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Es gibt Bücher, die kommen ganz ohne Worte aus. Sie vermitteln im besten Fall eine eigene Welt ganz allein durch Bilder und die Gedanken, die diese beim Betrachter evozieren.
Eins dieser einmaligen, wundervollen Bücher ist "Vater und Sohn" von "e. o. plauen".
Der erste Band beinhaltet fünfzig Streiche und Abenteuer von Vater und Sohn. Wer kennt sie nicht, die skizzenhaften, knappen und zwischen dramatisch, urkomisch und sehr nachdenklich gestimmten Geschichten, in denen die oft recht "handfeste" Erziehung des Sohns Hauptgegenstand ist.
Der Zeichner ist Erich Ohser. Der von den Nationalsozialisten mit Berufsverbot belegte, gegen Ende des Kriegs verfolgte und in den Selbstmord getriebene Karikaturist hat in den Sketchen um Vater und Sohn den Zeitgeist der Nazizeit ebenso erfasst und zielsicher auf den Punkt gebracht wie seine Erfahrungen mit den Erziehungsmethoden seines eigenen Vaters und denen seinem eigenen Sohn Christian gegenüber, der 1931 zur Welt kam.
Im "Roten Buch", der ersten von drei Buchausgaben seiner Sketche und Kurzgeschichten, sind traumhafte Klassiker enthalten. Die kurzen Bildergeschichten bestehen meist aus sechs Einzelrahmen. Sie bauen eine Situation auf, setzen einen Höhepunkt und eine Schlusspointe, die im sechsten Rahmen meist zu einem überraschenden Schluss führt. Immer wieder führt Ohser die Seh- und Verhaltensgewohnheiten des Lesers vor, pointiert diese und führt sie ad absurdum, das heißt er kehrt sie ins Gegenteil oder entlarvt sie als Vorurteile oder Sturheit.
Meist enden die Geschichten allerdings mit Prügel für den Sohn. Diese heutzutage etwas rabiate, um nicht zu sagen nicht mehr angemessene Strafe und Erziehungsmethode gehörte zweifellos um 1940 noch "zum guten Ton" - die von Ohser, respektive seinem alter ego "Vater", allerdings nicht ohne ein gewisses Maß an Stirnrunzeln Verwendung findet.
Ein Beispiel: Vater sitzt im Sessel, Sohn schreibt einen Brief, den er an einen Ballon bindet und fliegen lässt. Dann macht man gemeinsam einen Ausflug und setzt sich ein wenig hin, um auszuruhen. Just fliegt der Ballon vorbei und wird vom Vater eingefangen. Als er liest, was auf dem Zettel steht ("Wer das liest hat einen Knall, Sohn"), versohlt er Sohn den Hosenboden. Konterkariert wird das mit einem weiteren Abenteuer, bei dem der Vater dem Sohn bei den Hausaufgaben hilft. Am Abend des nächsten Tages steht der Lehrer vor der Tür und versohlt nun dem Vater - wegen erwiesener Hilfe - den Hintern.
Diese Geschichten sind unsterblich. Wer sie noch nicht erworben hat, sollte dies unbedingt tun. Und wenn der Leser sich daran ergötzt hat, kann er es immer noch seinen Kindern überreichen - ab acht Jahren sind die Abenteuer von Vater und Sohn unbedingt empfehlenswert.
Interessanterweise findet dieses Buch heutzutage sehr oft im Deutschunterricht Verwendung. Hier werden die Kurzgeschichten als Vorlage zum Schreiben eines Aufsatzes eingesetzt.