Es gab mal eine Zeit, in der Angel Dare eine ganz große Nummer war; Bestandteil von unzähligen feuchten Träumen unzähliger Männer. Doch die Pornobranche ist gnadenlos selbst ihren bekanntesten und beliebtesten Gesichtern gegenüber. Trotzdem hat Angel niemals völlig den Kontakt zu ihren alten Wirkungsstätten abgebrochen und vertritt sogar mit ihrer eigenen Agentur "Daring Angels" diverse junge Schönheiten aus dem Bereich der Erwachsenenunterhaltung.

Dennoch kommt der Anruf eines befreundeten Regisseurs völlig unerwartet; ganz zu schweigen von der Bitte des jungen Hauptdarstellers, der sich nichts sehnlicher wünscht, als eine Szene mit der legendären Porno-Ikone Angel Dare. Klar, dass sich Angel daraufhin geschmeichelt fühlt und dem Wunsch nachkommt. Doch mit dem, was sie in der abgeschiedenen Villa, die als Drehort dient, tatsächlich erwartet, hätte sie niemals gerechnet. Denn bevor sie in Negligé und High Heels schlüpfen kann, findet sich Angel in den Klauen mehrerer Krimineller wieder, die von ihr die Herausgabe einer omniösen Aktentasche verlangen, welche sie noch nie zuvor in ihrem Leben gesehen hat.

So folgt, was folgen musste: Kurze Zeit später findet sich Angel im Kofferraum eines Wagens wieder. Nackt, hilflos, angeschossen, dem Tode geweiht. Doch haben die Gangster nicht mit Angels Zähigkeit gerechnet. Gemeinsam mit dem speziell für ihre Klientinnen eingestellten Bodyguard, dem zynisch-verschlossenen Ex-Cop Malloy, macht sich Angel schließlich auf die Suche nach den Hintermännern - und findet sich schon sehr bald in einem Sumpf aus Mord, jeder Menge Leichen und Menschenschmuggel wieder ...

Dass sich eine Autorin vom Schlage der hochgelobten Christa Faust eines Tages ins Ensemble der "Hard Case Crime"-Reihe aus dem Hause Dorchester Publishing einreihen würde, war absehbar. Denn die Frau liebt guten Pulp und präsentiert sich sogar auf ihrer Website als schwarz-weißer Racheengel im Outfit der Vierziger und selbstverständlich nicht unbewaffnet. Dieser Tradition folgend nimmt "Money Shot" (ein Begriff aus der Pornobranche übrigens) die Fäden der Klassiker auf und transportiert sie in die Neuzeit, ohne dabei allerdings mit Klischees aufzuwarten. Fausts Roman ist ebenso clever konstruiert wie die - problemlos zu lesende - Schreibe knallhart ist. Demzufolge erinnert auch die im Mittelpunkt stehende Angel Dare ganz an jene hartgesottene Ermittler, die Autoren wie Raymond Chandler oder Andrew Vachss einem breiteren Publikum näher gebracht haben. Glücklicherweise versäumt Faust es dennoch nicht, der auf Rache sinnenden Angel Dare einige äußerst sympathische Charakterzüge zu verpassen. Selbst für eine, wenn auch reichlich bittersüße Romanze findet sie die Zeit, bevor erneut Kugeln regnen oder Fäuste hageln.

Fazit: Mit "Money Shot" hat Christa Faust einen mehr als nur überzeugenden Krimi-Einstand vorgelegt. Hoffentlich folgt da noch mehr!