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Im Jahr 2002 wurde ein Spiel angekündigt, das die Spiele-Gemeinde aufhorchen ließ. S.T.A.L.K.E.R., ein Ego-Shooter besonderer Güte, sollte das Licht der Welt erblicken. Schon 2003 sei es so weit, versprach man den wartenden Fans.
Doch das Jahr 2003 kam und ging, ohne dass sich S.T.A.L.K.E.R. in den Läden sehen ließ.
Auch 2004 war es nicht besser. Ein Titan Hollywoods starb - Marlon Brando erlag einer Lungenembolie. S.T.A.L.K.E.R. schaffte nicht einmal die Geburt.
Ein gutes Jahr für Harry-Potter Fans war 2005, denn mit dem Halbblutprinz erschien der sechste Roman der Serie, mit dem Feuerkelch der vierte Film. Ego-Shooter-Fans hatten kein gutes Jahr, denn S.T.A.L.K.E.R. wurde erneut verschoben.
2006 jubelten die Menschen im schwarz-rot-goldenen Fahnenmeer der Fußballweltmeisterschaft. Kein Jubel bei Spielern. S.T.A.L.K.E.R.?
2007 brachte eine Revanche für den Gentlemanboxer Henry Maske. S.T.A.L.K.E.R. hingegen ...
Halt! Denn das Unglaubliche geschah, und 2007 erschien das Spiel S.T.A.L.K.E.R. mit der läppischen Verspätung von nur vier Jahren.
Wir wissen nicht, was den Hersteller GSC Game World aufgehalten hat, und vielleicht wollen wir das auch gar nicht wissen. Denn nun sind all die Verspätungen vergessen und wir können eintauchen in die verseuchte Welt von Shadow of Chernobyl. Denn dafür, dass wir bereitwillig all die Unbill vergessen, haben die Macher einiges getan.
Was ist schlimmer als ein Reaktorunfall? Zwei Reaktorunfälle - Die Story des Spiels:
Im Jahr 1986 ereignete sich der zweitschwerste Reaktorunfall der Geschichte - im Block IV des Reaktors von Tschernobyl kam es zu einer Kernschmelze sowie zu einer Explosion. Es war eine der schlimmsten Umweltkatastrophen, unzählige Menschen verloren ihr Leben oder erlitten schwere Schäden. Die Stadt und das Gebiet rund um den Reaktor wurde auf lange Zeit unbewohnbar.
Doch im Spiel blieb es nicht dabei, denn 2006 ereignete sich eine zweite Explosion unbekannter Ursache, in deren Folge seltsame Energiestörungen und Anomalien auftauchten.
Es vergingen wieder etliche Jahre, bis sich Menschen aufmachen, das Gebiet rund um den Reaktor - kurz Die Zone - zu erkunden. Hierbei stießen sie nicht nur auf seltsame und durchaus wertvolle Artefakte, sondern auch auf bizarre Kreaturen.
Sehr schnell begriffen die Menschen, dass hier das Gold quasi auf dem verseuchten Boden liegt. Die Gier obsiegte über die Angst, und so genannte S.T.A.L.K.E.R. machten sich auf, die Region zu plündern. Ungeachtet der durchaus als unfreundlich zu bezeichnenden Kreaturen, des Militärs und der Rivalität der verschiedenen S.T.A.L.K.E.R.-Fraktionen.
Hier setzt das Spiel an. Obwohl für den Spieler vieles im Dunkeln liegt, denn nach einem perfekt in Szene gesetzten Autounfall, bei dem seine Spielfigur als vermeintliche Leiche von der Pritsche eines LKWs geschleudert wird, leidet eben diese an totaler Amnesie. Einzig ein PDA gibt Auskunft darüber, dass sie jemanden finden muss. Warum, weshalb, wieso ist ihr und damit dem Spieler jedoch zunächst nicht klar. Dies herauszufinden ist letztlich Aufgabe des Spielers. Ganz nebenbei geht es auch um die Frage, warum es zu dieser zweiten Katastrophe kam, und die dabei eher unbedeutend erscheinende Notwendigkeit, in der Zone am Leben zu bleiben, sollte auch nicht vernachlässigt werden. Sie ist schließlich die Voraussetzung für die Erfüllung der erstgenannten Aufgaben.
Angepriesen wurde S.T.A.L.K.E.R. als Ego-Shooter und tatsächlich steuert man seine Figur auch aus der dafür typischen Kameraperspektive. Und doch wäre es falsch, das Spiel auf einen Shooter zu reduzieren. Vielmehr enthält S.T.A.L.K.E.R. einige Rollenspiel-Elemente. Die nicht-lineare Handlung, die Quest-Vergabe durch NPCs und die Möglichkeit, die riesige Spielwelt auf eigene Faust zu durchstreifen, erinnern eher an ein Rollenspiel denn an einen Ego-Shooter. Zumal das Verhalten des Spielers maßgeblichen Einfluss auf das Spiel hat. Ist man edel und gut zu jedermann, reagieren die NPCs sehr viel freundlicher, als wenn man mit dem Gewehr in der Hand zu einem kleinen Amok-Lauf aufbricht. Obwohl man dies tun kann. Nur, dass man dann ständig um sein Leben fürchten muss. Das Verhalten des Spielers bestimmt den Spielverlauf. Die Freiheit, die man als Spieler genießt, ist also sehr groß. Dazu trägt nicht zuletzt auch der Umstand bei, dass man gut 30 Quadratkilometer furchtbaren Landes durchwandern kann. Denn so groß ist die Welt in S.T.A.L.K.E.R.. Unterwegs begegnet man anderen S.T.A.L.K.E.R.n, dem Militär und immer wieder garstigen Kreaturen, die einem nach dem Leben trachten. Manche kriechen über den Boden, andere bewegen sich deutlich flinker. Zum Glück gibt es immer mal wieder Waffen und Items zu finden, die einem helfen.
Die vielen kleinen Nebenaufgaben, die man als Spieler erledigen kann, und das freie Herumstreunen sorgen für viele Stunden Spielspaß. Die eigentliche Hauptquest ist hingegen recht schnell gelöst, in etwas 15 bis 16 Stunden kann man sie schaffen. Schaut man nicht rechts und nicht links, ist das Spiel also rasch zu Ende.
Es empfiehlt sich jedoch noch aus einem anderen als dem rein vergnüglichen Grund, nicht nur der Hauptaufgabe zu folgen. Je mehr Erfahrung man mit kleinen Quests sammelt, je mehr Munition und Items man findet, um so leichter hat man es. Denn die Gegner werden stärker, je weiter man kommt.
Um sich seiner Feinde, ob menschlich oder biestig, möglichst gekonnt zu entledigen, stehen dem Spieler verschiedene Waffen zur Verfügung. Hier haben die Macher darauf verzichtet, besonders fantasiereiche Tötungswerkzeuge zu erschaffen. Keine Big Fucking Gun, keine Laser, Phaser etc. Sie belassen es bei herkömmlichen, sattsam bekannten Modellen. So fehlt weder ein AK47 noch ein Schrot- oder Scharfschützengewehr. Die Wirkung der Treffer sowie das Handling unterscheiden sich dabei deutlich. Ein russisches Maschinengewehr spuckt zum Beispiel viel Blei in kurzer Zeit. Damit exakt zu zielen ist jedoch nicht möglich.
Verletzungen, und davon bleibt man bei diesem Spiel nicht verschont, kuriert der geplagte S.T.A.L.K.E.R. ganz genre-typisch mit Medi-Packs, die in der Welt verstreut herumliegen.
Kaum etwas in S.T.A.L.K.E.R. ist so ambivalent wie die KI. Manche der NPCs müssen wahre Hellseher sein, denn sie entdecken die Spielfigur sogar durch Wände hindurch. Sie eröffnen das Feuer, ehe man den Gegner selbst sehen kann. Dann wieder stehen, sitzen oder gehen sie in der Gegend herum und ducken sich auch dann nicht, wenn ihnen schon die Kugeln um die Ohren pfeifen. Ein andermal glaubt man, in einem MMORPG gelandet zu sein; dann nämlich, wenn man durch das Gelände streifende S.T.A.L.K.E.R. beobachtet, die von einen unseligen Leben beseelt zu sein scheinen. Dies wird auch deutlich, wenn man sich einer Fraktion anschließt. Hier verwischen fast schon die Grenzen zwischen Computer und menschlichem Mitspieler, denn bald schon erscheinen einem die anderen Mitglieder der Fraktion wie alte Kumpel, denen man beherzt auf die Schulter klopfen möchte.
Ein Höhepunkt des Spiels ist sicherlich die Grafik mit all ihren Effekten. Licht und Schatten, Farben und Wetter - hier wurde aus dem Vollen geschöpft. Zumindest aus dem Vollen, was einst möglich war, denn ganz auf der Höhe der Zeit ist S.T.A.L.K.E.R. nicht. Obwohl sich die Entwickler sehr viel Mühe gegeben haben, und mit Liebe zum Detail Bauwerke, Landschaft, Menschen und Monster schufen. Letztlich wurde der Anspruch, den die Macher einst mit dem Spiel verbanden, nicht erreicht, denn optisch ist S.T.A.L.K.E.R. nicht das Juwel in der Spielelandschaft, als das es angekündigt wurde.
Auch der Sound kann keine Akzente setzen. Obwohl gerade die Sprecher mit realistischem, teilweise sogar überzeichnetem Akzent sprechen, bleiben die Effekte doch nur Standardkost. Dies ist schade, denn inzwischen ist gerade hier sehr viel mehr möglich.
Die realistische, teils drastische Darstellung in Verbindung mit der Handlung hat ihren Preis. S.T.A.L.K.E.R. wurde in Deutschland keine Jugendfreigabe erteilt, das Spiel darf also nur von Personen über 18 Jahren erworben werden.
Kein Spiel kommt ohne Bugs auf den Markt. Manche sind zu verschmerzen, andere können den Spielspaß deutlich trüben. In S.T.A.L.K.E.R. ist beides vertreten. Fehler in der Grafik sind unschön, aber man kann darüber hinweg schauen. Abstürze hingegen sind schon ein ganz anderes Kaliber, und auch vor ihnen ist man nicht gefeit. Nach einer derart langen Entwicklungszeit sollte man davon ausgehen, dass die Entwickler viel Zeit für Tests hatten. Doch diese wurde offenbar nicht ausreichend genutzt.
Im Jahre 2003 wäre S.T.A.L.K.E.R. eine Sensation gewesen, im Jahr 2005 noch immer genial. Nun, im Jahr 2007 ist es ein stimmungsvolles Spiel mit einer packenden Story, atmosphärischer Grafik und aufwertenden Rollenspielelementen. Aber eben keine Sensation, kein Geniestreich. Wessen Rechner die nicht gerade geringe Hardwareanforderung erfüllt, sollte dennoch zuschlagen. Für Fans von Ego-Shootern und viel Freiheit im Spiel ist S.T.A.L.K.E.R. fast schon ein Muss.