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Das Thema Wohnen ist sicher eines der Wichtigsten unserer Zeit. Die Städte wachsen, Wohnraum wird immer teurer, immer neue Wohnkonzepte werden diskutiert und Ökologie und Nachhaltigkeit verlangen dem Wohnsektor ebenfalls einiges ab. Da ist es durchaus hilfreich, wenn der Stand der Diskussion mal zusammengefasst wird.
Klaus Engelbert versucht dies in seinem gut 200-seitigen Buch "Wie wir wohnen werden". Der Band ist dreigeteilt. Im ersten Drittel geht es um eine diskursgeschichtliche Einführung zum Thema Wohnen seit dem 19. Jahrhundert bis heute. Im zweiten Teil werden aktuelle Wohnkonzepte nacheinander vorgestellt und im letzten Teil kommen schließlich zwei Architekten in Interviews zu Wort. Ergänzt wird der Text durch zahlreiche Abbildungen.
"Wie wir wohnen werden" soll ein Einstieg ins Thema Wohnkonzepte sein, er bietet aber leider keine umfassende Einführung in Geschichte und Gegenwart des Wohnens, sondern eher ein Mosaik vergangener und aktueller Themen. Er liest sich gut und ist interessant, aber wer eine systematischere Behandlung des Themas sucht, ist hier nicht wirklich gut aufgehoben.
Der systematischste Teil des Buches ist das erste Kapitel zur Entwicklung des Wohnens in den vergangenen Jahrhunderten. Dabei geht es dem Autor vor allem um den Wechsel vom sogenannten "Höhlenwohnen" zum offenen, lichtdurchfluteten Wohnen im 20. Jahrhundert. Das "Höhlenwohnen" ist dabei die Bezeichnung für die schweren, dunklen Wohnungen des Bürgertums im 19. Jahrhundert, in dem sogar die Fenster durch lichtundurchlässige Vorhänge abgedeckt wurden. Engelbert schreibt auf circa 70 Seiten, wie sich der Wandel vollzog, dem Leser fällt dabei aber auf, dass er sich auf nur wenige Autoren, allen voran Walter Benjamin bezieht. So ist das Kapitel zwar sehr stringent und auch erkenntnisreich geschrieben, aber der Leser hat das Gefühl nur einen Ausschnitt der über die Jahrhunderte sicher viel breiter geführten Diskussion zu erhalten.
Im zweiten Abschnitt verkleinert sich der Fokus dann noch weiter und es werden in kurzen Unterkapiteln eigentlich nur noch Einzelthemen beispielhaft abgearbeitet. Jedes ist für sich interessant, aber eine zusammenhaltende Klammer gibt es kaum noch. So geht es immer ein paar Seiten etwa um Baugruppen, Aktivhäuser, Minihäuser oder klimagerechtes Wohnen, aber ein Weg, der die Zukunft des Wohnens skizziert, wird gar nicht versucht zu beschreiben. Es werden einfach nur diverse Ideen vorgestellt. Dazu fällt jedem dann auch noch auf, dass die Liste ziemlich willkürlich ist. Wo ist das Kapitel zu Generationenhäusern oder zu Sharingkonzepten?
Auch die beiden Interviews mit Architekten am Ende des Bandes machen den Leser nicht schlauer. Auch hier werden nur weiter konzeptlos verschiedene Ideen und Diskussionen angesprochen. So hat der Leser am Ende der Lektüre zwar viele interessante und spannende Ideen kurz vorgestellt bekommen, aber eigentlich ist die Verwirrung größer als vor der Lektüre, da eine Richtung der Entwicklung eben gar nicht versucht wurde herauszuarbeiten. Der Leser bekommt nicht mal eine These geboten, wie er in einigen Jahrzehnten wohnen könnte.
Daher ist das Buch nicht mehr als eine schöne und durchaus anregende Sammlung von Wohnkonzepten, die aktuell und in der Vergangenheit diskutiert werden oder wurden. Das ist als Einstieg vielleicht auch ok. Das Versprechen des Titels wird aber nicht eingehalten, dafür ist es zu mosaikhaft und zu wenig systematisch und umfassend.
Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagswebsite.