Der Karthäuserorden gilt als einer der strengsten katholischen Orden. Er wurde im elften Jahrhundert durch den Heiligen Bruno von Köln gegründet. Die Tage der Mönche sind durch sehr feste Einteilungen geregelt. Vor allem aber steht das Schweigen im Vordergrund der vielen Gebets- und Dankespraktiken.
Der Filmemacher Philip Gröning hat im Jahre 1999 seinen bereits 1984 konzipierten Film realisiert. Er reist alleine, nur mit einer Kamera in das Kloster "Grande Chartreuse" im französischen Alpenmassiv und lebt über ein halbes Jahr mit den Mönchen dort.
Entstanden ist ein Film ohne die klassische spannende Handlung, mehr eine Dokumentation des archaischen und spartanischen Lebens der Mönche. Und doch ist dieser Film viel mehr als eine Dokumentation: Er ist lyrisch und bildgewaltig, meditativ und spirituell. Der Alltag der Mönche sieht zunächst trostlos aus. Die Mönche verrichten ihre Arbeit mit sehr viel Stille. Die Kamera hält diese Verrichtungen fest. Die Zubereitung des Essens, das Schneiden des Gemüses, die Hände, die die Messer halten, all dies wird mit großer Geste aufgenommen und auf einem teils sehr grobkörnigen Filmmaterial festgehalten. Der Garten wird begutachtet, eine neue Kutte angefertigt. Die Mönche beten. Die Mönche lesen. Manchmal singen sie. Hier und da läutet ein Glöckchen. Ansonsten Stille.
Gröning verlässt sich jedoch ganz auf die Bilder. Es gibt weder Musik noch Kommentare. Dabei sind die Bilder gewaltig, zauberhaft und die Sprache, die die Bilder selbst entfalten, von großer Klarheit. Man wird als Zuschauer direkt in dieses sehr schlichte und meditative Leben hineingezogen. Mehr noch fühlt man sich klein unter dieser großen Stille und klein unter diesem riesigen Himmel, der das Kloster überspannt, und auf dem sich in etwas eisigen, aber zarten Farben die Wolken mit den Sternen abwechseln. Und genau dort wird diese Dokumentation noch weit mehr als nur ein poetisches Zeugnis vom Leben der Karthäuser-Mönche; sie schafft nicht nur Verständnis, sondern sie macht Sehnsucht nach dieser Lebensweise.

Fernab von Sensationsgeschichten und fernab von Sensationsreportagen schafft "Die große Stille" es, der Dokumentation neue Sprachen und neue Wege anzulauschen. Mir hat dieser Film ganz hervorragend gefallen.
Der Film wurde 2005 als bester Dokumentarfilm mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet. Auf den Filmfestspielen in Venedig, Toronto und Rotterdam fand er 2005 große Beachtung, ebenso ein Jahr später auf dem Sundance Film Festival.