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"Kurve und Gerade" - so lautet der Titel des Erzählbandes des koreanischen Autors Yi Yun-Gi. In seinen Erzählungen schreibt Yun-Gi, der auch schon zu Gastprofessuren in die USA und Japan eingeladen wurde, von Menschen in seinem Heimatland. Es sind Menschen, die in einem Land leben zwischen westlicher Industrialisierung und den alten Traditionen. So sind in Südkorea, das zu den sogenannten Tigerstaaten zählt, traditionelle Denkweisen und buddhistische Gebräuche noch tief in der Gesellschaft verwurzelt. Bereits seit den siebziger Jahren veröffentlicht der 1947 geborene Autor Kurzgeschichten, Romane und Erzählungen, außerdem Essays und Übersetzungen, unter anderem von Hemingway, Nietzsche und Eco.
Die Geschichten erzählen etwa von einem aus Korea stammenden Intellektuellen, der zwischen seinem Heimatland und den USA hin und her pendelt und jetzt einen alten Lehrer besucht. Dieser schickt ihn zu seinem ehemaligen Schüler Ha, der ihm eine ganz eigene Lektion erteilt. Oder es ist von Menschen und Orten aus der Kindheit die Rede. Ein weiteres Thema sind die Außenseiter der Gesellschaft, die Fliegen- unter den Krawattenträgern, oder es geht um menschliche und zwischenmenschliche Probleme. So reist ein Journalist von Insel zu Insel - die Halbinsel Korea ist ja an drei Seiten von Wasser umschlossen -, um eine Reportage über Leuchtturmwärter zu recherchieren und so der Trauer um seine tote Mutter zu entkommen.
Der Verlag, der sowohl wissenschaftliche als auch belletristische Werke veröffentlicht, hat es sich zur Aufgabe gemacht, anspruchsvolle Bücher ansprechend zu gestalten. Dies ist ihm mit dem vorliegenden Buch, in dem ein Autor und ein in den Medien eher weniger beachtetes Land vorgestellt werden, hervorragend gelungen.
Sieben Erzählungen, deren Veröffentlichung von der Daesan Stiftung in Seoul gefördert wurden, erwarten den Leser. Diese beginnen oft mit Fragmenten, Gedanken und kleinen Episoden, die zunächst scheinbar zusammenhanglos ohne erkennbare Absicht nebeneinander stehen. Selbstgespräche und Dialoge der Personen oder des Erzählers, der deutlich autobiografische Züge trägt, vermitteln Lebensnähe und Lebendigkeit. So spielen das Schreiben und die Beschäftigung mit Büchern eine große Rolle. In einer klaren, unprätentiösen Sprache entwickelt der Autor seine Geschichten, die zuweilen einen nüchternen Realismus ausstrahlen.
Sehr bemerkenswert und fesselnd sind die Beschreibungen und Analysen der Figuren. Etwa das Porträt des Ha in der Titelgeschichte "Kurve und Gerade" oder das der Schwester Nosu Parks, eines ehemaligen Schulkameraden, in "Der Fliegenträger". Selbst seitenlange Psychogramme bleiben spannend. Die Geschichten nehmen oft eine überraschende Wendung und hinterlassen den Leser manches Mal betroffen oder nachdenklich, ohne jedoch moralisierend zu wirken. Und man fragt sich: Ist die Linie nun eine Gerade oder doch nur das kleine Stück einer Kurve? Alles nimmt seinen scheinbar unabwendbaren Lauf.