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 Die Feuchtwangers


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Die Feuchtwangers waren bis in die Dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts eine der traditionsreichsten jüdischen Familien. Bei einem Pogrom aus Feuchtwangen vertrieben, ließ sich anschließend ein Teil der Familie in München nieder. Vor allem diesen Zweig der Familie betrachtet Heike Specht in ihrer Familien-Biographie. Denn so gut die Situation der Juden in Berlin oder anderen Reichsteilen erforscht ist, so wenig ist dies für Bayern der Fall. Erleichterte die katholische Haltung und das daraus resultierende Verständnis für die Notwendigkeit der Religionsausübung einerseits den Alltag, so erschwerten andererseits auch christliche Ressentiments die Religionsausübung.

Im kulturellen Gedächtnis Deutschlands fest verankert ist vor allem der Name Lion Feuchtwanger. Doch steht hinter diesem Exponent ein Familiengeflecht, dessen Identität durch das Heimatland Bayern und die jüdisch-orthodoxe Religion bestimmt wird. Im Kontext der familiären Entwicklung werden Tendenzen und Linien sichtbar, die sich nicht zuletzt in Feuchtwangers Werk wieder finden. Dieses Netzwerk in seinen Verknüpfungen und Verflechtungen zu rekonstruieren hat Hilde Specht sich zur Aufgabe gesetzt. Zweifellos kam ihr dabei - ohne diese Leistung schmälern zu wollen - zugute, dass dank des ausgeprägten Familiensinns ein Grundstock von (auto-)biographischen Dokumenten vorliegt. Alles weitere hat Specht in mühsamer Puzzlearbeit aus Archiven, Korrespondenzen und in Interviews zusammengetragen.

"Die Feuchtwangers" umspannt einen Zeitraum von drei Generationen, beginnt mit der Gegenüberstellung von Tendenzen der Assimilation und Integration im Kaiserreich gegenüber der jüdisch-orthodoxen Grundhaltung der Familie. Diese Phase ist vor allem von sozialer Konsolidierung und ökonomischen Aufstieg geprägt. Mit dem ersten Weltkrieg wurde auch die zweite Generation von der Kriegsbegeisterung ergriffen, sie waren auch "nur noch Deutsche", wie Wilhelm der II. es formulierte. In der Zwischenkriegszeit verschlechterte sich das gesellschaftliche Klima zunehmend, erreichte zwischenzeitlich einen Höhepunkt mit der Machtübernahme Hitlers und der beginnenden offenen Diskriminierung. Dennoch verblieb ein Teil der Familie in Deutschland, während Lion Feuchtwanger sich zu diesem Zeitpunkt zu seinem Glück auf einer Vortragsreise in den USA befand. Immerhin stand er nach seinem Roman "Erfolg" ganz weit oben auf der schwarzen Liste der Nationalsozialisten; 1931 noch schrieb der Völkische Beobachter, nach "dieser Leistung bleibt dem Löb Feuchtwanger wohl nur noch zu bescheinigen, dass er sich einen zukünftigen Emigrantenpaß reichlich verdient hat." Der ausgeprägten Familienstruktur ist es zu verdanken, dass bis zuletzt noch viele der Familienmitglieder aus Deutschland flüchten konnte, ein Großteil nach Israel.

Heike Specht stellt diese Ereignisse akribisch in ihrem ganzen Facettenreichtum und familiären Verflechtungen unterhaltsam dar - obwohl dem Buch die Dissertation der Autorin zugrunde lag. Dass Specht sich weder im oberflächlichen Biographismus noch wissenschaftlichen Monologisieren verliert, kann an dem Buch nicht genug gelobt werden. Immer behält sie den roten Faden, der darauf hinstrebt, das Allgemeine am Besonderen aufzuzeigen. So gelingt es ihr einerseits ein detailliertes Bild der Familie Feuchtwanger zu zeichnen, andererseits aber einen Aspekt des jüdischen Lebens in Bayern darzustellen.

Stefan Rehm



Hardcover | Erschienen: 01. Mai 2006 | ISBN: 9783835300170 | Preis: 39 Euro | 464 Seiten | Sprache: Deutsch

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