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Im späten 13. Jahrhundert ist Caylus noch eine kleine Siedlung, aber der König hat beschlossen, ein großes, neues Schloss zu bauen. Die Spieler übernehmen die Rolle der von ihm beauftragten Baumeister, die die Burg und die restliche Stadt ausbauen sollen. Jeder von ihnen befehligt eine kleine Schar von Arbeitern, die gegen Geld in die Gebäude der Stadt geschickt werden können, um verschiedene Arbeiten zu errichten, zum Beispiel Rohstoffe sammeln, neue Gebäude bauen, handeln oder am Schloss arbeiten. Langsam wächst und gedeiht Caylus, das Prestige der Baumeister wächst - und mit ihm auch die Konkurrenz um die größten und schönsten Gebäude, denn nur einer wird sich als der beste und geschickteste Baumeister herausstellen.
"Caylus" läuft in ungefähr fünfzehn Runden mit verschiedenen Phasen ab, die von allen Spielern durchgeführt werden. Die Zugreihenfolge steht dabei nicht fest, sondern kann sich von Runde zu Runde ändern, während sie in der ersten Runde noch zufällig ausgewählt wird.
Auf dem Spielplan führt eine lange Straße von der Baustelle des Schlosses weg, an der die Gebäude der Stadt Caylus errichtet werden sollen. Mehrere Bauten mit verschiedenen Funktionen stehen bereits am Rande des Weges. Gemäß der Zugreihenfolge bezahlen die Spieler, die ein kleines Startkapital an Ressourcen und Geld besitzen, ihre Arbeiter mit einem Dinar und setzen sie auf ein beliebiges bereits errichtetes Gebäude der Stadt oder auf das Schloss. Wenn ein Spieler passt, wird das Einsetzen der Arbeiter für die anderen teurer, bis schließlich alle gepasst haben.
Nun werden die sechs Spezialgebäude am Anfang der Straße aktiviert, insofern sie mit einem Arbeiter besetzt wurden. Beispielsweise kann man hier drei Dinar dazu verdienen, sich für die nächste Runde bei der Zugreihenfolge an den ersten Platz setzen oder den Vogt versetzen, der mit seiner Position auf der Straße entscheidet, welche Gebäude überhaupt benutzt werden dürfen. Anschließend darf jeder Spieler Geld bezahlen, um den Vogt in eine beliebige Richtung zu versetzen. Nur Gebäude zwischen dem Schloss und dem Vogt werden in dieser Runde auch aktiviert - ein gutes Mittel, um Pläne der Mitspieler zu vereiteln.
In der nächsten Phase werden die Gebäude, auf denen Arbeiter sitzen, der Reihe nach abgehandelt. Bauernhöfe bringen Nahrungs- oder Stoffressourcen, Wälder bringen Holz, auf dem Markt kann man Ressourcen kaufen oder verkaufen. Beim Zimmermann kann man gegen Ressourcen Holzgebäude bauen, zum Beispiel das des Maurers, mit dessen Hilfe in kommenden Runden dann Steingebäude gebaut werden können, die prestigeträchtiger sind - im wahrsten Sinne des Wortes, denn das Errichten von Gebäuden lässt den entsprechenden Spieler auf der Prestige- beziehungsweise Siegpunktleiste vorwärts rücken. Außerdem bekommt er Extrapunkte, wenn sich künftig andere Spieler auf die von ihm errichteten Gebäude stellen. In weiteren Bauten darf man zum Beispiel Rohstoffe oder Geld gegen Siegpunkte oder die wichtige Ressource Gold eintauschen, Wohnhäuser bauen, die zusätzliches Einkommen pro Runde bringen, oder gar Prestigegebäude errichten, die besonders viele Punkte bringen, aber auch entsprechend viel kosten.
Nachdem alle Gebäude aktiviert wurden, können Spieler, die sich auf das Schloss gestellt haben, Ressourcen ausgeben, um beliebig viele Teile der Burg zu bauen, was ebenfalls Siegpunkte bringt. Zunächst wird der zentrale Bergfried errichtet, danach die Mauern und zum Schluss die Türme. Dadurch können die Spieler eine Gunst des Königs erringen, worauf sie sich einen kleinen Bonus wie Ressourcen, Dinare oder Prestige aussuchen können, der von Mal zu Mal immer größer wird.
Letztendlich wird der Spielstein des Seneschalls auf der Straße weiter vorgezogen. Erreicht dieser bestimmte Felder auf dem Weg oder werden die Abschnitte des Schlosses vorher fertig gestellt, können die Spieler, die fleißig am Schloss gebaut haben, eine zusätzliche Gunst des Königs erwerben. Sobald die Türme der Burg ausgewertet wurden, endet das Spiel. Für viele Ressourcen, Dinare oder Gold kann man jetzt noch einmal ein paar Punkte sammeln. Wer danach auf der Siegpunktleiste am weitesten vorne steht, hat gewonnen.
"Caylus" schafft es erstaunlicherweise, eine gute Balance aus enormer Komplexität und annehmbarer Zugänglichkeit zu bewahren. Viel ist dabei der sehr guten Spielregel zu verdanken, die sehr stringent und mit vielen Beispielen die Regeln des Spiels erklärt, die sich eigentlich schwieriger anhören, als sie wirklich sind. Beim ersten Spiel sei empfohlen, gleichzeitig der Regel zu folgen und einfach anzufangen - auf dem Weg durch eine erste Runde lernt sich das Spiel exzellent und verliert gleich sehr viel von seinen anfänglichen Schrecken, denn der immer gleiche Ablauf eines Spielzugs prägt sich rasch ein.
Besonders zu loben ist, dass das Spiel selbst völlig ohne Text auskommt. Die einzelnen Gebäude stellen ihre Funktion durch wenige Symbole so intuitiv dar, dass fast gar keine Erklärung mehr nötig ist. Aber aus ihrer relativ großen Anzahl rührt auch die Vielschichtigkeit des Spiels her, denn je nachdem, was in der ersten Hälfte einer Partie gebaut wird, werden völlig unterschiedliche Akzente gesetzt. Wenn beispielsweise vor allem Bauernhöfe gebaut werden, stehen viele Ressourcen zur Verfügung und es herrscht stärkere Konkurrenz beim Schloss. Wenn aber früh der Maurer und der Notar errichtet werden, läuft die Partie eher auf teure Prestigegebäude hinaus. "Caylus", das wird selbst einem Anfänger schnell klar, bietet unheimlich viele Möglichkeiten, Strategien auszuprobieren, weswegen man an dem Spiel sehr lange sehr viel lernen kann. In dieser Hinsicht ist es dem bisherigen Klassenprimus "
Puerto Rico" sogar mindestens ebenbürtig.
"Caylus" ist daher zwar ein sehr komplexes Spiel, aber auch ein gut erlernbares. Die Hürde dürfte auch für Gelegenheitsspieler nicht zu hoch sein.
Bei "Caylus" ist die Ausstattung ein zweischneidiges Schwert. Einerseits sind die Grafiken schön bunt und im passend mittelalterlichen Stil gehalten, andererseits wirken die Zeichnungen und vor allem das Cover äußerst schlicht und kindlich.
Die Packung beinhaltet zwei Tüten für die vielen Kleinteile, der Rest liegt lose in ihr verstreut. Viele kleine Holzwürfelchen als Ressourcen sind zwar hübsch, aber auch nichts Besonderes mehr, die verschiedenen Holzmarker für die Spieler sind dafür sehr gut voneinander unterscheidbar, sowohl in Farbe als auch Form. Ganz schwach sind dagegen die Dinare. Erinnert sich noch jemand an das alte Spiel, in dem man kleine Chips mittels großer Chips in einen Becher schnippen musste? Genau so sieht das Geld in "Caylus" aus, dazu noch in tristem, hässlichen Grau - gerne bezahlen tut man damit nicht, wirklich griffig ist es auch nicht.
Ganz nett dagegen sind die Gebäude aus dicker Pappe, denen man ihre Funktion auf den ersten Blick ansieht. Wenn nur die Grafiken nicht so schrecklich schlicht wären!
Die Bestandteile von "Caylus" erfüllen ihren Zweck - aber auch nicht mehr, eine optische Augenweide ist das Spiel beileibe nicht.
Ich besitze die erste Ausgabe des Spiels, wegen der hohen Nachfrage existiert jedoch bereits eine zweite Auflage mit neuem Cover, vielleicht sieht die Ausstattung darin bereits besser aus.
Fazit:
Im Grunde genommen ist "Caylus" ein ganz tolles Spiel. Hardcore-Gamer sind von den unendlichen Möglichkeiten der Spielmechanik verzückt, Gelegenheitsspieler freuen sich, dass hier ein anspruchsvolles Spiel zum Nachdenken daherkommt, welches sie auch schnell verstehen können. Denn Nachdenken und Überlegen muss man bei "Caylus" nicht zu knapp, schließlich will man sich bei seinen wohl überlegten Plänen von den Gegnern keinen Strich durch die Rechnung machen lassen und muss sorgfältig planen, womit man letztendlich seine Dinare und vor allem seine Siegpunkte kassiert. Trotz des vielen Nachdenkens ist der Leerlauf für die Spieler aber relativ gering, schließlich kann pro Zug nur ein Arbeiter gesetzt werden, bevor der nächste Spieler dran ist, und der Rest des Spiels geht schon fast automatisch vonstatten. Trotzdem muss man den guten Teil eines Nachmittags für "Caylus" veranschlagen, bei voller Auslastung durch fünf Spieler dauert das Spiel gute drei Stunden. Schon zu zweit muss man mindestens anderthalb Stunden für eine Partie einplanen, jeder weitere Mitspieler verlängert die Dauer um ungefähr zwanzig Minuten. Das mag extrem lang für ein normales Brettspiel erscheinen, dennoch kann "Caylus" erfahrungsgemäß häufig bis zur allerletzten Sekunde höllisch spannend sein. Meistens liegen viele Spieler bis zum Ende ungefähr gleichauf auf der Siegpunktleiste, der Gewinner zeichnet sich erst in der letzten Runde so langsam ab. Und selbst wenn man mal ein wenig zurück fällt, kann man durch ein teures Prestigegebäude schnell wieder auch größte Abstände aufholen. Mit ein wenig Pech kann sich eine Partie "Caylus" zum Schluss aber auch ein wenig ziehen, obwohl immer neue Gebäude den immer gleichen Ablauf einer Runde wirklich nicht abnutzen.
Letztendlich muss "Caylus" vielleicht doch eine Empfehlung für erfahrene Spieler bleiben, obwohl der überraschend große kommerzielle Erfolg des Spiels auch für seine Familientauglichkeit spricht. Gelegenheitsspieler werden bei geringerer Lust, sich mit den vielfältigen Möglichkeiten von "Caylus" auseinanderzusetzen, vielleicht aber nicht so lange Spaß mit dem Spiel haben. Profis haben im Strategiegenre dafür jetzt erst mal Monate lang ausgesorgt.
Wäre die knapp minderwertige Ausstattung nicht, fünf Punkte insgesamt wären gerechtfertigt.
Anmerkung: Die zweite Edition beinhaltet mittlerweile verbesserte Karten, ein neues Cover, einfacher zu unterscheidende Farben und vor allem richtiges Spielgeld statt der langweiligen Chips. Das Spiel in dieser Ausgabe erfährt daher eine Aufwertung auf volle fünf Punkte!