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Zehn Jahre nach ihrem grandiosen Coup treffen sich einige Mitglieder der "Crew" wieder.
Damals haben sie abgemacht, dass, wenn sie alle wieder vereint sind, sie die restliche Beute aufteilen.
Doch selbst in der Sechsten Welt sind zehn Jahre eine Menge Zeit, vor allem für Orks und Trolle. So ist die Zeit auch an Lulatsch, Clown, Madame Trix und Grizzly nicht spurlos vorbeigegangen. Sie alle mussten ihren Tribut zahlen. Clown ist Familienvater und auch schon zigfacher Großvater, Lulatsch lebt mit seinem Freund Hugo zusammen, Madame Trix kommt gerade aus dem Gefängnis und Grizzly, der ehemalige Straßensamurai, ist nun ein verbitterter alter Troll.
Damals, als sie noch Shadowrunner waren, gab es noch eine gewisse Ehre unter den Gangs und den Runnern. Sie hatten sich auf Diebstähle spezialisiert und achteten darauf, dass sowenig Menschen wie möglich verletzt wurden. Zwei Mitglieder umfasste die damalige Crew zusätzlich: Winter die Elfenmagierin und Dietrich, den Elektronikspezialist. Winter kehrte der Gruppe nach dem letzten Coup den Rücken, Dietrich verstarb damals.
Doch wie heißt es so schön? Den Schatten verlässt man niemals so ganz.
Nach den zehn Jahren wollen sie nun ihre Beute heben und aufteilen. Doch da fangen die Probleme erst an. Ehe sich die Freunde von damals versehen, holt sie ihre Vergangenheit wieder ein. Doch im Gegensatz zu früher, sind sie heute wirklich altes Eisen.
André Wiesler schafft es mit diesem Roman einen weiteren Meilenstein in der Shadowrunwelt zu setzen. Hier spielen nicht die aufgepeppten und dynamischen Runner die Hauptrollen, sondern diejenigen, was aus ihnen im Laufe der Zeit geworden ist. Sie haben dazugelernt, sind irgendwie sesshaft geworden und ihr Lebensinhalt ist nun ein anderer. Clown, der als Komiker arbeitet um seine Familie zu ernähren, oder der Troll Lulatsch, der als Imageberater tätig ist. Auch die Schattenseiten des Alterns werden aufgezeigt. Die Einsamkeit und Trostlosigkeit, wenn man nur noch für einen Lebensinhalt lebt. Das sind Gegebenheiten, die bisher in den Shadowrunromanen nicht vorkamen.
Dieser Roman schafft es Sympathien für die Rentner-Runner zu wecken, oder auch Antipathie gegenüber der psychotischen und rassistischen Elfe. Als Leser wünscht man sich ab und an mal, dass sie eine richtige Abreibung bekommt.
Die Geschichte wechselt von Kapitel zu Kapitel zwischen der Vergangenheit, kurz vor und zum Zeitpunkt des Runs und der Gegenwart. Dadurch wird der Leser immer tiefer in die Geschehnisse geführt, ohne sie genau kennen zu müssen. Die Geschichte erschließt sich einfach, wird nach und nach aufgebaut. Man erfährt, warum sich einige Gruppenmitglieder behaken oder wie sie zu ihren Straßennamen kamen. Dabei vergisst aber der Autor nicht seinen Witz oder Spitzfindigkeiten, für die er schon bekannt ist.
Die Protagonisten sind gut in die Geschichte eingebunden, ohne hineingestopft und damit Fehl am Platz zu wirken. Das wechseln zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart und das arbeiten mit Cliffhängern fesselt und weckt die Neugier auf das nächste Kapitel.
Technische Details sind ebenso zu finden, wie Raffinesse bei der Umsetzung der Pläne. Es werden im Jahr 2064 Firmenupgrades für die Implantate gebraucht oder man liest von Waffen, die man als Spieler nicht mehr kennt, da sie veraltet sind.
Im Glossar findet man typische Begriffe aus der Shadowrunwelt, welche auf Europa bezogen sind.
Dieses Buch ist definitiv für mich eine der besten Veröffentlichungen in der Romanserie und für das Jahr 2004/2005 überhaupt.
Es sprüht einen gewissen Charme aus und zeigt einmal mehr, dass André Wiesler es versteht sich in seine Charaktere hineinzuversetzen.