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Jugendgewalt ist nicht erst in jüngster Vergangenheit zu einem heiß diskutierten Thema geworden. Bereits 2001 befasste sich der britische Horror- und Thrillerautor Shaun Hutson mit diesem Subjekt und erschuf mit "Compulsion" (dt. "Unter Druck") einen Roman, der gleichwohl schockiert und betroffen macht.
Eine Großstadt irgendwo in Großbritannien. Anonymität und Egoismus sind die vorherrschenden Merkmale. Idealer Nährboden für eine Gruppe Jugendlicher, deren Alltag aus kleinen Diebstählen, Einbrüchen und Betrügereien besteht. Von den Eltern vernachlässigt und den Lehrern gefürchtet, steigern sich die kleinen Verbrechen schließlich hin zu Akten sinnloser Gewalt. Dabei stößt die Truppe per Zufall auf das exklusive Shelby House, einem Altersruhesitz. Werden deren Bewohner und die Leiterin Veronica Porter anfangs "nur" von blinder Zerstörungswut und Drohbriefen heimgesucht, eskaliert die Situation schließlich. Doch die Bewohner von Shelby House schlagen zurück...
Hutsons zweifelhafter Ruf mag dank seiner legendären Horrorblutbäder aus den 80ern durchaus berechtigt sein, doch wenn es um harte, realistische urbane Thriller geht, dann können ihm wirklich nur sehr wenige das Wasser reichen. Zugegeben, Hutsons sparsamer Schreibstil wird ihm wohl niemals einen Literaturpreis bescheren, doch indem er sich selbst nur auf das Wesentliche limitiert, kommt "Compulsion" gleich von Anfang in Fahrt - zusätzlich verstärkt durch das leicht verständliche Englisch, das geneigten Lesern zu keinem Augenblick Probleme bereiten sollte. Eine weitere Schwäche aus Anfangstagen - die Eindimensionalität der vorkommenden Charaktere - wurde ebenfalls ausgemerzt und statt austauschbarer Hüllen, die nur darauf warten, das Zeitliche zu segnen, präsentiert Hutson ein sehr realistisch portraitiertes Ensemble, welches zu keinem Augenblick aufgesetzt wirkt. Das Hutson jedoch von seiner blutgetränkten Vergangenheit dennoch nicht vollständig ablassen kann, wird allerdings spätestens im nihilistischen Finale erkennbar und dürfte definitiv nichts für schwache Nerven und Mägen sein!
Zusammenfassend kann man bei "Compulsion" von einem wirklich überdurchschnittlichen Thriller sprechen, der einerseits spannend unterhält, andererseits Salz in eine gesellschaftliche Wunde schüttet und deshalb auch nachdenklich stimmt. Doch glücklicherweise war Hutson schlau genug, sich nicht selbst zum moralischen Apostel aufzuschwingen. Das Schicksal einiger seiner Protagonisten dürfte ihm Warnung genug gewesen sein.