt ist Nero nicht zuletzt für den Brand Roms, für den er vermutlich verantwortlich war, und die anschließende Christenverfolgung. Er tötete sich selbst, nachdem ein Aufstand ihn ohne schützende Anhänger zurückgelassen hatte.
Im Buch folgen auf die Einleitung neun wiederum in einzelne Kapitel aufgeteilte Abschnitte mit den Titeln "Neros Weg zur Macht", "Am Hofe Kaiser Neros", "Die kaiserliche Selbstdarstellung", "Nero, der Politiker", "Nero, der Bauherr", "Nero, der Künstler", "Nero, der Tyrann", "Das Ende", "Rezeptionsgeschichte". Es schließt sich ein Epilog an, gefolgt von einem ausführlichen Anhang und Informationen zur Ausstellung.
Dass es sich um einen Ausstellungskatalog handelt, fällt zunächst gar nicht auf, da es keinen klassischen Katalogteil mit aufeinanderfolgenden Abbildungen der Exponate samt Erläuterungen zu ihnen gibt. Der Band erweist sich als - freilich großzügig bebildertes -Sachbuch mit dem Anspruch, ein umfassendes, facettenreiches und faktenbasiertes Bild von Nero zu präsentieren, wobei gerade in der Rezeptionsgeschichte auch den Legenden um Nero ihre Rolle zugestanden wird.
Angenehmerweise ist das sehr umfangreiche und gehaltvolle Buch so gestaltet, dass der Leser nicht genötigt wird, alle Abschnitte beziehungsweise Kapitel nacheinander zu lesen, sondern er kann sich, wenn er möchte, zunächst die Themen herausgreifen, die ihn am meisten interessieren. Die Grundstruktur, das "Rückgrat des Buchs", folgt allerdings der Chronologie - mit einigen Seitentrieben wie etwa Neros Faszination für die Künste, denen er auch selbst aktiv frönte, seine Selbstdarstellung, die beispielsweise anhand von Skulpturen und der Münzen mit seinem sich über die Jahre ändernden Konterfei kenntlich wird, und Neros schwierige Beziehung zum Militär.
Trotz der hohen Informationsdichte lässt sich das Buch angenehm lesen; es wurde so aufbereitet, dass sich der an Geschichte interessierte Laie gern und nachhaltig damit beschäftigt. Zahlreiche Illustrationen, zumeist Fotos, ergänzen die Texte, woraus eine gute Anschaulichkeit gerade im biografischen und kulturellen Kontext resultiert. Im Abschnitt "Nero, der Tyrann" finden sich wiederum Übersichten zu Nero und seinen Vorgängern aus dem julisch-claudischen Haus, in denen untersucht wird, wie viele Familienmitglieder dem jeweiligen Kaiser zum Opfer fielen, sprich, ob Nero gewalttätiger beziehungsweise skrupelloser war als seine kaiserlichen Verwandten. Dem gegenüber stehen im Abschnitt zur Rezeption Neros zum Beispiel dessen Rolle als Opernfigur, Motiv in der Kunst über die Jahrhunderte oder Filmheld ("Quo vadis").
Diese Annäherung aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln, gepaart mit einer sachlichen, doch nicht trockenen Darstellung, macht das Buch zu einer wertvollen Lektüre, die jeden Euro ihres Preises wert ist und darüber hinaus Neugier weckt auf die Ausstellung. Und in welcher deutschen Stadt wäre diese besser aufgehoben als in Trier?
Einen Blick ins Buch bietet die Verlagsseite.